Zwei ohne Namen und Titel
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Wald der Verbannten

█████████, ████

Leise trippelten die Füße über die Blätter, die den Waldboden bedeckten. Flink hüpfte und duckte sich die Besitzerin über Wurzeln und unter Büschen und Baumstämmen hindurch.
Die Füchsin hatte ein Ziel und es war in einer Mulde zu finden.

„Oh, Wolf, warum liegst du so traurig und versteckt an einem solchen Ort?“

Die Füchsin schob ihr Gesicht in das Blickfeld des Wolfes.

Füchsin, elende Betrügerin, was kümmert dich das?“

Die große Kreatur hob kaum einmal die Augenlider.

„Ich bin besorgt, mein Liebster.“
„Ich kenne dich. Das ist kein Mitleid. Oh nein, weiter kann es nicht sein. Du fürchtest, dass du niemanden mehr hast, den du mit deinen Streichen quälen kannst. Du hast mich schon zu oft reingelegt.“

Und so drehte sich der Wolf um, so dass er die Füchsin nicht mehr sehen würde. Zu seiner Überraschung war in den folgenden Worten der Füchsin Ärger und Verletztheit zu hören:

„Oh, habe ich deinen Stolz verletzt, dass du mir aus Prinzip kein einziges Wort mehr glaubst‽“

Der Wolf stand auf. Jetzt war seine Neugierde doch noch geweckt. Ruhig antwortete er:

„Die Wahrheit ist ganz klar: Ja, ein-, zweimal zu oft hast du mein Wohlwollen für deine Streiche missbraucht. Was sollte mich jetzt anders denken lassen, liebe Freundin und Feindin?"

Die Füchsin zögerte, wohl wissend, dass der Wolf ein Recht hatte, nach ihren Beweggründen zu fragen. Der Wolf sah, wie sein Gegenüber innerlich versuchte, eine gute Rechtfertigung zu finden und scheiterte.

„Es tut mir leid", stammelte sie, „du musst mir glauben, dass dies nicht eines meiner Spielchen ist.“

Der Wolf war gerührt, denn er wusste, dass die Füchsin es ernst meinte, wenn sie ein Versprechen gab. Ein Versprechen war hier zu viel wert, um es einfach so zu brechen.



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Finsterhain

Außenwelt

Unter den Füßen einer Frau mit buschigem Haar knackten Äste und Zweige, als sie mit gleichmäßigen Schritten durch das Unterholz schritt. Auf ihren Schultern trug sie eine ganze Menge Felle, die noch von ihren verstorbenen Besitzern getragen wurden.
Ihr Ziel war eine Mulde, in der ein junger Mann unter zwei Bäumen hockte und ein Feuer regelmäßig mit Holz fütterte. Die Flammen hatten eine für die Art des Brennstoffs untypische Farbgebung.
Die dunkelhaarige Frau legte ihre Jagdbeute neben das Feuer, so dass der rothaarige Mann sie sehen konnte. Der Mann schaute mit ausdruckslosem Blick auf die toten Tiere, dann zur Jägerin.
Die Frau bewegte ihren Kopf in verschiedene Richtungen, ein wenig unsicher, wohin sie blicken sollte.

„Ich habe sie vorher gefragt. Sie hatten die Möglichkeit, sich als intelligent zu erkennen zu geben.“

Dann setzte sich die Frau zu ihrem Freund und schob sich dicht an ihn heran, so dass sie ihre einzige Wolldecke teilen und sich gegenseitig wärmen konnten. Die Körpersprache des Mannes zeigte ein leichtes Zögern, das nicht daher rührte, dass seine Freundin die größere von beiden war, aber er ließ es geschehen. Die Frau schien es nicht zu bemerken.
Etwas abwesend fuhr die Frau mit der Hand über ihr rechtes Handgelenk, das noch immer deutliche Bissspuren eines Raubtieres trug.
Der Mann befühlte behutsam die linke Seite seines Halses, wo sich eine rötlich-rosa Narbe bis zu seinem Ohr hinaufzog, wobei ein gutes Stück der Haut und die Ohrmuschel fehlten. Die Stelle war dabei zu heilen und nachzuwachsen.
Die Augen der beiden trafen sich, aber keiner sprach.

„Iss etwas, Fuchs, dann wächst es schneller nach.“

Der Mann ergriff einen der schlaffen Körper, den eines Hasen, und begann, auf ihm herumzukauen. Ein knackendes Geräusch war zu hören, als die starken Kiefer und Zähne die Knochen brachen.
Die Frau betrachtete das Treiben, bevor sie ihr Gegenüber mit einem leichten Grinsen fragte: „Soll ich sie nicht über dem Feuer braten?“
Ein verlegenes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Mannes.



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Esoterik-Standort-DE20

Glarner Alpen, Schweiz

Durch die stillen Gänge eines Sektors von Standort-DE20 schreiten zwei Agenten schweigend und in ihre Gedanken versunken.

„Worüber denkst du nach?“, fragt die sportliche, rothaarige Frau.

Ihr Kollege mit den kantigen Gesichtszügen braucht einen Moment, um seine Gedanken in Worte zu fassen.

„Wie wir uns damals kennengelernt haben und wie du mich gebeten hast, unsere Heimat zu verlassen.“

Das kommt für seinen Partner unerwartet.

„Denkst du, es war ein Fehler?“
„Bereust du es?“
„Ich habe dich zuerst gefragt.“

Beide schweigen. Die kleinen Quartiere für das Personal, in denen Forscher und Agenten übernachten können, kommen in Sicht.
Die beiden schlüpfen in das Zimmer mit dem Nummernschild 34 und dem Etagenbett. Der Mann dreht einen Schaltknopf vom grünen Feld mit Frei auf das rote mit Belegt.

„Ich schlafe oben!“, sagt die Frau, hüpft zügig die Treppe hinauf - wobei sie darauf achtet, mit ihren Arbeitsstiefeln nicht die Laken zu berühren - und wirft dann ihre Sachen von oben herunter, die sie beim Ausruhen stören könnten.
Der Mann lässt sich fast demonstrativ Zeit, aber als auch er es sich bequem gemacht hat, seufzt er entspannt.

„Auf deine Frage: Nein“, antwortet er mit dem Gesicht zur Wand.
„Was meinst du, Wolf?“
„Ich wollte nur mitteilen, dass ich es nicht bereue, Fuchs, dass wir gegangen sind.“

Agent Wolf lauscht der darauffolgenden Stille, bevor er hört, wie jemand herunterklettert und das Bett kaum hörbar knackt, als sich eine weitere Person darauflegt.
Fuchs kuschelt sich an seinen Rücken.

„Ich vermisse die anderen. Agatha, Fredrick, Sari, Suwaird, und Maximiliane.“

Wolf dreht sich um. Er legt die Arme um seine Freundin, so gut er es in dem nun etwas engeren Raum kann.

„Versteh mich nicht falsch. Ich mag es nur nicht, wenn du mir in den Nacken hauchst oder mir die Uniform vollrotzt.“

Fuchs kichert und reibt ihre Nase an einem seiner Ärmel, wohl wissend, dass auch er Trost suchte.
Sie liegen eine Minute lang still, bevor Wolf flüstert:

„Ich will diesen berührenden Moment nicht ruinieren, aber die Uniformen isolieren wirklich gut.“
„Ja, mir ist auch heiß, aber ich wollte nichts sagen.“

Die beiden kichern. Wieder gibt es einen Moment des Schweigens, als sie beide auf dem Rücken liegen und auf die Unterseite des Bettes schauen. Dann wird Fuchs wieder unruhig.

„Vertraust du mir eigentlich jetzt, du weißt schon, nach all den Jahrzehnten?“
„Natürlich tue ich das nicht. Du spielst mir genauso Streiche, wie du es damals getan hast.“

Fuchs schmollt, aber sie kann ihrem Freund nicht lange böse sein.

„Was sich aber geändert hat ist, dass ich jetzt mitlachen kann.“

Dann stieß er Fuchs über die Bettkante, so dass sie auf den Boden fiel. Beide lachen, während sie sich gegenseitig mit ihren Kissen bewerfen.

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