Der Fünfte


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VORHER

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Sie waren in das kleine, schmutzige Motelzimmer gezwängt – Adam saß in einer Ecke und studierte faul einen Anarchoblog auf seinem Laptop, Olivia saß auf dem Bett und trocknete ihre Haare, Calvin saß am Fenster und beobachtete Autos, die auf der dunklen Straße unter ihnen vorbeifuhren und Anthony ruhte sich auf dem anderen Bett aus und aß ein Sandwich. Der Fernseher war an, aber niemand von ihnen schaute zu. Von Zeit zu Zeit hörten sie Schritte auf dem Flur und alle hörten mit dem auf, was sie taten, bis das Geräusch um die Ecke verschwand. Nach einer dieser Pausen brach Adam die Stille.

"Anthony", fragte er, schloss seinen Laptop und warf die Füße hoch, "du hast gesagt, du hast gelebt während der Spaltung, richtig?"

Anthony grunzte.

"Erstens ist das immer noch verrückt. Zweitens, warum ist die Spaltung überhaupt passiert?"

Der ältere Mann hörte auf zu kauen und schluckte. "Ideologische Streitereien."

Calvin verdrehte die Augen und Adam schmollte. "Nein, im Ernst", sagte Adam. "Es schien nicht so, als ob die Foundation schon so lange existiert. Was hätte in so kurzer Zeit passieren können, was solch ein Zerwürfnis verursacht?"

Anthony legte sein Sandwich auf den Nachttisch. "Es gab von Anfang an eine große Meinungsverschiedenheit über das, was die Foundation anzubieten hat. Damals hatten wir diesen Feind, seht ihr – wir nannten ihn Abaddon. Wir sollten glauben, dass dieses Abaddon eine Gruppe verzweifelter, feindlicher Realitätsbeuger ist, die unsere Lagerhäuser angriff, um unsere Artefakte zu plündern. Die Bedrohung, dass Abaddon jeden Tag vor unserer Türschwelle auftauchen könnte, hielt uns davon ab, einfach nur zu forschen und Anomalien einzudämmen – plötzlich waren wir damit beschäftigt, uns selbst zu schützen. Erreichten unsere Grenzen."

Er nahm einen Schluck aus einer Dose auf dem Tisch. "Wir starteten ein Projekt, um dieses Ding zu bauen, diese Eigenwaffe, die wir nutzen könnten, um Abaddon ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Felix Carter, der Dreizehnte Aufseher, für die okkulte Forschung verantwortlich, die zur Entwicklung der Rituale führten, mit welchen wir beispiellose Macht an ein Wort banden; ein Wort, mit dem mit nur einem Gedanken alles im Universum in nur einem Augenblick vernichtet werden kann. Wir …"

Er hielt inne, während weitere Schritte ohne große Vorkommnisse an der Tür vorbeigingen.

"Wir taten etwas", fuhr er fort, "während der Entwicklung dieser Waffe, das wirklich abscheulich war. Ich bin vollkommen davon überzeugt, dass es keine größere Sünde gibt als die, die wir begangen haben, um diese perfekte Waffe zu erschaffen. Und ich bin halb davon überzeugt, dass die Aufseher nur diesen Handel mit dem Tod eingegangen sind, um die Höllenfeuer zu vermeiden, für die wir jetzt vorherbestimmt sind."

Er hielt wieder inne und nahm noch einen Schluck. "Wie auch immer, wir wurden getäuscht. Abaddon war eine Ausrede, die vom Administrator verbrochen wurde, um zum ersten Mal eine Anomalie zu erzeugen. Gab etwas Form, das vorher nicht existiert hat. Wir waren erfolgreich, aber zu einem schrecklichen Preis. Die Spaltung war das Ergebnis der beiden zurückgebliebenen Fraktionen nach diesem Ereignis – die, die glaubten die Erschaffung dieser Waffe sei das rein Gute und die, die glaubten sie sei das rein Böse. Diejenigen, die blieben, dachten, dass die Ziele das rechtfertigen, was wir getan hatten und dass die Erschaffung dieser Waffe eine sichere Welt geschaffen hatte. Ich und einige andere waren zu Recht der Meinung, dass wir etwas Unaussprechliches getan hatten und die Foundation nicht weiter bestehen durfte. Dass sie bis ins Mark verfault war."

Adam dachte einen Moment darüber nach. "Was ist mit dieser Waffe passiert?"

"Sie begruben sie", sagte er, ohne zu zögern. "Sie konnte nur mit dem Wort aktiviert werden und die einzige Person, die dieses Wort kannte, ist mit uns übergelaufen. Aaron Siegel, Der Maschinist, der Mann, der derzeit der Erste Aufseher ist. Als sie merkten, dass sie sie nicht mehr nutzen konnten, teilten sie ihre Bestandteile auf, um zu verhindern, dass sie aktiviert werden kann und er konnte sie nie wieder nutzen – mit dem Wort oder etwas Anderem.

"Was hat zum Überlaufen geführt?", fragte Olivia, die ihr Gesicht mit einem Waschlappen schrubbte. "Warum ging Aaron Siegel zurück?"

"Arroganz und Gier", spuckte er. "Sie haben mit einem besseren Angebot angerufen und er hat den Hörer abgenommen."

Er lehnte sich zurück gegen die dünnen, schmuddeligen Kissen. "Als wir überliefen, tötete Aaron Siegel den Administrator und dachte, das wäre das Ende der Foundation. Doch der Administrator war nur ein Mann und die Foundation war viel dezentralisierter, als sie es heute ist. Der Unterschied zwischen damals und heute ist eine Frage des Maßstabs. Die heutige Foundation hat sich voll und ganz verwirklicht und ihr Kern ist weniger als eine Verbindung einiger Venen als vielmehr ein blutendes, schlagendes Herz. Die Direktoren und alle haben Macht, doch die wahre Autorität liegt bei den Aufsehern. Sind sie weg, ist die Foundation eine Schlange ohne Kopf."

Er zog eine Zigarette heraus und zündete sie an. Calvin schob als Antwort das Fenster etwas weiter auf und warf ihm einen Blick zu.

"Und darüber hinaus", fuhr er fort, "habt ihr wahrscheinlich gehört, dass alle Foundation-Standorte und Lagerhäuser auf Atombomben stehen – eine letzte Möglichkeit, falls etwas Schreckliches passiert. Sie sind nicht unter jedem Standort, aber unter den meisten. An Standort-01 steht ein System bereit, dass aktiviert wird, wenn nur noch ein Aufseher übrig ist, ein Befehl, um all diese Bomben scharf zu machen. Wenn wir dorthin kommen und Aaron Siegel töten, können wir dieses System nutzen, um alles zu zerstören – die Standorte, die Anomalien, alles. Wir haben noch Arbeit zu erledigen, aber wir werden sie übertrumpfen."

Calvin schaute ihn aus den Augenwinkeln an. "Woher weißt du, dass es das gibt?"

"Ich habe es entworfen", sagte Anthony. "Wir hatten keine Nuklearwaffen, als ich es entwarf, aber das Konzept ist dasselbe. Du könntest es sogar von seinem Schreibtisch aus tun. Ein Knopf und puff – alles ist weg." Er hob sein Sandwich wieder auf und nickte. "Das ist unser Schauspiel. So machen wir das."


JETZT

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Calvin war mit gezogener Waffe zwei Schritte aus dem Humvee gestiegen. Olivia war nahe hinter ihm, doch der Mann in der Mitte der Straße bewegte sich nicht. Er hielt beide Hände hoch, Handflächen vorn, und winkte ihnen leicht zu.

"Sehen Sie?", er zeige ihnen seine Handrücken. "Keine Waffen. Ich bin nicht wegen Gewalt hier."

"Wer sind Sie?", fragte Calvin.

Der Mann machte eine große, weite Verbeugung. Er war leicht bucklig und als er sich nach vorn beugte, konnten sie die Abweichung an seiner Wirbelsäule sehen.

"Ich bin Mortimer J. Denning Von Kronecker", sagte er und richtete sich wieder auf. "Ich bin Ihr nächster Aufseher. Nummer Fünf, wie Sie sehen können. Ich habe bemerkt, dass Sie numerisch vorgehen. Vielleicht nicht der einzigartigste Ansatz, doch ich gebe zu, dass es narrativ konsequent ist."

Olivia hob eine Augenbraue. "Sie sind die Amsel?"

Der Mann machte eine abweisende Geste. "Bitte, Amsel ist mein Arbeitsname. Und offensichtlich bin ich nicht hier, um zu arbeiten, doch …", er schaute die beiden an, "… es scheint, dass Sie beide dies tun."

Calvin hob seine Waffe, als ob er schießen wollte und zögerte dann. "Was machen Sie hier?"

"Ich?" Mortimer hob eine Hand zu seinem Mund. "Warum? Ich kam, um Sie zu treffen! Ich habe manch unglaubliche Dinge gesehen – viele unglaubliche Dinge, wenn Sie die Hälfte der Geschichten glauben würden, die über mich erzählt werden, aber ich habe noch nie jemanden getroffen, der auf die ein oder andere Weise acht Aufseher getötet hat." Er verschränkte die Arme und nickte. "Das ist beeindruckend. Das ist noch nie zuvor geschehen, nicht einmal durch die Aufseher selbst!"

"Wenn Sie wissen, warum wir hier sind, warum suchen Sie uns dann?", fragte Olivia. "Sie wissen, dass wir versuchen werden, Sie zu töten."

Der Mann lachte. "Ja nun, das wusste ich. Aber sehen Sie, unglücklicherweise für uns beide ist mich zu töten ein Rohrkrepierer, sogar nach Ihrem kleinen Missgeschick mit Felix damals im Turm." Er deutete auf Calvin. "Hier, ich werde es Ihnen zeigen. Das wird dabei helfen, ein paar Regeln aufzustellen. Erschießen Sie mich." Er tippte auf seine Stirn. "Genau hier, genau zwischen die Augen, wenn Sie können."

Calvin hob wieder seine Waffe, hielt jedoch inne. Er schaute zu Olivia, die ihn unsicher ansah. Mortimer verdrehte die Augen und zog ein Messer aus seinem Ärmel.

"Gut, gut", sagte er, "wir können es auch so tun."

Das Messer in seiner linken Hand haltend und sein Ende mit der rechten Hand abstützend, trieb Mortimer die Klinge des Messes durch das Genick in seinen Kopf. Blut spritze auf den Boden und er fing sofort an zu schielen, als ein gurgelndes Keuchen aus seinem Mund kam. Er drückte noch einmal mit seiner rechten Hand zu und das Ende des Messers war perfekt in seinem Schädel untergebracht. Er stolperte zurück und brach zusammen.

Die drei starrten den Mann auf dem Boden schockiert an.

"Was zur Hölle war das?", fragte Adam hinter ihnen.

Dann wurde die Straße vor ihnen plötzlich von einem dunkelvioletten Licht erleuchtet. Es pulsierte zweimal und dann tauchte die Amsel mit einem schnipsenden Geräusch und dem deutlichen Geruch von Ozon wieder unversehrt vor ihnen auf. Er streckte die Arme aus, als würde er einen Zaubertrick vollführen und deutete dann auf die Leiche am Boden.

"Sehen Sie?", sagte er. "Voilà. So gut wie neu."

"Sie sind anomal.", erklärte Olivia.

Mortimer nickte. "Aber wirklich, wer ist das nicht mehr?" Er hielt einen Finger an sein Kinn. "Wissen Sie, jetzt, wo ich darüber nachdenke, glaube ich, dass Grün es nicht war. Ich denke, das hat sie immer gereizt, wissen Sie? Sie hatte all diese Machenschaften", er gestikulierte wild, "das alles wäre einfacher zu erreichen gewesen, wenn sie die Dinge könnte, die ich tun kann."

"Was können Sie tun?", fragte Calvin und senkte seine Waffe.

Der Aufseher hielt einen Finger hoch. "Ah, das ist eine gute Frage! Fangen wir mit einer besseren an – von wo ich herkomme." Er drehte sich um, als wolle er gehen, blieb dann aber stehen, um sich wieder umzudrehen und ihnen zu folgen. "Na los, gehen wir. Sie können Ihre Sachen hierlassen, für eine Weile wird niemand kommen und sie holen."

Die drei begannen zögernd, hinter ihm herzugehen. Als sie mit ihm Schritt hielten bemerkten sie, dass sich der Himmel veränderte. Es war Nacht gewesen, doch jetzt war da ein tiefes, sattes Violett, das gelegentlich von Wellen in der Ferne gestört wurde. Die Landschaft um sie herum begann sich auch zu verändern – die Hügel, die in die Berge führten, waren fort und nun gingen sie auf einer Kopfsteinpflasterstraße durch eine Stadt, die sie nicht erkannten. Der Himmel über ihnen begann sich wieder zu verändern und verblasste von Violett zu einem düsteren Grau. Leichter Regen fiel und Kühle traf sie von hinten.

"Dies", sagte Mortimer, der sich zu ihnen umdrehte, "ist mein Zuhause – wo ich jedenfalls herkomme. Ich wurde hier geboren, in der Stadt London. London, Einwohnerzahl zwei-Komma-fünf Million, ist die letzte Stadt auf der Erde. Ist das nicht etwas?"

Sie starrten in stiller Verblüffung umher. Etwas Dunkles und Riesiges kam über ihnen vorbei und sie waren für einen Moment von Schatten umhüllt.

"Was ist hier passiert?", fragte Adam.

Der Aufseher zuckte mit den Schultern. "Erinnern Sie sich an den Schwarzen Tod? Sie haben zweifellos etwas in einem Geschichtsbuch oder etwas Ähnlichem davon gelesen – ein sehr tragisches Ereignis in der Geschichte unserer Welt. Nun, wie sich herausstellte, hat der Schwarze Tod diese Welt sehr hart getroffen. Da war dieser Bursche in der Außenwelt, der genau rechtzeitig aufgewacht ist, als es am Schlimmsten war und allen sagte, dass er ein Heilmittel hat. Wie Sie sich vorstellen können, waren die Leute darauf erpicht, sein Angebot anzunehmen. Das einzige Problem war, dass es nicht direkt die Pest war, die er heilte." Er wackelte mit seinen Augenbrauen. "Wenn Sie wissen, was ich meine."

Er drehte sich wieder um und schaute die matte Straße hinunter. Am anderen Ende kam eine Pferdekutsche vorbei – das Pferd war kaum mehr als ein Skelett.

"In Ihrer Welt, in die Sie hineingeboren wurden, existiert diese Entität. Wir dämmen ihn tatsächlich ein – irgendwo in eine Zelle gesteckt. Dort ist er ganz anders als hier, ich bezweifle, dass wir dort viel tun könnten, um diesen Burschen zu blockieren." Er hielt inne. "Wie auch immer, Stadt für Stadt begann zu fallen, auf der ganzen Welt. Doch nicht London. Die Vorfahren erbauten ihre Mauern stark und ihre Verteidigung standhaft. Eine Zeitlang hatten wir Verbündete – Paris, München, Rom. Sogar ein paar weiter entfernte. Mit der Zeit verstummten alle langsam. London ist alles, was noch übrig ist."

Er ging weiter und sie folgten. Er führte sie eine Straße hinunter auf eine große, offene Durchgangsstraße, die bis auf sie leer war.

"Nun, zu dem, was ich 'tun' kann. Sie haben zweifellos schon einen Teil davon bemerkt – hierhin und dorthin zwischen Realitäten zu wandeln ist nützlich und offensichtlich. Doch bevor Sie irgendwohin gehen können, müssen Sie sehen, wo Sie hingehen."

Er zeigte zum Himmel hinauf und schloss die Augen. "Sie haben meinen ehemaligen guten Freund Den Buchhalter bereits kennengelernt. Er kannte sich sehr gut mit Zahlen aus und es gab einige, die dachten, er könne die Zukunft sehen. Er konnte es nicht wirklich, so wie ich es nicht wirklich kann. Aber ich kann etwas besser als er. Sehen Sie, sie werden Ihnen sagen, dass es unendlich viele Universen gibt und für den Laien mag das auch zutreffen. Doch es ist nicht tatsächlich wahr. Jede Schöpfung hat ein funktionales Ende – eine harte Grenze, wenn Sie so wollen. Es gibt nur so viele Atome und so viele Wechselwirkungen. Es mag dem Durchschnittsbürger auf der Straße wie eine Unendlichkeit erscheinen, aber ich kann diese Variationen sehen – jede einzelne von ihnen. Wenn es von einigen mehr gibt als von anderen, weiß ich, dass dieses Ereignis in jedem einzelnen Universum wahrscheinlicher ist."

Er hörte wieder auf. "Nun stellen Sie sich vor, Sie sind ein junger Mortimer J. Denning von Kronecker und leben in einer Scheißstadt auf einer Scheißinsel am Ende der Welt. Der Himmel ist immer grau, die Luft immer giftig und auf der anderen Seite des Kanals außerhalb dieser Wände gibt es einen Albtraum, der Sie in nur einem Herzschlag töten könnte. Sie haben Träume – Träume von einem Ort wie dem Ihren, aber anders. Heller. Fröhlicher. Eine geringere Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Todes. Sie können ihn eindeutig sehen. Dann, eines Tages, hören Sie eine Stimme, die von diesem Ort aus nach Ihnen ruft – und es ist Ihre eigene Stimme. Es ist nicht Ihre, aber es sind Sie."

Er drehte sich um. "Ich hörte diese Stimme und ging diese ersten Schritte in einen Ort, der nicht meiner war. Dieser Ort, dieses London, ist Teil einer sterbenden Welt. Wenn es noch sechs weitere Monate durchhält, wäre das ein Wunder. Ich hatte keine Familie, keine Freunde. Niemand wollte ein lahmes Waisenkind, das Stimmen hört." Er zuckte mit den Achseln. "Also ging ich."

"Warten Sie", sagte Olivia und rieb sich die Schläfe. "Sie können andere Realitäten sehen?"

Mortimer schaute neugierig auf, als ob er einen Gedanken formte. "Sehen Sie … nein. Es ist nicht so, dass ich meine Augen öffne und sie sehen kann, nicht wirklich. Es ist eher so, als könnte ich sie … hören."

Er ging wieder weiter. Sie kamen an einer leeren Metzgerei vorbei, an einer leeren Bank, an einem leeren Wohnhaus.

"Erinnern Sie sich daran, wie ich sagte, dass ich meine eigene Stimme hörte?", fragte er. "Das war wahr. Als ich dort hindurch kam, fand ich ein anderes Ich und zusammen fanden wir noch eins. Wir rannten weiter ineinander, bis ich nicht mehr von mir unentdeckt blieb und dann kamen wir alle irgendwie … zusammen. Vereint, wenn Sie so wollen. Es gibt hier drin immer noch sehr viele von mir", er tippte sich an den Kopf, "doch wir alle sprechen jetzt mehr oder weniger dieselbe Sprache. Das funktioniert gut, denn wenn einer von mir jemals stirbt, können die anderen ihn einfach abbrechen und intakt bleiben. Ergibt das Sinn? Etwa wie eine Zwiebel. Sie ziehen eine Schicht ab und es gibt noch mehr Zwiebeln darunter." Er rieb sich das Kinn. "Ich denke, das ist ein Hinweis auf etwas."

"Ich verstehe immer noch nicht", sagte Olivia, "Wenn Sie alle jetzt an demselben Ort sind, wie hören Sie diese anderen Dimensionen?"

"Realitäten", sagte er mit erhobenem Finger. "Dimensionen sind unterschiedlich und ich pfusche nicht damit rum. Das war das Knifflige, aber manchmal haben die Dinge einfach eine Art zu funktionieren. Während meiner Reisen fand ich jemand anderen wie mich, jemand anderen, der vielleicht nicht so organisiert wie ich war, sich selbst aber noch hören konnte, wo immer sie da draußen ist. Sie hieß Alison, die Tochter eines leitenden Angestellten der Foundation. Sie und ihre … Schwestern? Das ist nicht richtig. Sie und die anderen Versionen von sich gingen einen Handel mit mir ein. Ich komme vorbei, wenn sie einen 'Muskel' braucht und sie hält mich über alles, was passiert, auf dem Laufenden … überall. Verstehen Sie?"

Calvin blieb stehen. "Warum haben Sie uns hierhergebracht? Was wollen Sie?

Mortimer hielt inne und drehte sich dann um. Er lächelte, doch es war jetzt irgendwie trauriger.

"Ich weiß, was Sie versuchen", sagte er, "und ich bin verständnisvoll, vertrauen sie mir. Ich weiß, Sie bestehen auf das, was Sie erreichen wollen und ich weiß, dass nichts, was ich persönlich sagen kann, das ändert – und das ist gerecht. Das Ding ist, dass ich nicht weiß, ob Sie recht haben oder nicht oder ob Ihr Kreuzzug irgendeinen Unterschied im großen Plan macht. Ich habe einige Ideen, bin mir aber nicht sicher. Sicherheitshalber versuche ich zu verhindern, dass es passiert, denn wenn Sie aus irgendeinem Grund Erfolg haben und ich den Kontakt zu all dem mich verliere, das hier drin ist, nun …" Er hielt inne. "Ich weiß wirklich nicht, was passieren würde, um ehrlich zu sein. Ich glaube nicht, dass es gut wäre."

"Also werde ich Ihnen etwas geben!" Sein Lächeln wurde etwas kleiner, als er sah, wie sich ihre Gesichter veränderten. "Oh nein, das ist nicht so ein Handel wie die anderen, den die anderen Ihnen sicherlich angeboten haben. Besonders von, äh, Valerie und Rufus? Die zwei sind abscheulich." Er schüttelte den Kopf. "Ich bin mir sicher, dass sie auf schreckliche Dinge zurückgegriffen haben, um Sie davon abzubringen und sehen Sie, was es ihnen gebracht hat! Ich kann es aber besser machen."

Sie hielten vor einem anderen leeren Laden mit drei Türen an. Irgendwo in der Ferne loderte etwas auf und sie waren kurz in rotes Licht getaucht. Als sie zurückblickten, standen drei Männer vor den Türen, von denen jeder mit dem anderen identisch war.

"Ich werde Ihnen ein Hinaus anbieten", sagte Mortimer, die Stimmen sprachen perfekt im Einklang. "Kein Hinaus, das nur in Ihren Köpfen ist, wie es Die Lügnerin vielleicht angeboten hätte oder ein Hinaus, das nicht wirklich ein Hinaus ist und wahrscheinlich mit Ihrem Tod endet, wie es Rufus bevorzugt hätte. Nein, dies ist ein aufrichtiges, 100 % garantiertes Hinaus. Wenn Sie es annehmen, gehört es Ihnen. Ich kümmere mich um den Papierkram und lasse es geschehen, aber es ist da, wenn Sie es möchten."

Jeder der drei ging beiseite und enthüllte die nun geöffneten Türen hinter ihnen. Eine für jeden von ihnen.

"Wir gehen da durch", sagte Calvin langsam, "und dann? Werden wir sofort getötet? Ist das ein Scherz?"

Mortimers Gesicht wurde weicher. Zum ersten Mal wirkte er nicht mehr unaufhörlich freundlich – stattdessen sah er müde aus.

"Nein, es ist kein Scherz – und das ist auch kein seltsames Geschäft. Ich suche nur einen Weg, wie wir beide davon profitieren können."

Sie schauten sich gegenseitig an und nach einer Minute zuckte Olivia mit den Schultern.

"Ich meine, was werden wir sonst tun?", sagte sie. "Ihn erschießen?"

Calvin und Adam nickten zustimmend und die drei gingen jeweils durch andere Türen.

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Adam fand sich selbst in einem warm beleuchteten Raum auf einem zotteligen Teppich wieder. Irgendwo auf der Straße spielte ein Mann etwas auf einem Saxofon. Es gab einen kleinen Kamin, in dem ein Feuer brannte. Im Nebenzimmer kochte etwas und es roch himmlisch. Adam suchte den Raum nach etwas Bekanntem ab, fand aber nichts.

"Es ist dort drüben, wenn Sie danach suchen", sagte die Amsel, die plötzlich neben ihm auftauchte. "Da drüben in der Ecke meine ich. Ihren Laptop, richtig? Danach suchen Sie? Ich habe bemerkt, dass Sie sich nie wirklich davon trennen."

"Was ist das?", sagte Adam verwirrt. "Wo bin ich?"

"Das ist Portland, Oregon, in den Vereinigten Staaten. Kann mich nicht an die genaue Adresse erinnern. Sie waren schon einmal hier, als Sie jünger waren. Ihre Eltern haben hier kurz Asyl gesucht."

Adam sah sich im Raum um. "Das stimmt", sagte er nickend. "Danach haben wir in der Stadt in den Bergen gelebt."

Die Amsel ging zum Fenster und schaute auf die Straße hinaus. Adam durchsuchte weiter den Raum. "Warum hier?"

"Weil in dieser Welt Ihr Asyl gewährt wurde", sagte die Amsel, ohne aufzusehen. "Sie sind hier aufgewachsen, mit Ihren beiden Eltern und Ihren Geschwistern. Sie sind auch noch am Leben. Ihre Eltern zogen nach Los Angeles, aber hier hat es Ihnen am besten gefallen. Das fühlte sich für Sie wie zu Hause an."

Adam antwortete nicht. Es fühlte sich wie zu Hause an. Er erinnerte sich an den dicken Teppich und die Vorhänge, die nur etwas muffig waren. Sogar der dumme, kleine Kamin hatte ihn als Kind sehr glücklich gemacht. Es war perfekt, genauso, wie er es in Erinnerung hatte, jedoch besser, außer …

"Adam", rief eine Stimme aus der Küche. Sie war dunkel und rau – und vertraut. Adam fühlte, wie sein Herz etwas schneller schlug, bevor er ein paar Schritte um die Sofaecke in die Mitte des Raums ging. Einen Augenblick später schaute Calvins Kopf um die Ecke.

"Abendessen", sagte er. Er hob eine Augenbraue und sah sich um. "Mit wem redest du da?"

Adam zögerte, seine Stimme blieb in seiner Kehle stecken. Er drehte sich zu der Amsel um, um irgendeine Antwort zu bekommen, doch der Mann starrte geradeaus und blinzelte nicht.

"Sind Sie überrascht?", fragte der Aufseher. "Sie können sich nicht vor mir verstecken, Adam Ivanov." Er tippte mit dem Finger an die Seite seines Kopfes. "Es gab einmal eine Zeit, in der auch ich mich einmal nach bestimmten Annehmlichkeiten sehnte. Freuden des Fleisches, wie Sie wissen. Das Mädchen Alison hat sich da als nützlich erwiesen, aber ich gebe zu, dass ich Ihren Geschmack viel erfüllender finde als meinen."

Adam wandte sich wieder zu Calvin, der sich nicht mehr bewegte. Die Welt war sehr still geworden. Von seiner Position im Wohnzimmer aus, leise zitternd und unfähig, seinen Herzschlag zu kontrollieren, sah Calvin ein silbernes Band an einem von Calvins Fingern. Er spürte, wie Blut in sein Gesicht schoss.

"Hier gibt es ein paar Schwierigkeiten", sagte die Amsel und ging auf eine schimmernde, violette Tür am Ende des Raums zu. "Sie werden schwierige Umstände durchleben müssen, wie es jeder andere tut. Doch es ist eine Möglichkeit und es ist normal. Es ist ein Leben, das Sie frei von Angst leben können. Ein Leben, das Ihres ist, nicht das von jemand anderem."

Dann ging Calvin auf ihn zu und er war unfähig, sich zu bewegen. Calvins Gesicht war gleichmütig, doch seinen Augen verrieten seine Besorgnis. Er streckte eine Hand aus und legte sie auf Adams Hinterkopf. Sie war warm.

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Olivia ging durch die Tür und plötzlich schlug ihr eine Welle aus Salzwasser ins Gesicht. Sie stolperte seitwärts, öffnete die Augen und erkannte, dass sie fast vom Rand des Schiffs, auf dem sie nun stand, ins Meer gegangen wäre. Schiff war vielleicht nicht der richtige Ausdruck – das Wasserfahrzeug, auf dem sie aufgetaucht war, war eine Yacht. Über ihr war der Himmel blau und wolkenlos und das Meer um sie herum war eigentlich ruhig.

Sie ging in die Mitte des Decks, wo eine Staffelei aufgestellt war und daneben stand ein Regal mit verschiedenen Malutensilien. Sie stellte sich davor und sah, dass es ein halbfertiges Gemälde des Horizonts vor ihr war. Auf dem Gemälde stand die Sonne tief am Himmel. Sie beugte sich vor und sah, dass sich die Sonne in dem Gemälde bewegte und langsam unter den Horizont sank. Als sie es tat, wurde die fertige Hälfte des Bildes dunkel und sein Himmel füllte sich mit Violett und Blau.

Sie schritt zurück und bemerkte, dass die Amsel in der Nähe stand und lässig von der Seite des Schiffs auf einen nahegelegenen Strand schaute.

"Wo ist das?", fragte sie.

"Wo immer sie möchten, glaube ich", sagte er und trommelte träge mit den Fingern auf der Reling des Schiffs. "In dieser Welt gehört dieses Schiff Ihnen. Diese Staffelei und diese Farben gehören Ihnen. Sie müssen sich um nichts sorgen, außer um die Staffelei und um das Meer. Alle Zeit, die Sie brauchen."

Olivia schnaufte. "Denken Sie, Sie können mich mit einem netten Boot und ein paar neuen Farben überzeugen?"

Die Amsel schaute zu ihr zurück und lächelte. "Nein, das tat ich wirklich nicht."

Sie hörte noch ein Geräusch hinter ihr – jemand ging Stufen hinauf. Die drehte sich um und fand einen Mann unter Deck. Er hatte dunkle, satte Haut und langes Haar in dicken Zöpfen. Er trug weiße Shorts und noch wenig anderes und die Definition seiner Muskulatur hätte Diamanten schneiden können. Als sie ihn sah, schnappte Olivia nach Luft.

"Tevin", sagte sie mit auffälliger Stimme. "Ich- Ich verstehe nicht, wie?"

Die Welt fror ein. Die Amsel trat hinter sie und betrachtete den Mann für einen Moment.

"Ich habe mich über Sie gewundert, Olivia. Trotz all ihrer Leidenschaft schienen Sie nie irgendeine wahre Emotion zu zeigen. Nichts Rohes oder Reales." Sie schaute ihn an und er grinste. "Ja, ich beobachte Sie schon eine lange Zeit. Ich habe dies mehr oder weniger kommen sehen und mich vor langer Zeit entschlossen, diejenigen von Ihnen im Auge zu behalten, die darin verwickelt sein könnten."

Er deutete auf den Mann, der die Treppe heraufkam. "Das hier hat mich allerdings überrascht. Ich war wirklich erstaunt, wie gut Sie es versteckt haben, selbst vor den Leuten, die Sie am besten kannten. Aber was wäre die Unglaubliche Ivory ohne ihren Exzellenten Ebony, hä?" Er lachte. "Ich verstehe jetzt, warum der Name nicht hängenbleiben würde. Das ist ok, ich hatte auch meinen gerechten Anteil."

Die Amsel wandte sich zur See. "In dieser Welt sind das Boot und die Farben Ihre – und genauso Tevin Laredo. Es gibt keinen Foundation-Überfall auf Ihre Parakünstler-Gemeinschaft und Sie haben ihn auch nicht versehentlich zu Glas werden lassen, als Sie diese Welle aus Feuer gemalt haben, um ihre Verfolger abzuschütteln." Er schaute sie an, als ihr Gesicht weiß wurde. "Ja, auch das. Dem Allsehenden Auge der Foundation entgeht nicht viel und dies ist ihm sicherlich auch nicht entgangen. Ich kann mir vorstellen, dass es schrecklich gewesen sein muss, wirklich. Ich verstehe Ihren Schmerz – Ich habe auch schreckliche Entscheidungen mit unbeabsichtigten Ergebnissen getroffen, mit denen ich leben musste."

Er setzte sich in einen Liegestuhl, holte ein Glas aus seinem Mantel und füllte es mit einer Flasche, die auch aus seinem Mantel kam. Er nahm einen Schluck, seufzte und lehnte sich in den Stuhl zurück.

"In dieser Welt, Olivia, müssen Sie nicht diese schreckliche Entscheidung treffen. Es gibt keinen Unfall. Sie und er bleiben auf diesem Schiff und gehen dorthin, wohin Sie gehen wollen und sehen alles, was Sie sehen wollen. Hier sind Ihrem Horizont keine Grenzen gesetzt."

Olivia versuchte sich abzuwenden, doch schon liefen Tränen über ihr Gesicht. Die Amsel nahm noch einen Schluck.

"Wäre das nicht schöner?"

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Calvin trat mitten im Wald auf ein grasiges Feld. Die Luft war frisch und im Licht der aufgehenden Sonne funkelte eine dünne Schicht Tau auf dem Gras. Er machte ein paar Schritte, beurteilte seine Umgebung und seufzte. Er wusste, wo er war.

Die Amsel erschien neben ihm und blickte den kleinen Hügel hinunter, auf dem sie standen, auf einen kleinen See am Waldrand. Für einen Moment sprachen sie nicht.

"Dies ist eine seltsame Wahl", sagte Calvin endlich.

Die Amsel sah ihn von der Seite aus an. "Warum sagen Sie das?"

Calvin zuckte mit den Schultern. "Ich war schon einmal hier. Ich weiß, wie es läuft."

Die Amsel stutzte. "Nun, das ist nicht wahr. Sie wissen nur aus einer Perspektive, wie es läuft; aus der, die sie an diesem Tag in den Wäldern hatten …"

Calvin hob eine Augenbraue.

"… doch diese Welt ist die, die Sie schon immer wollten. Die, in der Sie die Möglichkeit haben, Ihre Mutter zu retten."

Sie sahen zu, wie ein junger Calvin und seine Mutter zwischen den Bäumen in Sicht kamen. Als sie zum See kamen, erschien ein Leichnam im Wasser, der aus einer dunklen Tiefe darunter heraufschwebte. Dann noch einer und noch einer und plötzlich bedeckten hunderte davon die Oberfläche des Wassers wie Schleim. Als sie erschienen, blieb Calvins Mutter stehen, drehte sich um und fing an, auf den See zuzugehen. Der junge Calvin stand unbeweglich hinter ihr.

"Sie hatten diese ganze Zeit", fuhr die Amsel fort, "diese ganze Zeit, zu ihr zu rennen und sie aufzuhalten. Aber das haben Sie nicht getan, denn Sie waren ein Junge und verängstigt. Doch jetzt haben Sie die ganze Zeit der …"

Er hörte auf. Zu beiden starrte, genau in Calvins Augen, der junge Calvin. Es war ein Blick des Wissens, den er als seinen eigenen erkannte, ein Blick des Verständnisses davon, was vorher passiert war und was als nächstes passieren würde. Der junge Mann sah zurück zu seiner Mutter und dann auf die Baumgrenze. Dort stand, zwischen dem Gestrüpp und den Ästen, eine verhüllte Gestalt, die eine silberne Dose hielt. Calvin ging auf sie zu.

Die Amsel zuckte bei dem Anblick zurück. "Du!?", seine Stimme überschlug sich und Calvin konnte etwas Unnatürliches in seinem Ton hören. "Du hast das getan?"

Calvin erreichte die Gestalt und nahm die Dose. Die Gestalt hielt einen einzelnen Finger an ihre Lippen.

"Das ist nicht das, was du denkst", sagte die Gestalt. "Nimm es und sieh."

Calvin öffnete die Dose und kippte den Inhalt in seine Hand. Es war eine Drahtbrille mit dünnen goldenen Runen an den Rändern. Auf der Rückseite eines Bügels stand ein Name in schwarzen Intarsien. A. Bright. Calvin hielt sie hoch und sie funkelte im Licht der aufgehenden Sonne.

"Was tust du?", schrie die Amsel von der anderen Seite der Wiese. "All unsere Bemühungen waren umsonst und nichts außer Panik und Nutzlosigkeit kommt von euch allen. Zumindest habe ich versucht, das Problem zu beheben. Ich versuchte zu helfen. Ich wollte sie glücklich machen, auch wenn dieser hier nicht zufriedengestellt werden kann."

Calvin hielt inne. "Sie haben mir diesen Ort gezeigt, nicht wahr? Ich kann mir vorstellen, dass Sie den anderen beiden etwas ähnliches gezeigt haben. Was – eine perfekte Welt oder sowas?" Er überlegte. "Wenn das meine perfekte Welt ist, warum macht sie mich dann nicht glücklich?"

Die Amsel drückte ihren Daumen auf den Nasenrücken. "Denn diese beiden wollen Dinge, die erreichbar sind. Sie andererseits, sind ein gewalttätiger Volksverhetzer, der ihre niederen Instinkte anspricht. Sie haben beide Schwierigkeiten erlebt – denn alle Leute erleben Schwierigkeiten. Sie und Ihresgleichen zeigen mit dem Finger auf die Foundation und geben ihnen ein Ventil für ihren Hass. Ich versuchte, ihnen etwas Besseres zu bieten. Doch alles, was Sie wollen, ist zu töten und das alles wegen dieses Augenblicks, genau hier."

Er deutete auf das Wasser. "Sehen Sie das? Ihre eigene Mutter, die weggeht, um einem schrecklichen Schicksal zu begegnen. Ihr ganzes Leben würde sich verändern und sich durch Ihre Nichteinmischung in diese Angelegenheit unendlich verbessern. Sie habend die Wahl und sie wählen immer noch Gewalt. Zu was macht Sie das?"

Calvin schaute wieder hinunter auf die Brille und nach einem Moment zog er sie an.

"Ich weiß es nicht", sagte er. "Schauen wir mal nach Ihnen."

Als er wieder durch die leicht blaugefärbten Gläser hochsah, waren die Wiese, der See und die Wälder noch da. An der Stelle der Amsel stand nun eine gewaltige Monstrosität, eine grauenerregende pseudo-vogelartige Kreatur mit toten Augen und stinkendem, faulendem Fleisch. Er konnte durch ihre dünnen, verfilzten Federn bis in ihr Inneres blicken, wo eine wirbelnde Masse aus Gesichtern heulte und fluchte, die sich an die Seiten ihres Behältnisses drückten, als würde es gleich platzen. Als die Kreatur ihren fauligen Schnabel öffnete, um zu sprechen, konnte er hören, wie die Stimme der Amsel über unendlich viele Inkarnationen von sich selbst hallte, eine unheimliche Kakophonie aus Elend und Schmerz.

"Ich habe Ihnen ein Leben geboten", sagte die Kreatur. "Ich habe Ihnen Freiheit geboten. Ich habe Ihnen Ihre Mutter geboten."

Calvin schüttelte den Kopf. "Nein, das ist nicht meine Mutter. "Er schaute hinunter zum jungen Calvin, der ihn genau beobachtete. "Sie ist seine. Meine Mutter starb vor langer Zeit wegen Abscheulichkeiten wie Ihnen."

"Sie sind ein Narr", krächzte die Amsel. "Es spielt keine Rolle. Ich muss Sie nicht glücklich machen – Sie sind schon hier und ich muss nicht bleiben."

Der Himmel wurde wieder violett und Calvin roch Ozon. Hinter ihm legte die Gestalt eine Hand auf seine Schulter.

"Dreh die Dose noch einmal um", sagte sie. "Schnell."

Calvin tat es und daraus glitt eine lange Angel aus Fiberglas. Sie war hellrosa und auf ihrer Seite prangten die Worte "Dr. Wondertainments Interdimensionale Leinen und Köder". Hinter ihr war etwas Anderes und als er es sah, grinste Calvin. Es war ein einfacher weißer Wiffleball-Schläger mit einem bandagierten Griff und darauf waren die Worte "vogel-weg von dado" mit schwarzem Filzstift geschrieben.

Er nahm die Angel in eine Hand, lehnte sich zurück und warf sie in Richtung Amsel aus. Aus ihrem Ende kam eine strahlend weiße, schimmerte Leine, die sich über die Wiese wölbte und im Fleisch der Amsel versank. Die Leine wurde fester und Calvin warf dem Jungen am See einen letzten Blick zu, bevor die Welt violett wurde und sie verschwanden.

Als er seine Augen öffnete, stand Calvin an Deck eines havarierten und zerstörten Schiffs. In der Mitte hatte sich ein höhlenartiges Loch geöffnet und als er nach unten spähte, konnte er keinen Boden erkennen. Einen Moment später fiel die Amsel vom Himmel hinter ihm und krachte mit einem nassen Knirschen auf das Schiff.

"Wa…", sagte die Kreatur und tastete an ihren Flügeln und Krallen herum. "Wo sind wir? Hier sollten wir nicht …"

Sie wurde plötzlich durch das Geräusch einer Registrierkasse aufgehalten, als Calvin den Wiffleballschläger zur Seite schwang und die Amsel in ihr fleckiges Gesicht schlug. Beim Aufprall stoben Federn aus und die Kreatur heulte und brüllte. Sie biss an der Angelschnur, die nun in ihrem Rücken steckte, doch bevor sie sie erreichen konnte, war Calvin mit dem Schläger herumgekommen und jedes Mal platze die Amsel vor Federn und Blut und das Geräusch einer Registrierkasse war zu hören.

Die Amsel breitete ihre Flügel aus, hob ab und Calvin hielt das Ende der Leine fest und wurde in den violetten Himmel hinaufgezogen. Als sich der Dunst aufklarte, waren sie in einem Gebäude – scheinbar ein Foundation-Standort – umgeben von Chaos. In dem riesigen Vorraum, in dem sie standen, dröhnten Hupen und die roten Lichter von Alarmanlagen eines Eindämmungsbruchs pulsierten schnell. Eine große Anzahl weißgekleideter Personen schob sich aus einem Flur, hinter dem ein dröhnendes Geräusch zu hören war. Die Amsel starrte in die Richtung des Geräuschs und dann weiteten sich plötzlich ihre Augen.

"Oh, verdammt", sagte sie.

Aus dem Flur schoss die Reptilien-Monstrosität, die sie in Adams Dorf gesehen hatten, nur kleiner und mit messerscharfen Klingen bedeckt. Sie war anders, bemerkte Calvin, doch ihre Augen verrieten sie. Die Kreatur brüllte und zischte und als sie sich umdrehte, konnte er sehen, dass ein Mann auf ihrem Rücken stand, der schrie und lachte.

Als die Amsel zögerte, durchquerte Calvin den Raum und schlug sie erneut mit dem Schläger, dann nochmal und dann schnell hintereinander. Jedes Mal platzten mehr und mehr Federn von ihrer Haut und die wirbelnde Masse aus Seelen darin schrie und zuckte zurück. Als die Reptilienkreatur mit aufeinanderprallenden Zahnreihen auf sie zukam, schlug die Amsel ihre Flügel nach hinten und zog sie beide in den Äther.

Calvin stürzte in den Dreck und nicht weit entfernt hörte er die Amsel dasselbe tun. Als er aufstand, bemerkte er, dass sie in etwas standen, was einst ein Grasfeld gewesen sein könnte, doch die Vegetation war längst abgestorben. Tatsächlich stellte er mit etwas morbidem Erstaunen fest, dass es außer den beiden anscheinend überhaupt nichts Lebendiges gab. Der Himmel war bewölkt und in einiger Entfernung wehte ein Sturm, aber sie hörten keine Vögel, keine Insekten und nichts Menschengemachtes.

Er war kurz abgelenkt, als eine Drohne über ihn hinwegsurrte, ihr Motor war das einzige Geräusch, dass außer eines leichten Winds die Stille durchdrang. Als er sich wieder umdrehte, war die Amsel über ihm und pickte den Schnabel fieberhaft auf die Stelle, an der er gestanden hatte. Er krabbelte zur Seite und zog sich an der Angelschnur hoch, dann nahm er den Schläger und schlug damit der Amsel auf die Seite ihres Schnabels. Der Schnabel knackte und splitterte und das Monster heulte, doch es machte weiter – jedes Mal kam es näher und näher an Calvin heran.

Dann gab es einen Lichtblitz am Horizont. Beide blieben stehen, um hinzusehen und weit im Norden bildete sich eine hoch aufragende Pilzwolke, ein Feuerball, der sich in den Himmel erstreckte. Sie sahen zu, wie sie aufstieg und sahen dann mit Entsetzen eine nahende Wand aus Hitze und Tod. Die Amsel machte zwei Schritte, sprang in den Himmel und sie waren wieder fort.

Sie landeten nicht sofort. Als sich Calvin an die Angel klammerte, sah er beim Vorbeifliegen Bilder von Orten. Er sah eine dunkle Einrichtung, von der aus sie drei Mädchen mit blinden Augen beobachteten, während er in ihre Existenz eintrat und sie wieder verließ. Er sah einen Himmel mit sieben Monden und einem gewölbten goldenen Tor. Er sah einen schneebedeckten Foundation-Standort – keinen, den er kannte – aus der sich eine Vielzahl an Doktoren ergoss. Er hörte ein durchdringendes Kreischen, dann eine Explosion aus blauem Licht und dann war der Standort verschwunden.

In jeder Vision, an der sie vorbeikamen, bemerkte er Gesichter. Sie waren zuerst blass und wurden dann jedes Mal deutlicher, wenn er aus einer anderen Welt kam. Sie waren näher bei ihm und schärfer. Sie waren ein Mädchen – immer leicht verändert, doch jedes Mal dasselbe Mädchen. Sie beobachtete ihn genau und sah jedes Mal so aus, als wolle sie sprechen. Dann hielt eine von ihnen eine Hand mit fünf Fingern hoch. Die nächste hob vier. Dann drei. Zwei. Einen.

Das letzte Mädchen streckte ihre Hand aus und Calvin wollte sie ergreifen. Sie berührten sich und dann plötzlich verebbte der wirbelnde, violette Dunst und sie stürzten auf einen harten Betonboden.

Das Erste, was Calvin bemerkte, war der Druck. Etwas in der Nähe übte sehr viel davon aus und er spürte eine beträchtliche Anstrengung zu atmen. Als er aufstand und sich umsah, bemerkte er die Quelle: eine riesige, immens komplizierte Maschine, die aus mehreren konzentrischen Ringen bestand, in denen sich eine dunkle, wirbelnde Masse aus Staub und Trümmern befand. Er schaute hinauf und sah, dass sie sich am Boden des Schachts befanden, von dem man den Anfang nicht mehr sehen konnte. An den Wänden standen Maschinen und Paneelen, Schläuche und Halterungen, Bänke aus Licht, die sich nach oben in diese schwindelerregende Höhe erstreckten.

Und dann sah er die Amsel, die sich von einem Haufen vor der Maschine in der Mitte der Kammer erhob, mit ausgestreckten Flügeln und wütend schreiend. Ihre Augen richteten sich auf die einzige andere Person im Raum, ein dünnes Mädchen mit dunklem Haar, das ein silbernes Diadem auf ihren Kopf trug, auf dem eine Krone eingeätzt war. Sie ging einen nervösen Schritt zurück und die Kreatur zischte sie an.

"Alison?", fragte sie und Wut brannte in ihren Augenhöhlen. "Was tust du? Warum bist du hier?"

"Ich habe genug, Mort", rief sie, kaum hörbar über den Lärm von der Maschine vor ihnen. "Das ist nicht richtig. Nichts davon ist richtig."

Die Amsel knurrte und brüllte. "Was meinst du mit 'nicht richtig'? Wie könnt ihr das alles nicht verstehen? Ich kann dir alles, was du willst, anbieten. Ein Leben, das es wert ist, gelebt zu werden; einen Tod, der es wert ist, gestorben zu werden – und alles dazwischen. Du könntest ein Gott sein, Alison."

Sie schüttelte den Kopf. "Nein. Nein, das ist nicht natürlich. Ich kann so nicht weitermachen."

Die Amsel bäumte sich vor ihr auf. "Natürlich? Der Tod ist natürlich. Leid ist natürlich. Was ich anbiete, ist ein Entkommen – eine Existenz, die kein Horror ist. Was könntest du sonst noch wollen?"

Sie antwortete nicht. Die riesige Kreatur krächzte laut und schlug mit den Flügeln auf sie ein.

"Es tut mir leid, Alison", sagte sie, ihr Ton war nun kalt und flach, "aber ich fürchte, dass du nicht länger eine Wahl hast. Ich bin der Schwarze König. Du kannst nichts tun, um mich aufzuhalten."

"Nein", sagte sie und ließ ihre Hand auf eine Platte in ihrer Nähe fallen. "Aber er kann es."

Sie drehte einen Schlüssel und zog an einem dicken schwarzen Griff und die Lichter im Raum wurden rot und blitzten gleichzeitig auf. Hinter der Amsel begann sich die riesige Maschine zu entfalten, die Ringe zogen sich nach hinten und setzten den Raum dem massiven Druck aus. Die Amsel kam wieder ins Gleichgewicht und lachte.

"Wirklich, Alison? Hast du denn nichts gelernt? Es gibt unendlich viele von mir hier drin – einen davon zu töten wird nichts ausrichten."

Calvin tauchte mit dem Schläger in der Hand neben ihr auf. Er tippte ihn zweimal gegen seinen Schuh.

"Nicht unendlich", sagte er. "Nicht ganz."

Mit Anlauf durchquerte Calvin den Raum, zielte auf die Mitte der Amsel und schlug sie mit nur einem festen, hallenden Knall nieder. Die Kreatur hüpfte und ächzte und stolperte rückwärts in die wirbelnde Staubwolke. Sie griff mit ihren Krallen nach den Kanten der Maschine und packte zu, wodurch sich das Metall bog und verdrehte. Der Boden unter ihnen begann zu beben und sich zu wölben und die Stahlwände des Schachts ächzten.

Dann, mit einem sanften Luftzug, verschwand die Staubwolke. An ihrer Stelle war eine humanoide Gestalt, pechschwarz und unbeweglich. Die Luft um sie herum war stark verzerrt und anstelle der Staubwolke war ein rotes Glühen. Das Geräusch von quietschendem Metall und ächzender Erde verblasste und die Gestalt in der Maschine schaute hoch. Alison ergriff Calvins Arm und zog ihn hinter eine erhobene Plattform.

Der Raum begann zu vibrieren und durch das Geräusch konnte Calvin so etwas wie eine Stimme hören, blechern und metallisch, die durch die Luft um sie widerhallte.

"Aufseher …", sagte die Stimme, "Du bist ein Aufseher?"

"Ja!", kreischte die Amsel. "Befreie mich!"

Die Gestalt breitete sich aus und hing nun aufrecht in der Luft.

"Verbrechen … unermessliche Verbrechen."

"Welche Verbrechen?", schrie die Amsel. "Das Einzige, was ich getan habe, ist, dass ich ein Entkommen angeboten habe! Einen Ausweg!"

Die Gestalt streckte eine geöffnete Hand aus.

"Nein.", sagte sie, "das ist der einzige Ausweg."

Sie schloss ihre Hand und die Amsel krampfte. Es gab noch einen Luftzug und Calvin konnte fühlen, wie der Atem aus seiner Brust gezogen wurde. Er lehnte sich gerade noch rechtzeitig um die Plattform, um zu sehen, wie die Amsel in einen einzigen, überhitzten Punkt gezogen wurde und aus der Existenz zischte. Der Raum begann heftig zu beben, Alison griff nach oben und betätigte den Griff an der Plattform. Die Lichter blinkten wieder auf und die Maschine begann hochzufahren. Ein paar Momente später, als sie zusammengekauert hinter der Plattform saßen, beruhigte sich die Luft und das Brüllen ließ nach.

Calvin nahm einen tiefen Atemzug und hustete. "Was … was war das?"

Das Mädchen namens Alison stand behutsam auf. Sie hielt Calvin eine Hand hin und er tat dasselbe.

"Dieses Wesen hat nahezu beispiellose Macht", sagte sie und rieb sich einen Punkt an ihrem Nacken. "Es hat lange gedauert, bis ich es fand, ich habe jahrelang danach gesucht. Dies ist die einzige Realität, in der dieses Wesen existiert, also musstest du hierherkommen." Sie knackte mit ihrem Nacken. "Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten."

Calvin nickte langsam. "Wer bist du?"

Sie lächelte. "Mein Name ist Alison. Die Foundation hat einen anderen Namen für mich, für uns alle, doch das ist unwichtig. Wir bekamen Wind von dem, was du tust und bemerkten, dass dies unsere einzige Chance war, den Schaden ungeschehen zu machen, den er angerichtet hat."

Calvin legte seinen Kopf zur Seite. "Schaden?"

Sie rieb sich das Handgelenk. "Als die Amsel uns fand dachten wir, wir hätten eine Art Verwandtschaft mit ihr. Sie …", sie zögerte. "Ich denke nicht, dass er böse war, aber es gab so viele Mortimers dort drin, dass man nie sagen konnte, mit wem man gerade spricht. Er konnte Ungerechtigkeit sehen, denke ich, aber abgesehen von seiner Macht, ihr zu entkommen, schien es ihm nie wichtig genug zu sein, etwas dagegen zu tun. Ich denke, er genoss seine eigene Existenz zu sehr."

Calvin nickte und schaute dann zurück auf die summende Maschine. "Ich weiß nicht, wie ich zurückkommen soll."

Alison deutete auf die Angel, die auf dem Boden lag. "Wenn du sie auswirfst, wird sie eine andere Schwarze Königin fangen und dich hineinziehen."

Er runzelte die Stirn. "Du hast die Foundation erwähnt. Existiert sie in dieser Welt? Weißt du etwas über die Aufseher?"

Sie lachte. "Das tat ich. Das taten sie auch, vor langer Zeit. Doch das …", sie deutete auf die Maschine, "… das tötete vor langer Zeit jeden. Hier ist niemand mehr übrig. Nur ich und nur, um sicherzustellen, dass diese Maschine weiterläuft."

Calvin nickte und hob die Angel auf. Er wandte sich von ihr ab und blieb dann stehen.

"Weißt du, was er ihnen gezeigt hat?", fragte er. "Den anderen beiden, mit denen ich zusammen war?"

Alison verzog das Gesicht. "Das tue ich."

"Was war es?"

Sie schüttelte den Kopf. "Das kann ich dir nicht sagen – nur, dass es grausam wäre, wenn du sie von dort, wo sie gerade sind, wegführen würdest."

Calvin antwortete nicht. Stattdessen zog er die Angel zurück und warf die Schnur in den Himmel aus. Sie blieb irgendwo über ihm hängen und die Welt wurde violett.

— - —

Sie standen auf dem Rollfeld eines kleinen Flughafens, als ein Flugzeug auf sie zurollte. Als es anhielt und die Treppe runtergelassen wurde, erschien Sylvester Sloan aus seinem Inneren.

Er musterte sie sorgfältig. Als er seine Einschätzung beendet hatte, knurrte er missbilligend.

"Ihr drei seht wie Scheiße aus.", sagte er.

Er hatte recht. Adam stand unbehaglich neben den beiden anderen, seine Augen waren glasig und niedergeschlagen und seine Schultern hingen leicht. Er zitterte trotz des warmen Windes, der aus dem Ödland hinter ihnen wehte. Olivia war weiß wie ein Laken – die Haut um ihre Augen war gespannt und sie atmete flach. Calvin stand vor ihnen, seine Hände waren bandagiert und große blaue Flecken formten sich auf Gesicht und Nacken. Die kaputte Angel umklammerte er mit seiner Hand; Olivia schaute gelegentlich darauf, dann wurde ihre Atmung wieder flach.

Calvin nickte kurz. Sloan runzelte die Stirn und ohne ein weiteres Wort eilten die drei in das Flugzeug. Augenblicke später waren sie weg.


WOANDERS

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Aaron Siegel stand in einem Anzug da und fuhr schnell und leise einen langen Schacht hinunter zu einer komplizierten Öffnung, die über einem flachen Becken mit roter Flüssigkeit schwebte. Der Aufzug blieb stehen und er ging hinaus auf die Plattform vor ihm. Er schaute auf die Gestalten hinunter, die im Becken lagen und ging dann zu einem Kontrollpult gegenüber.

Er gab einen Befehl in das Kontrollpult ein und unter ihm begann die rote Flüssigkeit abzulaufen. Die vier Gestalten, immer noch von Dunkelheit verdeckt, wurden von langen Metallarmen, die leise surrten, während sie arbeiteten, aus dem Becken gezogen. Sie trugen Metallplatten, lange Draht- und Rohrstücke sowie Munitionsregale zu den Gestalten, über denen glühende Drähte aus überhitztem Metall leuchteten, die sich leise wanden. Aaron beobachtete den gesamten Vorgang, bis er beendet war und die vier Gestalten wurden auf die Plattform gehoben und abgelegt.

"Könnt ihr mich hören?”, fragte Aaron.

Die vorderste Gestalt, ein kahlköpfiger, humanoider Mann in flexibler Rüstung nickte. "Das tun wir."

"Es gibt drei Agenten der Insurgency, die mächtige und wertvolle Artefakte in die Hände bekommen haben", sagte Aaron schnell. "Sie haben bereits sieben der Aufseher getötet. Ich, die Nazaräerin und das Kind sind geschützt. Der Botschafter wird vermisst und wird wahrscheinlich ihr nächstes Ziel sein." Er tippte etwas in das Kontrollpult. "Dies sind ihre letzten bekannten Koordinaten."

"Was ist unsere Mission?", fragte eine andere Gestalt. Diese war klein und schlank – eindeutig weiblich mit abgeschnittenen Haaren.

"Findet diese drei", sagte Aaron, "und wenn ihr könnt, bringt sie zu mir. Wenn sie sich wiedersetzen, tötet sie. Sie haben zwei sehr wertvolle Artefakte bei sich – ein Tagebuch und einen Speer. Bringt mir die Artefakte."

Er drehte sich um. Hinter ihm war ein Bildschirm – schwarz mit einem dunkelgrauen Kreis und drei Pfeilen, die sich um einen einzelnen, rotglühenden Kreis drehten. Als Aaron ihn bestätigte, leuchtete der rote Punkt heller.

"Zeig es ihnen", sagte er mit heiserer Stimme. "Zeig ihnen, wo er ist. Findet ihn."

Der rote Punkt blinkte zweimal und verschwand. Er drehte sich zu den Humanoiden vor ihm um.

"Geht jetzt, Irantu, Munru, Nanku, Onru", sagte er. "Findet die Aufständischen. Bringt mir die Artefakte. Seid meine Rote Rechte Hand.”




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