Zwei Tage sind vergangen, seit Leonard gegenüber seinem Psychiater seine ehrliche Meinung über die SCP-Foundation gesagt hatte. Er ist erleichtert darüber, aber gleichzeitig bereut er es irgendwie. Leonard realisiert deswegen nun, dass er wahrscheinlich für immer in dieser Zelle bleiben wird, nie wieder Kontakt zu seiner Familie und Freunden haben wird und sein altes Leben nicht mehr weiterführen kann.
Das alles bringt Leonard zu einem Abgrund. An einen dunklen Abgrund, in dem er für immer bleiben wird und ein Entkommen daraus sinnlos ist. Denn er fragte sich, ob die Außenwelt ihn wegen seines Aussehens überhaupt akzeptieren würden. Seine Familie würde ihn sicher noch als einen Mensch erkennen, aber die Gesellschaft sieht in ihn wahrscheinlich nur als einen violetten Freak mit anomalen Kräften und nichts anderes. Leonard hatte nämlich bemerkt, als er in Amberg war, um zu der Polizeistation zu gelangen, hatte er viele Bürger gesehen, die ihn überrascht und lachend ansahen, während sie mit ihren Handys Fotos von ihm machten. Es ist also dann wohl egal, ob er hier in Gefangenschaft bleibt oder draußen ist. Sein Leiden wird immer noch bei ihm bleiben.
Er sitzt auf seinem Stuhl und wartet gerade auf einen Besuch. Ihm wurde während sein Mittagessen gebracht wurde gesagt, dass SCP-140-DE-1 zu ihm kommen wird. Leonard fragte, wer das sei, aber als Antwort sagte man ihm nur, dass er einfach auf ihn warten soll. Er legt seine Hände auf den Tisch und fragte sich, was für eine Person zu ihm kommen wird. Die einzige Schlussfolgerung, die er hat ist, dass dieser SCP-140-DE-1 auch eine anomale Person ist. Aber was für anomale Fähigkeiten hat diese Person und ist es überhaupt ein menschliches Wesen? Die wichtigste Frage war aber wieso diese Person überhaupt Leonard besuchen kommt.
"Wird es vielleicht einen Testversuch geben und muss ich mit diesem 140 zusammenarbeiten?" fragt sich Leonard. Er denkt immer weiter darüber nach, bis er in seinen Gedanken eingetaucht ist.
Er wird dann aber von seinen Gedanken sofort gelöst, als die Türen aufgehen. Ein Mann kommt herein. Leonard sieht zu den Mann auf. Er trägt ein schwarzes Shirt, graue Jeans und schwarze Sneaker.
"Hallo. Schön Sie kennenzulernen", sagt der Mann.
"Ähm, hallo. Sind Sie SCP-140-DE-1?" Leonard betrachtet den Mann. Er hat das Aussehen eines Menschen, aber ist er das auch wirklich?
"Ja, der bin ich, aber Sie können mich ruhig Viktor nennen. Sie sind Leonard Menz, korrekt?"
"Ja, so heiße ich. Na ja zumindest wurde ich damals so genannt."
"Ähm, darf ich Platz nehmen?"
"Oh, aber natürlich setzen Sie sich."
Viktor nimmt einen Stuhl und setzt sich gegenüber Leonard. Er betrachtet die Eindämmungszelle, die ganz violett gefärbt ist.
"Das sieht alles schräg aus für Sie, nicht wahr?"
"Ein bisschen, aber ich habe schon viel Schrägeres gesehen."
"Okay, also wieso sind Sie zu mir hierhergekommen? Gibt es ein Art Test, den ich mit Ihnen machen muss oder wegen irgendetwas anderem?
"Nun ich bin hergekommen, um Ihnen zu bestätigen, dass die SCP-Foundation nicht so furchtbar ist wie Sie denken."
"Ähm, wie bitte?" Leonard macht einen verwirrten Gesichtsausdruck.
"Die schicken jemanden zu mir, damit Sie mir sagen, dass ich die SCP-Foundation toll finden muss?"
"Nein, ich will Sie nicht dazu zwingen sie zu lieben, sondern nur, sie zu verstehen.
"Was zu verstehen? Dass diese Leute mich gegen meinen Willen gefangen halten und ich einfach hinnehmen muss?"
Viktor macht einen mitleidigen Gesichtsausdruck.
"Ich weiß, was Ihnen passiert ist und warum Sie deswegen verärgert und gestresst gegenüber der Foundation sind. Glauben Sie mir, Sie sind nicht der einzige Opfer hier."
"Wie meinen Sie das?"
"Genau wie Ihnen wurden auch mir von einer Person besondere Fähigkeiten gegeben."
Leonard weitet seine Augen.
"Was denn für Fähigkeiten?"
"Eine schreckliche, die für mich anfangs sehr verstörend war. Ich kann nämlich sehen, wie Menschen ermordet, wenn wurden, ich sehe sie als graue, geisterhafte Gestalten. Überall wo gemordet wurde, kann ich die Ermordeten sehen und es wiederholt sich immer wieder wie sie starben. Ich kann nur umdrehen oder meine Augen schließen damit ich es nicht mehr sehen muss.
Leonard ist kurz sprachlos. Er wusste, dass dieser Viktor auch anomal sein musste, aber er hätte nicht mit so etwas gerechnet. "Ermordete Menschen sehen?" dachte er.
"Wer hat Ihnen das angetan?"
"Ein Augenarzt. Er gab mir nur Augentropfen und als er fertig war, ging ich aus seiner Praxis und sah später Geistern. Ich weiß nicht, wieso er mir das angetan hat, ob es vielleicht ein Experiment war, aber wegen Ihm habe ich nun diese beschissene Fähigkeit. Daraufhin landete ich in der SCP-Foundation und bin schon seit fast acht Jahren hier.
"Acht Jahre? Konnten die diesen Augenarzt aufspüren?"
"Nein, leider immer noch nicht. Die sind noch auf der Suche nach ihm. Es wird vermutet, dass er bei einer anomalen Firma arbeitet."
"Wie kommen Sie darauf?"
"Sehen Sie einfach in meine Iris."
"Ähm, wieso?"
"Machen Sie es einfach, dann verstehen Sie es."
"Ok?"
Leonard beugt sich zu Viktor rüber und sieht seine Iris an. Er weitet seine Augen, als er sieht, dass auf Viktors beiden Iris Wörter stehen. "OCUOPT GmbH" und "Second Sight! ®" liest Leonard laut. Er beugt sich wieder zurück auf seinen Platz.
"Die SCP-Foundation versucht, diese Firma ausfindig zu machen, um zu verhindern, das andere Menschen wie ich diese Fähigkeit, oder sogar noch was viel Schlimmeres bekommen.
Leonard musste kurz innehalten. Er kann nicht glauben, dass eine anomale Organisation existiert, die Menschen als Testobjekte benutzt, für deren egoistische Zwecke. Leonard hat immer gedacht, dass er der einzige ist der hier leidet, aber Viktor hat ihm gezeigt, das er viel Verstörenderes erlebt hatte als er selbst. Und diese Fähigkeit hat Viktor schon seit acht Jahren, was sicher mental sehr schmerzhaft ist.
"Das tut mir sehr leid für Sie."
"Ach so schlimm ist es eigentlich nicht mehr. Durch die vielen Jahre bin ich daran langsam gewöhnt, aber es lieben werde ich sicher nie.
"Da bin ich mir sicher."
"Wie auch immer, die SCP-Foundation kümmert sich um solche Angelegenheiten, damit die Menschheit nicht das gleiche Schicksal erleiden muss. Die setzen ihr Leben aufs Spiel, wenn es sein muss. Ich selbst weiß das durch die vielen Missionen, die ich unternommen habe.
"Moment, Sie arbeiten für diese Leute, obwohl Sie anomal sind?"
"Ja, wegen meiner Fähigkeit wurde ich als ein Agent ausgebildet und es gibt auch andere Agenten, die anomalen Fähigkeiten besitzen. Da wäre einer mit telepathischen Kräften, die er von einem anomalen Wesen bekommen hat. Mit unseren Kräften sperren oder eliminieren wir gefährliche Wesen, die für diese Welt Unheil bringen wollen.
"Wow, das hört sich unglaublich an."
"Habe ich dadurch Ihre Sicht von der SCP-Foundation nun geändert?"
Leonard überlegt kurz. Am Anfang traute er dieser Organisation nicht, weil er nicht viel über sie wusste. Er sah sie nur als ein neues Gefängnis an. Ein Gefängnis in dem er ganz alleine in seiner Zelle ist und sich ausgestoßen fühlte. Aber als Viktor zu ihm kam und erzählte, was die SCP-Foundation für die Menschheit alles tun würde, um sie in Sicherheit zu bringen, begann Leonard nun doch sie langsam zu verstehen. Vielleicht wenn er mehr über die SCP-Foundation wüsste, dann könnte er mehr vertrauen für sie aufbauen.
"Ein wenig, aber danke, dass Sie hergekommen sind. Mir tut es gut, wenn ich einen Gesprächspartner habe.
"Das freut mich. Wir können uns ruhig mehr unterhalten, wenn Sie möchten.
"Da habe ich nichts dagegen. Darf ich zu Ihnen eine persönliche Frage stellen."
"Aber klar doch, nur zu, ich beiße nicht."
Leonard lacht kurz. "Okay, also sind Sie hier in Bayern aufgewachsen oder woanders?"
"Ich habe mal in München gelebt."
"Wirklich? Ich habe immer nur in Nürnberg gelebt und habe nur die näheren Städte mal besucht."
"Waren Sie niemals im Ausland?"
"Ach nein, ich hatte mir überlegt in der Zukunft mal in Großbritannien Urlaub zu verbringen. In meiner jetzigen Situation denke ich aber, dass es niemals kommen wird."
"Sieht wohl so aus."
"Na ja, wie ist es mit Ihnen?"
"Ich war eigentlich auch niemals in im Ausland gewesen. Habe damals durch Klassenfahrten andere Städte und Landschaften besucht."
"War bei mir auch so gewesen."
"Wir haben ziemlich viele Gemeinsamkeiten."
"Sehe ich gerade auch so."
Leonard und Viktor unterhielten sich weiter über deren Leben, Familien und Erlebnissen, die sie gehabt hatten. Viktor erzählte ihm, dass er ohne einen Vater aufwuchs uns zu seiner Mutter keine Beziehung hatte während Leonard erzählte, dass er als Einzelkind aufwuchs und nicht viele Freunde damals hatte und erzählte noch von vielen anderen Dingen. Er ist endlich glücklich, mal wieder jemanden zu haben, der nicht nur fragt, was für Träume er hatte oder wie diese ihn beeinflussen, sondern einer, der etwas über sein früheres Leben wissen möchte. Etwas, was noch nicht einmal seine Freunde in der Gefangenschaft von Nigrum tun konnten. Die Tür von der Eindämmungszelle öffnet sich und eine Wache kommt herein.
"SCP-140-DE-1, deine Gesprächszeit mit SCP-108-DE ist jetzt vorüber."
"Alles klar. War eine schöne Zeit mit Dir gewesen Leonard."
"Ebenfalls, Viktor."
Viktor steht von seinem Stuhl auf und geht mit der Wache aus der Eindämmungszelle heraus. Bevor aber Viktor ging, wollte Leonard ihn noch etwas fragen.
"Werden wir uns wieder sehen?"
Viktor schaut ihn an und lächelt.
"Keine Sorge, ich werde wiederkommen, aber leider nur eher selten wegen meiner Missionen."
"Solange Du wenigstens kommst, kann ich warten."
Viktor und die Wache gehen aus der Eindämmungszelle und Leonard ist wieder alleine. Dieses Mal aber ist er zum ersten Mal gut gelaunt anstatt bedrückt. Er hat endlich jemanden, mit dem er offen sein kann, den er nachvollziehen kann und den gleichen Schmerz verstehen kann. Leonard ist zwar in einem dunklen Abgrund gelandet, in dem er für immer bleiben wird, aber in der Dunkelheit gibt es doch noch ein Licht und er ist glücklich, dass es existiert.