Er schwebte in einem Nichts. Einem reinen Nichts, das nicht mal erlaubte es als Nichts zu bezeichnen. Ihm gegenüber schwebte eine Sie. Mit einem genau so emotionslos und ausdruckslosen Gesicht. Er kannte Sie und Sie kannte ihn. Aber wie auch immer sie zu einander standen, es war jetzt vergangen. Sie beide hatten mal Namen gehabt, doch in diesem Nichts hatte dies keine Bedeutung. Die Erkenntnis, dass sie tot waren, erschütterte sie nicht. Es war eine Tatsache. Punkt.
Wie zwei Monde kreisten sie um ein Etwas. Es war aus Licht und Dunkelheit gemacht. Als sie ihre Aufmerksamkeit auf die Kugel richteten, verformte es sich. Die Dunkelheit umschloss das Licht und formte so Augen und Mund in einem Gesicht.
„Hallo“
Eine Stimme, die Sie und Er wahrnahmen, ohne dass da Luft im Raum war. Sie war angenehm und beunruhigte sie. Sie war warm und kühl.
„Ihr seid angekommen. Könnt Ihr euch erinnern?“
Er wollte den Mund öffnen, eine Gewohnheit als Lebender, doch die Worte bildeten sich schon. „Wir sind tot. Gestorben bei einem Eindämmungsbruch.“
„Bist du der Tod? Bist du Gott?“, Sie fragte, ohne Neugier. Eine Klarstellung einer Tatsache.
Das Etwas nahm nacheinander verschiedene Formen an. Seine Mutter. Ihr Großvater. Ein Skelett. Der Hund und die Katze des Nachbars. Ein längst totes Film- und Musikidol.
„Ich bin alles. Ich bin die Manifestation des Nachhers. Ihr habt mir viele Namen gegeben. Gott. Hinkefuß. Hel. Osiris. Nirwana. Tod. Ich habe keine wahre Form, weil ihr mir viele gebt.“
„Was kommt jetzt?“ Fragen Sie und Er zusammen, „Was kommt nach dem wir gestorben sind?“
Nachher schwieg.
„Ich habe euer Leben gesehen. Ich habe eure Beziehung gesehen. Ich habe das Potenzial gesehen. Ich bin nicht nur das, was ihr den Tod nennt. Ich bin auch das was ihr als die Verkörperung des Lebens seht. Mutternatur. Gaia. Ich möchte euch um etwas bitten. Es kann auch als Angebot angesehen werden.“
Ein Lachen ertönte. Es echote, in der Leere.
„Ich bin, wie ihr es immer sagt, auch nur ein Mensch. Ich lieb Tragik, wie Komödie. Die bittersüsse Ironie, die ihr Schicksal nennt. Wenn ihr Aufwacht, werdet ihr eine zweite Gelegenheit für ein Leben – ein neues Leben – haben. Ihr müsst mir nur eine kleine Bitte erfüllen.“
Dr. Orma Kabhu saß am Cafeteria-Tisch und beobachte Dr. Stephan Faust und Agent Alice Peterson, die etwas nervöse umherstanden und versuchten, sich aus der peinlichen Situation, die die Anwesenheit der anderen Person bereitet, zu kommen. Der ganze Standort wusste, dass die beiden für einander schwärmten, außer den beiden.
Dr. Kabhu seufze und lies sein so typisches klares Lachen erschallen: „Die beiden sind so… lustig und es wärmt mein Herz, wie naiv sie sind.“
Dr. Felizia Zwingli blickte auch zu dem Forscher und der Agentin, die es geschafft hatten, sich still zu einigen, doch zusammenzusitzen: „Ja, es ist wahrlich lieblich, wie rein Liebe sein kann.“
Dr. Kabhu lachte erneut: „Ich könnt es nicht literarischer sagen. Was denken Sie, Dr. Ainsworth?“
Dr. Bell Ainsworth schnaubte: „Mich nervt es, dass sie so lange herumalbern, aber gleichzeitig habe ich vor Faust Ruhe.“
Der Agent, den die meisten unter Wolf kannten, schwieg.
„Ich habe ein komisches Gefühl…“, kam es doch von Wolf.
„Was meinen Sie?“, hackte Dr. Georg Sturm nach, der gerade zu ihnen gestossen war und natürlich erraten konnte um wen es ging, wenn alle in die Richtung schauten.
„Es ist lächerlich.“, Wolf zögerte immer noch, „aber ich habe irgendwie die Erinnerung, dass die beiden sich bis zum Eindämmungsbruch vor einem Monat, sich immer gestritten haben. Und doch reden wir, als seinen sie seit den ersten Treffen der beiden, ineinander verliebt. Es kling bescheuert, aber ich werde es einfach nicht los.“
Niemand widersprach. Wolf hatte etwas ausgesprochen, dass sie bisher nicht gewagt hat nur zu denken.
Hatte jemand die Realität geändert?