Dean, Teil 2

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Das letzte Mal bei Nexus:
Dean, Teil 1

"Was machst du denn hier?", fragte Dean Elli.

Er mochte den Namen.

"Ich habe mich nach einem Ort zum Alleinsein umgesehen, dann haben mich aber ein paar böse Roboter entdeckt und ich musste fliehen. Dann bin ich deinen Leuten in die Arme gerannt und nun sitze ich hier fest. Ziemlich unhöflich, wenn du mich fragst."

"Alleinsein?", wiederholte Dean perplex. "Aber warum denn hier? Es gibt doch keine Menschen mehr. Oder hast du eine Familie irgendwo?"

Elli gluckste ohne jeden Humor.

"Familie … Pff … Als ob. Ich bin der einzige Mensch, der sich hier frei bewegen kann, Kleiner."

"Wie denn?", fragte Dean neugierig. "Hier gibt es doch solche Nanomaschinen überall. Ich habe noch keine gesehen, aber die haben doch die Menschen tot gemacht, wo auch immer sie waren."

"Ich trage eine Nanohülle", erklärte Elli und hob den rechten Arm.

Dean erkannte, dass er ein wenig glänzte.

"Dadurch können mich die tödlichen Einflüsse eurer Welt nicht erreichen. Solange sie nicht zerrissen oder zerstochen wird, natürlich. Alles was hier durch kommt ist Gas."

Dean kam um den Tisch herum und tippte mit den Fingern gegen Ellis Handballen.

Sie waren weich. Nicht so fest wie seine. Er probierte dasselbe mit Ellis Wangen.

Die waren noch weicher, auch wenn etwas Hartes darunter war. Bestimmt die Zähne.

"Ich weiß, du bist eine Maschine mit dem Verstand eines Dreijährigen, aber langsam wird's pervers", merkte die Frau an, unternahm aber keinen Versuch, ihn daran zu hindern, sie gegen die Schulter zu stupsen.

Dean beschloss aber, aufzuhören. Er wollte Elli nicht noch weiter verärgern, als sie ohnehin schon war.

"Kommst du von weit weg?", fragte er, als er sich wieder hingesetzt hatte.

"Hm?", machte sie. "Allerdings. Und ich befinde mich in einem Gebiet, wo ich nicht einfach wieder gehen kann. Ich kriege hier meine Tür nach … nach Hause nicht auf …"

"Oh …", sagte Dean traurig.

Er hätte die Tür gerne gesehen.

"Wie ist dein Zuhause?"

Elli sah ihn an als hätte er gefragt, ob er sich ihre Innereien ansehen darf.

Sie schloss kurz die Augen, bevor sie antwortete.

"Es ist was auch immer ich will, aber ich bin allein dort …"

"Und da hast du hier bestimmt einen Freund gesucht!", schloss Dean fröhlich.

Elli lächelte freudlos und erwiderte nichts.

"Kann ich was fragen?", fragte Dean.

Sie zog genervt eine Augenbraue hoch.

"Als ob du das nicht schon tust."

In seiner Naivität fasste Dean das als Ja auf.

"Warum tanzen Menschen?"

"Warum sie tanzen?", vergewisserte sich Elli.

Sie überlegte.

"Weil sie damit zeigen, dass sie zusammengehören", sagte sie dann.

Dean betrachtete diese Antwort von mehreren Seiten, bevor seine Denkprozesse ihm einen Logikfehler präsentierten.

"Warum müssen sie das zeigen? Können sie es nicht einfach sagen?"

Elli schaute zu Elsa, die immer noch erwartungsvoll neben Washington und zwei Wachen an der Tür stand.

"Was hast du lieber? Wenn dir deine Kollegen da nahe sind oder wenn sie weit von dir weg sind."

"Wenn sie nahe sind", erwiderte Dean.

"Und genauso verhält es sich mit dem Tanzen."

Dean dachte darüber nach.

"Kann ich das ausprobieren?", fragte er dann.

"Ohne Musik?", fragte Elli.

Dean sah sich hilfesuchend zu Elsa um. Sie lächelte und verließ den Raum.

Hinter sich hörte Dean ein lautes Klatschen.

Als er sich umdrehte, stellte er fest, dass sich Elli mit der flachen Hand an die Stirn geschlagen hatte.

"Warum hast du das gemacht?", fragte Dean.

"Unglaube, Blechdose, reiner Unglaube."

Seufzend stand sie auf und machte … Ja, was machte sie? Sie wackelte mit den Armen und Beinen …

"Was machst du da?", fragte Dean.

"Dehnübungen", erklärte Elli. "Wenn ich nicht mittanze, werden deine Kumpel ganz böse."

Dean drehte sich verwirrt zu Washington um. Stimmte eigentlich. Elli hatte vorhin was gesagt von wegen, dass sie ausgequetscht wurde oder so … Er verstand das nicht so richtig.

Elsa kam mit einem Laptop und Lautsprechern zurück und legte einen Song ein.

Ein Orchester begann zu spielen.

"Ugh, Walzer …", stöhnte Elli. "Naja, Strauss war ein angenehmer Zeitgenosse … Wenigstens bevor er geheiratet hat …"

Sie ergriff Dean und zwang ihn in einen behäbigen Walzer.

Dean hatte die Schritte in einem Film gesehen und sie sich eingeprägt. Für einen Androiden war es leicht, eine einmal vorgemachte Bewegung zu wiederholen. Es dauerte allerdings etwas, bis er den Ablauf an Elli angepasst hatte. Er stieg ihr mehrfach auf die Füße.

"Welcher Strauß?", fragte er verwirrt, nachdem er seine Rechenleistung wieder vom Anpassen abziehen konnte.

"Johann Strauss, wir tanzen gerade zu seinem Kaiserwalzer", erklärte Elli. "Ich war mal sein Groupie, als er noch im Streichquartett gespielt hat."

"Oh …", machte Dean bewundernd. "Wo ist er jetzt?"

"Keine Ahnung, wenn ihn die Nanomaschinen nicht aus der Erde geholt haben, liegt er seit bald hundertsechzig Jahren auf dem Wiener Zentralfriedhof."

Dean sah sie skeptisch an.

"Aber du siehst ziemlich jung aus. Ich hab gesehen wie Menschen altern, die werden nur bis zu hundert Jahre alt."

"Ich existiere hier, obwohl alle anderen Menschen zu Staub zerfallen sind, Blechdose", merkte Elli an. "Ich bin nicht dein 0815-Mensch. Ich reise durch Zeit und Raum."

Deans Augen leuchteten.

"Mit deiner Tür?", fragte er erstaunt.

"Jup."

"Boah! Erzähl mir bitte was davon. Hast du die Dinos gesehen?"


Und die beiden tanzten und erzählten über Stunden hinweg. Dean löcherte Elli mit einer Frage nach der anderen. Elli brachte ihm außerdem bei, wie man Tango und Foxtrott tanzte. Und er wurde schnell besser als sie. Bald wirkten ihre Bewegungen neben seinen fast tollpatschig.

"Elli?", fragte Dean. "Was muss ich tun, um ein Mensch zu sein?"

Elli überlegte.

"Dir Mitleid aneignen. Und etwas finden, für das du durch die Hölle gehen würdest."

Dean schaute sie furchtsam an, während sie durch den Raum walzten, dieses Mal zum Wiener Walzer.
"Tut das weh?", fragte er zaghaft.

Elli zuckte mit den Schultern.

"Das ist unterschiedlich. Ich spüre die Schmerzen bis heute … Oh … Ja … Das tue ich …"

Elli knickte plötzlich ein.

"Oje!", entfuhr es Dean. "Elli, was ist los?"

Er versuchte sie wieder hoch zu ziehen, aber sie konnte offenbar ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen.

Sie zuckte, als hätten ihre Muskeln kleinere Kurzschlüsse erlitten.

"Ich … bin erschöpft …", erklärte Elli schwach. "So lange zu tanzen ist ziemlich anstrengend … Ich … muss mich hinlegen … Oh nein …"

Washington trat neben Dean.

"Oh, das tut mir leid", entschuldigte sich Dean.

Er wusste nicht, was es hieß, erschöpft zu sein.

Elli fast sich unter Stöhnen an den Kopf.

Elsa legte sanft die Hände um Dean.

"Komm mit, Dean."

Er wehrt sich.

"Aber, was ist mit Elli?"

Sie schien von irgendetwas gequält zu werden, denn sie schluchzte unterdrückt, flüsterte unverständlich und hörte nicht auf zu zucken.

"Ich werde mich um sie kümmern", versprach Washington und trat an die Frau, um ihr hochzuhelfen. Sie kam ziemlich wackelig wieder auf die Beine und knickte fast sofort wieder ein. Sie schien ihre Umgebung nicht mehr richtig wahrzunehmen, denn ihre Augen flackerten und schienen Bewegungen zu folgen, die es gar nicht gab.

"Du musst jetzt gehen, Dean", sagte Washington. "Denk über das nach, was du heute erfahren hast."

Dean kehrte widerwillig zusammen mit Elsa in seine Kammer zurück. Aber er wollte nicht so recht Freude an seinen Spielsachen finden. Er machte sich Sorgen um Elli.

Wenn er sich genau umhörte, konnte er sie hören. Sie schien zu schreien. Sie hatte Schmerzen. Aber Dean konnte die Tür nicht öffnen.


Er durfte Elli am nächsten Tag nicht sehen. Elsa versuchte, ihn zu trösten und bot ihm an, mit ihr zu tanzen, aber Dean wollte nicht. Er wollte Elli wiedersehen. Ihre Schreie waren verklungen, darum nahm er an, dass Washington sie zu ihrer eigenen Sicherheit abgeschaltet hatte.

Er hörte dafür komische Geräusche von draußen. Ein weit entferntes Knallen, aber Elsa meinte, dass sie nichts hörte.


Am nächsten Tag wurde die Tür unvermittelt wieder geöffnet. Washington kam herein. Er sah ernst aus.

"Dean, Elsa, kommt bitte mit."

"Gehen wir zu Elli?", fragte Dean aufgeregt.

"Ja …", sagte Washington mit einiger Verzögerung. "Sie hat nach euch gefragt."

Dean strahlte vor Freude. Er war es nicht gewohnt, dass jemand anderes als Elsa ihm solche Aufmerksamkeit entgegenbrachte.

Wieder ging es durch die Flure und Hallen der alten Fabrik.

Es ging ins Erdgeschoss, in einen kleinen Raum.

Elli lag auf einer Liege.

Dean rannte sofort glucksend zu ihr aber erschrak, als er sie sah. Ihre Wangen waren eingefallen und ihre Lippen rissig.

"Was hat sie?", fragte Dean, erinnerte sich dann aber an eine Eigenheit von Lebewesen. "Ist sie defekt?"

"Sie verdurstet", erklärte Washington. "Sie benötigt Wasser zum Überleben, aber wir können ihr durch diese Hülle keins zuführen. Und selbst wenn, alles Wasser das wir haben, ist mit Nanomaschinen verseucht. Sie würde von innen heraus zerfressen werden."

"Was passiert, wenn sie verdurstet?", fragte Dean. "Schaltet sie sich dann ab?"

Er hatte gelernt, dass Androiden nur mit speziellem Wasser funktionierten.

"Sie wird sterben, Dean", erklärte Elsa behutsam.

Dean hatte das Wort schon gehört, konnte sich aber nicht so richtig vorstellen, was es war. Für ihn war es ein trauriger Shutdown.

"Aber wir können sie doch wieder einschalten, oder?"

Elsa schüttelte den Kopf.

"Wenn Lebewesen sterben, ist das endgültig, Blecheimer", kam es leise und heiser von der Liege.

Elli hatte träge die Augen geöffnet.

"Ich werde nie … Wieder reden. Oder … Mich bewegen."

Dean erschrak, als er ihre Stimme hörte und schaute hilflos auf den Menschen, der von Minute zu Minute schwächer wurde.

"Aber wir müssen doch was tun! Wir- Wir müssen sie zu ihrer Tür bringen! Dann kann sie Wasser besorgen!"

"Wir können nicht, Dean", erklärte Washington. "Dieser Ort hier hält Elli davon ab, ihre Tür zu öffnen und wir können ihn nicht verlassen. Böse Maschinen sind da draußen. Sie sind hinter ihr her. Und hinter dir, wenn sie herausfinden, was du bist."

"Aber warum denn?", fragte Dean. "Es ist doch unsere oberste Direktive, wieder Menschen zu machen!"

"Ja, aber diese Androiden glauben das nicht", versuchte Elsa zu erklären. "Sie sind die Antihuman Fraktion, sie hassen Menschen."

Washington wandte sich an Elli.

"Das bringt doch alles nichts. Warum haben Sie ihn herholen lassen?"

"Weil … Das hier der Raum ist, der eine Explosion am … Wahrscheinlichsten übersteht …"

Der Raum erzitterte unter einem gewaltigen Donnern.

"Was war das?", fragte Elsa erschrocken. "Was ist da los?"

"Sie … Sind da …", antworte Elli nur.

Weitere Explosionen erschütterten das alte Gebäude.

Elsa packte Dean an der Hand.

"Dean, komm, wir müssen verschwinden!"

Dean schaute auf Elli.

"Und was ist mit ihr?"

"Sie stirbt sowieso in ein paar Stunden, Dean, wir können sie nicht mitnehmen", erwiderte Washington.

"Nein!", erwiderte Dean entschlossen und lud sich Ellis Körper auf die Schulter.

Für Dean war er erstaunlich leicht.

Washington verdrehte die Augen und zerrte ihn und Elsa mit sich.

Das ganze Gebäude befand sich in heller Aufregung. Überall knallten Gewehrschüsse oder explodierte irgendwas.

Auf dem Weg zum Notausgang flog ihnen eine TCU entgegen. Der Militärandroide krachte hart auf den Boden, richtete sich aber kurz darauf wieder auf, als wäre nichts gewesen.

Die Maschine, die ihn geworfen hatte, wandte sich Dean und seinen Betreuern zu.

Es war ein mechanischer Skorpion, groß wie ein Lastwagen. An seinem Schwanz hing allerdings kein Stachel, sondern eine Schrottkrankralle.

Das sonderbare Konstrukt begann, mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf sie zu zu staksen.

"LAUFT!", bellte Washington, während die TCU hinter ihnen auf das mechanische Biest zu feuern begann. Doch es bewegte sich zu schnell, als dass die Kugeln etwas außer den Panzerplatten hätten treffen können.

Vor ihnen lag der Notausgang, den Washington hektisch öffnete, während der Militärandroide neben ihnen in die Wand klatschte, zerquetscht von dem Skorpion.

Vor ihnen tat sich Weideland auf, in der Ferne gab es ein paar Häuser.

Die drei Androiden begannen zu rennen, während hinter ihnen das Ungetüm einfach durch die Mauer brach. Allerdings hatte es nicht damit gerechnet, dass dadurch das Gebäude über ihm zu bröckeln begann. Als Folge wurde es unter jeder Menge Mauerbrocken begraben.

Unbemerkt von den Kämpfenden verschwanden die Drei in der Ebene.


Deans Uhr sagte ihm, dass sie bereits seit mehr als zehn Stunden unterwegs waren. Androiden kannten keine Erschöpfung, daher hatte es keine Pausen gegeben. Elli hatte lediglich darum gebeten, im Gamstragegriff getragen zu werden, da ihr Deans Geruckel ziemlich auf den Nacken ging. Inzwischen war sie komplett verstummt.

Sie befanden sich in einem Wald voller Nadelbäume, in der Nähe hatte ein Fluss eine kleine Schlucht ins Gestein gegraben, an deren Grund sich ein Strudel drehte.

Dean legte Elli auf den Boden. Sie atmete noch, aber schwach.

"Ohne sie wären wir schon weiter", merkte Washington an. "Aber was soll's, ich setze ein Notsignal ab. Du kannst ja derweil ein Grab ausheben, oder so."

"Washington, bitte!", rügte ihn Elsa. "Er ist aus menschlicher Sicht vielleicht gerademal sieben."

Dean derweil lief zum Wasser, um etwas davon zu Elli zu bringen, aber er hatte nichts, um es zu transportieren. Seine Hände bildeten keine geschlossene Schale. Mal davon abgesehen, dass die Schlucht fast senkrecht abfiel, man kam vielleicht runter, aber nicht wieder hoch.

Er sah sich um, aber es gab keinen Weg, wie er an Wasser gelangen konnte.

Langsam machte sich die Verzweiflung in ihm breit.

Seine Erzieherin trat hinter ihn.

"Elsa", jammerte Dean. "Bitte hilf mir!"

Elsa schüttelte nur traurig den Kopf.

"Selbst wenn wir an Wasser kämen, Dean, es ist verseucht. Es würde sie nur noch schneller töten."
Dean dachte nach.

"Die Tür!", sagte er dann. "Elli sagte, sie kann bei uns keine Tür machen. Aber hier …"

"Sie wacht nicht mehr auf, Dean", schmetterte Elsa ab. "Es tut mir leid, Dean, aber es gibt Dinge im Leben, die man nicht ändern kann."

Dean gab sich nicht geschlagen. Er lief zurück zu Elli und schüttelte sie.

Tatsächlich öffnete sie träge die Augen.

"Elli, die Tür!", rief ihr Dean aufgeregt zu.

Elli sagte kaum hörbar etwas.

Es klang wie das Wort "Rahmen".

Natürlich, Türen brauchten Rahmen. Aber wo sollte er hier einen Rahmen herbekommen? Vielleicht konnte er einen bauen. Mit genug Ästen war das sicher möglich.

Das Problem war allerdings, dass hier nur wenige rumlagen, die er benutzen konnte. Elli würde kriechen müssen.

Er brauchte allerdings etwas, um sie zu verbinden, vielleicht fand er irgendwo Erde mit der Beschaffenheit von Knete.

Stattdessen fand er nach etwas herumstreunen ein Paar stabil anmutende, breite Füße. Als Dean den Blick hob, merkte er, dass sie zu einer TCU gehörten, die ihn ausdruckslos musterte.

"Oh, hallo. Kannst du mir helfen?", fragte Dean.

Der Militärandroide packte seinen Kopf mit einem Griff ähnlich dem einer Baggerkralle und begann, ihn hinter sich her zu schleifen.

Dean versuchte sich zu wehren, bis er merkte, dass die Maschine direkt auf das Lager und den Abgrund dahinter zuhielt.

Dort angekommen wurde Dean zu Boden geschleudert.

Weitere Einheiten waren aufgetaucht, mehrere TCUs, aber auch einige anderen Arten von Androiden. Washington und Elsa waren auf die Knie gezwungen wurden, hinter ihr stand ein Android, dessen rechte Hand durch eine gemein aussehende, diamantenbesetzte Kettensäge ersetzt worden war.

Von Elli hielten sich die Androiden aber seltsam fern. Dean las Ekel in einigen Gesichtern.

Er bekam Angst.

"Elsa? Was ist los?", fragte er furchtsam.

"Sie haben uns gefunden, Dean", erwiderte Elsa nur seltsam monoton.

Hinter ihr jaulte die Kettensäge auf.

"Ruhe!", bellte ihr Besitzer.

Dann ertönte das rhythmische Stampfen.

Eine Tanne fiel um, als der Skorpion an den Abgrund kam.

"Washington", grüßte er.

"Claw", kam es mit gehässiger Höflichkeit zurück.

Claw wandte sich an den Sägeandroiden.

"Eliminieren."

Die Säge heulte auf und fuhr Washington mitten durch die Brust. Er versuchte sich zu wehren, aber andere Androiden eilten herbei, um ihn festzuhalten, während sich die Säge unaufhaltsam durch seine Blackbox arbeitete. Die Seele eines Androiden, wie Dean wusste.

"Nein!", rief er hilflos, während die Kettensäge vorn aus Washingtons Brust wieder austrat. "Aufhören!"

Der Henker zog sein Werkzeug wieder heraus und Washington klappte leblos in sich zusammen.
"Warum tut ihr das!?", fragte Dean fassungslos.

"Ich schätze, du bist nicht dazu programmiert, das zu verstehen", erwiderte Claw knapp. "Immerhin willst du fehlerhafte Produkte in Betrieb halten. Kain, eliminiere den anderen auch."

Dean wurde hellhörig. Der Sägeandroide bezog hinter Elsa Aufstellung …

Mit dem Mut der Verzweiflung rappelte sich Dean auf und versuchte den Androiden zu rammen. Leider war der wesentlich stabiler gebaut als er. Mit der normalen Hand verpasste er Dean einen solchen Schlag, dass sein Gesicht eine Delle bekam. Er flog rückwärts und fiel auf Elli, die unter dem Aufschlag keuchte. Er konnte sein Bewegungsmoment beim Herunterrollen gerade noch aufhalten, sonst wäre er über die Kante gefallen.

Er schaute verzweifelt zurück zu Elsa.

"Es wird … Alles gut, Dean-", war alles, was Elsa noch herausbekam.

Dann trat die Säge aus ihrer Brust aus.

Sie fiel zu Boden, nachdem die Kettensäge wieder herausgezogen worden war und rührte sich nicht mehr.

"Ihn auch?", fragte der Henker.

"Nein", gab Claw zurück. "Ich glaube, er wird sich gut für ein Experiment eignen. Mal sehen, wie gut die Menschmaschinen auf Propaganda reagieren … Aber nun zu dir …"

Der mechanische Skorpion stakste auf Elli zu.

"Ich möchte, dass Sie wissen, dass das Artefakt, das Sie zerstört haben, unsere Technologie um Jahrtausende nach vorn katapultiert hätte. Ich würde Sie gerne öffentlich hinrichten lassen, aber das scheint mir bereits abgenommen zu werden …"

Dean wusste nicht genau, was er meinte, bis er Ellis linken Fuß sah. Sein Aufprall hatte die Nanohülle aufgerissen. Ihr Bein verwandelte sich allmählich, aber mit wachsender Geschwindigkeit, in grauen Staub.

"Wir sollten verhindern, dass sie in die Noosphäre gelangt", sinnierte Claw. "Wer weiß, was sie dort anstellen kann. Zerquetscht sie."

Zwei schwere Androiden traten heran und hoben die Füße.

"BITTE AUFHÖREN!", brüllte Dean und stellte sich auf allen Vieren schützend über Elli. Dann trafen ihn die Tritte.

Wieder und wieder.

Elli unter ihm öffnete langsam die Augen und sah in sein vor Verzweiflung verzehrtes Gesicht.

"Es ist in Ordnung, Dean", flüsterte sie kaum hörbar.

Der Servomotor in Deans rechtem Schultergelenk fiel aus. Er knickte ein.

Währenddessen arbeitete sich der Staub Ellis Bauch hinauf.

Er würde sie nicht retten können. Aber was war die Noosphäre? Wenn Elli dorthin kam, konnte sie wieder zurückkommen? Dean musste es versuchen.

Er packte Ellis nun wesentlich leichteren Körper mit dem funktionierenden Arm und wuchtete sie über die Kante, um sie vor den Füßen in Sicherheit zu bringen.

"NEIN!", brüllte Claw, während sie die Klippen hinunterfiel und im Strudel verschwand.
"Sollen wir hinterher?", fragte eine der Maschinen.

"Nein", kam es von dem Skorpion. "Was soll's, mit ein wenig Glück ertrinkt sie vorher. Ich nehme diese defekte Einheit mit."

Dean wehrte sich, aber er wurde mit ungeheurer Wucht von der Schrottkralle an Claws Schwanz gepackt und in die Luft gehoben. Der ganze Trupp setzte sich in Bewegung und würdigte die zerstörten Androiden und den Abgrund keines Blickes mehr.

Hätten sie es, wäre ihnen vielleicht aufgefallen, dass der Strudel für kurze Zeit so stark anschwoll, dass er fast das gesamte Wasser des Flusses aufnahm. Aber das Phänomen hielt sich nur für ein paar Sekunden.

Das nächste Mal bei Nexus:
Dean, Teil 3

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