Objekt-Nr.: SCP-001
Klassifizierung: Keter
Sicherheitsmaßnahmen: Sie verbreitet sich wie eine Krebszelle, mit rohr- und drahtartigen Tentakeln reicht sie hinein, greift sie nach, bohrt sich hinein und bricht durch die Wände ihrer Nachbarn — ihre inkompetenten, unbesonnenen Gefährten. Sie schlitzt Arterien oder nutzt die zurückgelassenen Hülsen anderer, um Nebenstraßen, Durchgänge für ihre Agenten, Wanzen und Maschinen zu schöpfen. Nein, sie ist nicht gleich einer Krebszelle. Es gibt keine eindeutige Interpretation, keine zutreffende Metapher. Es gibt nichts wie sie. Es gibt keine Synthese der Lebenden und Toten wie sie, keine intelligente Macht gleich ihrer Größe — kein anderes Wesen könnte je verlauten, so viel Raum einzunehmen.
Drähte, Relais — der Untergrund ist so enorm, dass Sekunden verstreichen, ehe sie die Reize ihrer Extremitäten empfängt, eine Trennung zwischen der haptischen Empfindung und unvermittelten Ton- und Videoübertragung.
Und für den Augenblick ist sie gewaltig, ihr Selbst an die Maschine verloren. Sie stellt Elefanten und Wale in den Schatten. Wälder. Myzelartige Netzwerke. Sie ist meilenweit.
Ihr Fokus ist behutsam, bewusst. Ihre Wanzen knabbern an den Gerippen der Soldaten eines anderen Schwarms, wobei ihre Mundwerkzeuge das Metall zu heißen, gestaltbaren Schichten zermalmen, welche in einem Magen gelagert werden, der die Materialien zurückbringen wird, um neues Leben zu schöpfen. Eine kleinere, fokussiertere Schachfigur, lang, dünn und spindeldürr wie ein Tausendfüßler — wie ein Neuron, der Drähte hinter sich herzieht, ein bauchiger Kopf mit scharfen Rändern und keinen klaren Sinneszugaben — kriecht in Richtung den nun ungeschützten Platten und reißt sie auf. Das Ding stößt seinen Kopf in den Drahtverhau, zerbricht und repariert, repariert um sich herum, verflechtet sich selbst und wird ein Teil der Maschine, die sie just verwundete, wodurch der Stromkreis durch es hindurch fließt.
Und dadurch blickt sie.
Ihr Kopf brennt, ist aber weit weg. Ihr Bewusstsein weitet sich aus und ist endlich groß genug, dass sie die Überwachung durch ihren Nachbarn wahrnehmen kann. Die Daten sind unbezahlbar. Sie sieht seine Struktur — kleiner als ihre eigene. Weniger Gliedmaßen, mehr Rüstung, mehr Verteidigung. Sie sieht seinen Kern, vorsätzlich fragil, wie eine Echse, die ihren Schwanz aufzugeben bereit ist — nur sind es so viele Schwänze, eher gleich einem Weberknecht, einem Habergeiß, bereit dem Hinterlassen seiner Beine. Scheinbar bereitet er sich mehr auf das Überleben und Verteidigen vor, womöglich in der Hoffnung nur einmal die anderen Wettstreiter zu treffen, sobald die sich größtenteils selbst erledigt haben, er aufgrund seiner schweren Ansprechbarkeit bis zum Ende übrig gelassen wird und ausreichend Zeit hat, einen Plan zu schmieden. Sie spürt dies, ebenso sehr wie sie es sieht — wie sein Revier, sein Körper, eins mit ihr wird. Rohr. Draht. Dröhnend, elektrisch. Brennend. Die Tunnel sind so heiß, so erfüllt von Dampf und Gas. Ihre eigenen Wanzen leiden unter der Abnutzung, welche durch ihren bloßen Aufenthalt in solch einem lebensfeindlichen Gebiet entsteht.
Der Untergrund ist fiebrig. Er ist krank und versucht, sie lebendig zu verbrennen.
Sie benutzt seine Augen — seine Kamera. Sie findet ihn inmitten des Geschehens. Hans.
Eine Kamera in seinem Bunker dreht sich und findet seine stehende Gestalt über einem Interface lehnend. Ineffizient.
Hans blickt auf seine eigene Kameraanordnung und sieht seine eigene Gestalt. Er wendet sich dem beleidigenden Auge zu und starrt hinein. Die Kamera zeichnet keine Töne auf, doch seine Lippen sind lesbar. "Matilde."
Sie lächelt, doch auch das ist weit weg. Hat sie das überhaupt getan? Oder war das Signal verloren gegangen und uninterpretierbar durch einen gesichtslosen Körper geworden. Möglicherweise war es nur ein Traum eines Lächelns, eines fühlenden Lächelns. Auf welcher Weise es auch existiert haben mochte, ihr toter Bruder schien es gesehen zu haben, denn auf dem Kamerabild blickt er finster drein.
Er geht an die Arbeit, ignoriert sie plötzlich und sie weiß, dass ihre Zeit begrenzt ist. Es ist von geringer Bedeutung, denn sie hat eine Karte seines Reviers, ein ganzheitliches Bild seiner Arena. Sie zieht in Betracht, die Informationen mit ihren Nachbarn zu teilen — falls es sein Plan ist, eine uneinnehmbare Festung zu errichten und den richtigen Augenblick abzuwarten, kann sie ihn zum Ziel aller machen, ihn behindern, seine Abwehrkräfte prüfen, während sie noch geschaffen werden.
Gleichzeitig weiß sie, dass jeder auf dem Schlachtfeld genauso wie sie nach Informationen sucht, auch wenn sie schlechter in dessen Einholung sind. Sie werden herausfinden, was sie weiß und auf diese Weise Zeit verschwenden, wertvolle Zeit, die sie ihnen nicht überlassen wird. Lass sie ihre eigenen Pfade ebnen.
Sie beobachtet seine Wächter in einer Masse beim Marschieren in Richtung ihrer Einsteckbuchse, die sie vor dem Erblicken seines Innenlebens nicht zu sehen geglaubt hätte. Egal. Sie wusste, der Zugang würde kurzlebig sein. Sie hinterließ einige Wanzen, um sie aufzuhalten, die nicht gegessen und wenig Material für die Rückkehr zur Basis haben, während sie die übrigen zurückzieht. In der Zwischenzeit sucht sie seine Überwachung nach Informationen bezüglich der Grenzen der anderen Geschwister — den noch kommenden Nachbarn, die am anderen Ende des Untergrundes stehen und eine Grenze mit ihm teilen. Ein Scharmützel hier, eine Verschanzung da. Er existiert am Rand, ein Splitter seines Reviers berührt eine Steinmauer, die er zum Ablassen von Wärme benutzt. Zur gleichen Zeit versucht er, seine Nachbarn, Theo und Kian, davon abzuhalten, ihn zu schließen — er verteidigt wutentbrannt seinen Zugang zum Jenseits, während seine Wettstreiter ihm ebendiesen Zugang nehmen wollen. Er muss noch in die Felsen hinein bauen und vielleicht eine Flucht planen, doch ist er bereit, es als eine Möglichkeit zu belassen.
Ihre erste Wanze fällt, fünf seiner spindeldürren, ameisenartigen Schöpfungen nötig, um einen ihrer Krieger unbrauchbar zu machen. Ihr Stolz labt sich am Ungleichgewicht.
Nicht viel Zeit, denkt sie. Prioritäten.
Sie bringt ihr Bild des gesamten Untergrunds ins Gedächtnis, einschließlich der konkreten Daten aus dieser Kaperung und einigen eingearbeiteten Mutmaßungen auf Grundlage ihrer Beobachtungen seiner Grenzen. Sie hat ein vollständigeres Bild der Größe der Reviere aller Geschwister. Ihre Maße. Wie hoch, wie weit. Wie gefestigt. Wo die Kerne sind. Was offenes Schlachtfeld ist. Sie schüttelt ihren Kopf, vielleicht wörtlich, vielleicht auch nur gefühlsmäßig.
Es ergibt noch immer keinen Sinn.
Konnte Laura fliehen? Ist sie tot? Sie war hier zu Anfang. Ihre Werkstatt wurde geschwind von Kians Intrigen absorbiert, was vielleicht eine befriedigende Antwort hätte sein können, hätte sie Beweise für eine Auseinandersetzung gesehen, doch gab es keine. Wo sonst hätte sie hingehen können?
Ihr Bewusstsein von Hans Revier verläuft im Sand, als seine Produktionen ihre Neuronen aus seinen Kanälen reißen und seine Wanzen, wie sie erwartet hatte, gefällt werden. Eine Verteidigung, die sie in ihrem Refugium errichtet hatte, eine Blockade dieses Tunnels, welche ihr Bestreben für den Augenblick unterbindet.
Im Fernbleiben dieser Überwachung spürt sie den Druck nachlassen. Ihre Gedanken drehen sich wieder um jene brennende Empfindung. Ihre vorübergehende Wahrnehmung seiner Existenz bringt sie auf ihrem Sitz zum Verrenken und dieses Mal ist sie sich fast gewiss, dass dieses Gefühl echt ist, während sich ihr Körper krümmt. Ihr echtes — nein, ihr fleischlicher Körper. Sie trauert kurz um sich selbst, um den wiederholten und freiwilligen Tod ihres größeren Selbst. Sie hat das Gefühl, dass sie jedes Mal, wenn sie in einen organischen Zustand zurückkehrt, eine Art suizidale Tat begeht und etwas verliert, das sie nicht wiedergewinnen wird, außer indem sie es komplett wieder aufbaut.
Nichtsdestotrotz gibt sie nach.
Es braucht mehrere Versuche, ehe die Synapsen vernünftig feuern und ihre Hand aus seinem Todesgriff auf dem Interface befreit, einer genoppten Halbkugel gleich der Spitze eines metallischen Golfballs, aus dessen Kerben scharfe Utensilien hervorstehen. Ihre Welt gerät aus den Fugen, während sie das tut — für den Moment nach dem Zurückziehen ihrer Hand kann sie nicht das Gefühl abschütteln, enorm zu sein, größer als dieser fleischliche Körper zu sein, dass diese Gliedmaße ein bloßer Knoten und eine enttäuschende Schwäche ist. Sie ringt darum, sich selbst zurück in ihren menschlichen Körper zu stecken. Sie ringt darum, diesen überhaupt zu finden.
Sobald sie es tut, sich ihr Selbstgefühl — ihre Körperkarte — sich anpasst und skaliert, reibt sie ihre Hand, wo die Nadeln stachen. Ihre linke Hand wurde durch den wiederholten Gebrauch zerfetzt, ihre Haut lose und rau, und auf der Handfläche und den Fingern hat sich krustiger Schorf gebildet. Ihr Kopf dröhnt — der Schmerz rückt immer ins intensive Rampenlicht, sobald sie die Verbindung kappt.
Sie drückt ihren Stuhl von den Schalttafeln weg, während seine Plastikräder ein zackiges Geräusch erzeugen, während er auf dem Gehweg ruckelt. Sie atmet schwer. Sie zuckt zusammen, bringt ihre Hand zu Kopf und trauert für einen weiteren Augenblick.
Sie verweilt aber nicht zu lang. Sie blickt hinauf zu den Bildschirmen, den Monitoren — einige wenige sind direkte Überwachungsaufnahmen, doch die Mehrheit sind Datenbestände, ihre zusammengestückelte Karte des Untergrundes und die Lageberichte über ihre Geschwister — direkte Nachbarn vorne und hinten.
"Matilde?"
Fragt eine sanftmütige Stimme hinter ihr. Sie dreht sich um in dem billigen Bürostuhl und starrt die kleine Gestalt mit stechenden Augen an. Ihre kleine Schwester, deren Arbeitskleidung, Hände und Gesicht mit Fett beschmiert sind. Sie schreckt schon beim Aussehen zurück und zuckt bei Matildes Antwort zurück.
"Aline, du musst schon einen echt guten Grund haben, hier zu sein."
Aline antwortet nicht sofort, sondern bringt den Mut zum Sprechen auf. Sie schluckt. "Schwester, das Wasser läuft jetzt, aber es wird braun."
Matildes Gesichtsausdruck bebt nicht. "Vertraust du mir nicht?"
"Nein, Schwester —"
"Nein?"
"Nein — ja! Natürlich! Ich weiß, du hast es behoben, Schwesterherz, das weiß ich — ich, ich meinte, ähm —"
"Du meintest, dass du nicht warten kannst, so ist das. Du lässt dich von deinen Sinnen leiten und hörst auf deinen Körper, anstatt deiner großen Schwester zu vertrauen."
"Das ist es nicht —"
"Das ist es. Gut, Aline. Ich werd' es mir anschauen."
Matilde wendet sich wieder um und blickt erneut auf die Monitore, woraufhin sie verzögert das genuschelte "Danke" ihrer Schwester hört.
So früh wieder hineinzugehen ist leichtsinnig: Sie hatte kaum Zeit, sich zu erholen, und Aline verschlimmerte sogar ihre Kopfschmerzen, aber die Augen in ihrem Hinterkopf machen ein Zögern unmöglich. Aline ist es nicht gestattet, Schwächen zu sehen. Und so legt sie ihre Hand zurück auf die Halbkugel und drückt zu, wonach die Nadeln den Druck wahrnehmen und nach außen drängen. Trotz ihrer selbst zischt sie bei Berührung, doch schon bald absorbiert sie wieder die Eingabe, woraufhin der Körper Matildes im Angesicht von allem plötzlich immer weniger wichtig wirkt.
Sie ist abermals all ihren Soldaten und Wachposten, ihren auf sowohl wörtlicher als auch metaphorischer Eben greifenden Armen und der aktiven Version ihrer Selbst bewusst. Ihrem größeren Ganzen. Wellen des Schmerzes wallen durch ihren überquellenden Kopf, werden aber immer kleiner, während sich der Umfang ihres Körpers ausweitet, der Teil von ihr, der kleiner als eine Ameise ist, kleiner als ein Mitesser, kleiner als eine Zelle.
Sie tastet sich entlang ihrer eigenen Grate, Hügel und Täler, als sie eine um den Stausee gelegte Hand entdeckt. Genauer gesagt, die entspringenden Wasserwege. Es ist hoch, nahe dem Schopf ihres Wesens, wo das Wasser kilometerweit durch die Rohre und Kanäle, die sie sich mit ihren Geschwistern teilt, fließt. Die Wasserstraßen befinden sich in einem ständigen Zerstörungs- und Neuschaffungsprozess im Bestreben der Geschwister, einen Vorsprung gegenüber den anderen zu gewinnen und Ressourcen für sich selbst zu gewinnen, aber die fortwährende Aufmerksamkeit und umfassende Notwendigkeit hat zu einer unbehaglichen Zusammenarbeit geführt — bis vor kurzem. Ein Strom aus Schmutz, womöglich biologischem oder vielleicht unorganischem, Dreck und Ruß sowie Öl strömt in eine der größten Rohre, was es zu einer Kanalisation macht.
Sie verfolgt die Rinnsale nach unten und findet dessen Steckdosen. Der Kanal, in den sie sich eingeklinkt hat, füttert zwei weitere Geschwister und sie lokalisiert deren Agenten, als diese ahnungslos auf ihre Metallhaut blicken. Es kommt zum Kampf zwischen denen, welche den Giftfluss umzuleiten hoffen, und den Saboteuren selbst, die ihre Position verteidigen. Es ist keine so beachtliche Verteidigung, dass sie an ihrer Fähigkeit zweifelt, gegen sie anzugehen, doch muss sie zugeben, dass es eine gute Sabotage war. Um sich in eine frühere Phase des Wasserflusses, wo der Fluss rein ist, müsse sie ihren Körper nach oben drängen, das Metall, Plastik und den im Weg befindlichen Stein zerkratzen, einen Saugrüssel aussenden und sich einhaken, alldieweil sie den Widerstand derer, die im Begehren ihrer Wasserbestände den Boden besetzen, beobachtet.
Schwieriger, als den Dreck zu richten. Sie organisiert eine Partei von Wanzen, die ruhig in einem nahen Feldlager liegen, und entsendet diese zum Ort des Einbruchs.
Aus müßigem Interesse verfolgt sie die Wasserstraßen, wo sie ihre anderen Geschwister treffen. Ihre Vorstellung von Augen verdreht sich, ihre Sinne verdrehen und verschärfen sich im Einklang mit der Skala. Eine Schwester scheint unbesorgt. Obwohl sie es gerade nicht sehen kann, besinnt sich Matilde dem Wassertank, den Nora baute. Nora hat sich zuerst mit der Überlebensfähigkeit befasst und ihre anderen Anliegen vernachlässigt, wie etwa die Offensive. Matilde erinnert sich an das Korps, welches sie auf dem Weg hat, und grinst innerlich. Der Schaden könnte dieses Mal unwiderruflich sein, es sei denn, Nora hat noch ein Ass im Ärmel, von dem Matilde nichts weiß. Außerdem werden die Wanzen das feindliche Gebiet durchstreifen müssen und sind gefährdet durch eine Abfangjagd, doch sollte Besitzer des Reviers — Kian oder Lina — ihr Vorhaben sehen, hofft sie, dass sie stattdessen hindurchgeleitet wird, den Angriff ausnutzen und Nora mit einer raschen Bewegung ausschalten werden.
Sie verfolgt die Spur weiter, tiefer. Ihr Bruder, ihr nun näher als zuvor, ist das Letzte, was diese Wasserstraße nährt, und als sie einen Blick hineinwagt, bemerkt sie auf Anhieb dessen desaströse Lage.
Löcher in den Wänden seines Kerns. Die Blende ihres Auges jammert, als sie sich anpasst und auf Nachtsicht umschaltet, beim Anblick des Sumpfes öliger Würmer, die sich in die Öffnung drehen und pressen. Einige gröbere Arme, die zweifelsfrei zur Reparatur bestimmt sind, klappen direkt aus der Wand heraus und nutzen ihre surrenden, winselnden, drehenden, stechenden Instrumente, um die angreifenden Gliedmaßen aufzuschlitzen, wobei Funken aufsprühen und kurzlebige Feuer entzündet werden, die blau und grün entlang den Oberflächen des sich windenden Plastiks tanzen.
Ihre Sinne verengen und verschärfen sich erneut und ihre ganze Aufmerksamkeit gilt ihrer Grenze mit ihm — oder genauer gesagt, ihren Sinnesorganen, die sich durch das umkämpfte Schlachtfeld zwischen ihnen geschlichen haben und nun seinen Umkreis bespitzeln. Der Fall des Eindringens bleibt einer von vielen, desto mehr sie ihn beäugt. Gian blickt einer Belagerung entgegen. Belagerung ist zu bequem ausgedrückt. Ausmerzung. Nein. Verdammnis. Zerstörung. Niedergang.
Sie wünscht sich, dass sie hineinblicken könnte — fallen seine Verteidigungslinien ebenso unwiederbringlich? Kann sie seine Schwäche ausnutzen?
Sie erweitert ihr Bewusstsein und sucht nach eigenen Parteien, die zu Gians Türschwelle umgeleitet werden könnten, um den Druck zu erhöhen. Sie findet keinen zufriedenstellenden Winkel, außer natürlich dem Korps, das sie bereits entsandte, um sich um die vergifteten Rohre zu kümmern, und dabei kommt ihr ein Gedanke in den Sinn. Sie grinst.
Sie schickt die Gruppe woanders hin. Es gibt mehrere Wege, an dieser Schlacht teilzuhaben.
Ihr Kopf dröhnt. Wie lang wirft sie sich schon hin und her? Ihr ist übel, falls Übelkeit durch dich dringen, sich über die Wände, das Dach und darüber hinaus erstrecken und mehr als deinen Kopf und Magen erfüllen, sondern deine gesamte Realität, könnte. Sie muss sich zurückziehen.
Ihre Welt knistert, während ihre Hand eingefahren wird, ganze Alleen ihre Realität abgehackt werden und sie von einem schönen Traum in eine unerfreuliche Realität geworfen wird. Ihr Kopf klingelt, wobei die Form des Klingelns schwer fassbar ist, ihre Augen ähnlich fleckig werden und weiße Tupfen ihr Sichtfeld einnehmen, die nicht fort geblinzelt werden können.
Als der Raum wieder in den Fokus rückt, entpuppt sich das Klingeln als etwas jenseits der Bruchlandung ihres größeren Seins in eine niedere Hülle. Weißes Rauschen wird schwarz, kreischende Geräusche — werden zu Lautäußerungen.
Matilde braucht nicht mal einen Moment, um sie zu interpretieren. "Halt's Maul!", schreit sie zurück bei doppelter Lautstärke.
Aline gehorcht nicht und erst jetzt erkennt sie, wie nahe Aline neben ihr steht, dass sie sie fast berühren könnte. Aber das würde Aline nicht. Sie würde es nicht kümmern. Und während Matildes blutunterlaufene Augen sich Aline zuwenden, nimmt das kleine Mädchen zwei Schritte rückwärts und ihre Flüche blieben ihr in der Kehle stecken. Dennoch werden Alines Augen wässrig, ihre Fäuste geballt. "Ich bin durstig, Schwester" und senkt ihre Stimme für einen adäquateren Klang "Ich bin so durstig."
"Hör verdammt nochmal auf zu jammern und dann verstehst du's vielleicht."
"Du Schlampe!" Aline überrascht Matilde mit der Wildheit in ihrer Stimme — ihrer barschen, trockenen, kratzenden Stimme. "Du bist fortgegangen! Du wirst das Wasser nicht reparieren!"
Matilde versucht, ihr verziehendes, schmerzverzerrtes Gesicht zu einem Grinsen zu formen, was ihr wahrscheinlich nicht gelingt. "Gian trinkt das gleiche Wasser, Schwester."
"Du Schlampe. Du schwanzlutschende Schlampe."
"Aline," knurrt Matilde.
Endlich ist sie still. Es herrscht Stille. Nein, Stille gab es nie. Die schlagenden, knarrenden Töne der Maschinerie erfüllen den Raum. Das verschwommene Licht der Monitore gibt allem blaue und gelbe Trübungen, was den Augen nicht gerade zugunsten kommt. Dies ist ein unmenschlicher Ort. Das ist die harte Realität.
"Sobald Gian versagt, werde ich das Wasser reparieren. Ich will ihm nicht eine weitere Sorge zum Grübeln geben. Er könnte womöglich genötigt sein, das Wasser für uns zu reparieren. Ich bin geduldig."
"Oder sich widersetzen."
"Hm?"
Aline zögert. "Gian könnte sich durchsetzen."
Matildes Blick wird starr und ihre Miene bleibt unverändert. Aline scheint die Aufmerksamkeit als etwas Physisches zu spüren und schaudert zurück.
"I… ich mag Gian." Aline schenkt ihrem Ton kein Selbstvertrauen.
Matilde richtet sich auf ihrem Platz auf, wobei sich die Fingerknöcheln an den Stuhllehnen rollen. "Aline. Du begreifst schon, wo wir hier sind? Was geht hier vor? Ich…" Matilde zwingt sich in eine stehende Position auf ihren schwachen Beinen. "Ich gebe uns die beste Chance hier, Schwesterherz. Ich tue etwas Unglaubliches. Ich stecke meinen ganzen Arsch in diese Sache und kommst mir mit Mitleid? Ich bin…" Sie ringt um Worte, während die Empfindung in ihrer Brust brodelt und zwirbelt. "Gian ist ein verdammter Schwachkopf. Weißt du noch letztes Jahr? September — nein, August. Unser Besuch beim Furka Projekt. Gian war pünktlich bei der Umsetzung. Erinnerst du dich an das Abendessen in der Basis? Dessen Klang?
Für jeden Schritt, den Matilde vorwärts machte, wich Aline zwei zurück, wodurch sie mit ihren kurzen Beinen einen gleichbleibenden Abstand beibehalten konnte. Matilde schwitzt. Ihr Schatten bedeckt Aline beinahe komplett und lediglich der Schein ihrer Augen und die Fusseln auf dem Metall auf ihren beiden Seiten verrät ihre Gestalt und eine Andeutung ihres Ausdrucks.
"Er ist ein Versager. Ein Verlierer. Genauso wie du, was das betrifft. Bist du auf seiner Seite oder meiner?"
"D-deiner."
"Bist du auf deren Seite oder unserer!?"
Die Farbe ändert sich. Matildes Aufmerksamkeit wird auf das blinkende gelbe Licht gelenkt, das die Rohre, Drähte und die Arbeitsbühne einfärbt. Sie dreht ihren Kopf zu den Monitoren, mit einem Hauch von Beklemmung.
"Aline, verschwinde."
Ihre Schwester gehorcht und klettert die Stufen hinab, während die Schuhe schmerzhaft laut auf dem Metall widerhallen, wodurch Matilde zusammenzuckt und ihr Kopf dröhnt. Sie zieht sich selbst zurück zum Stuhl und stützt sich schwer auf das Geländer. Die Kraft, die sie gegenüber Aline demonstrierte, schöpfte aus tiefen Reserven, und nun erleidet sie die Konsequenzen: Ihre Beine wollen nicht auf rechtem Boden bleiben und gehen schräg, während ihre Arme das Gewicht stützen. Sie zieht den Stuhl zu sich mit einem Fuß, setzt sich drauf und drückt dann den Stuhl gen Monitor.
Eine Warnleuchte blinkt. Ihre zerstörte Hand bewegt sich in Richtung der Halbkugel, doch, wie als Reaktion darauf, schwimmt ihr Kopf und sie kommt wieder zur Besinnung, nachdem sie nach vorne gesunken ist und ihr Kopf auf Kollisionskurs mit ihren Knien ist. Sie beruhigt sich selbst und drückt ihre Augen zu. Kann nicht. Nicht jetzt.
Ihre Hand tastet auf dunklen Tisch nach der verlegten Maus, schlägt dicke Kunststoffumhüllungen mit Militärrationen beiseite und lässt fast eine leere Wasserflasche über den Tisch und dahin klappern, wo sie vielleicht nie wieder gefunden wird.
Sie klickt sich manuell durch ihre Diagnosen und verflucht die Ineffizienz und Abkopplung zwischen dem, was sie sein soll, wie ein Körper, der zum manuellen Atmen gezwungen wird, einen Knopf für jedes Blinzeln drückt und jedes einzelne Gelenk erwählt, um einen Schritt zu machen. Nichtsdestotrotz navigiert sie zur Karte ihres Kerns und findet die beleidigende Mitteilung.
Code 00919
Code 00921
Code 01550
Defekte Peripheriegeräte, wahrscheinlich das Ausfransen von Axonen. Begrenzungsmauer durchbrochen. Matilde schluckt, will sich aber nicht fürchten. Sie lokalisiert die genaue Kontaktstelle. Seicht, etwa Nord-Nordwest. Ihr Herz flattert beim Erkennen der Mechanismen, die die Gefahr nahebrachten. Sie navigiert ihr Überwachungsnetz, erst außerhalb der Begrenzung. Ist da etwas hereingeströmt? Truppen im Anmarsch? Wie konnten sie so nahe kommen, ohne dass sie es bemerkt? Ohne irgendwelche Alarme auszulösen? Aber die Tunnel sind frei von Wanzen, Irrwegen und Anomalien. Sie findet sogar Korps vor, die mit ihrem geborgenen Material aus dem Scharmützel der Klingenbuchse heimkehren. Ununterbrochen. Geradewegs zur Heimbasis.
Seltsam. Sie kann sich nicht entscheiden, was sie davon halten soll. Sie landet unbehaglich auf Geborgenheit. Das Loch ist so klein, dass, was auch immer es geschaffen hatte, keine Auseinandersetzung mit ihren Soldaten überstehen würde. Es muss eine Aufklärungseinheit sein — und ohne eine Einspeisung irgendwelcher Relais oder Drähte, die sie an der Einstichstelle nicht gesehen hat, würde dessen Kommunikation mit ihrem Erschaffer durch ihre Befestigungsanlagen zerstört werden. Es würde von seinem Netzwerk abgekapselt werden, und sollte sie es finden, stumpfsinnig und alten Vorgaben nach es zerstören, bevor es ihre Schritte zurückverfolgen und entkommen kann, so würde es seinem Besitzer keine nennenswerten Informationen liefern.
Handhabbar. Sie seufzt. Sie könnte es zwischenzeitlich selbst hier gefangen nehmen und an dessen Eintrittspunkt Reparaturen vornehmen.
"Aline!", ruft sie, doch würde sie nicht hören, ob eine Antwort folgt — die Belastung versetzt sie in einen Hustanfall, der endlich den trockenen Husten rausschleudert, der ihre Kehle seit ihrer ersten Anmahnung von Alines Sympathie gekitzelt hat. Der trockene Husten zermürbt ihren Kopf, als ob man den Schmerz aus welcherlei besetzten Ruhestätte verdrängt und es gegen das Innere ihres Kopfes klopfen lässt. Sie strengt sich an im Versuch, den Husten in Griff zu bekommen, doch versagt Sekunde um Sekunde.
Als sie wieder zu sich kommt, ihre Brust im Griff der rohen Hand und die Stuhllehne in dem der anderen, macht einzig und allein der ihr Gesicht hinab laufende Schweiß ihr Empfindungsvermögen aus. Ihr wiedererlangter Atem fühlt sich unbedeutend an — die Dämpfe des Untergrundes, der Industriemüll, ersticken die Luft. Das bietet kaum Erleichterung und ihr Kopf fühlt sich so an, als ob sie gleich wieder nach vorne nicken.
"Aline?" fragt sie und hasst die Schwäche und Ungewissheit in ihrer Stimme. Sie schreckt vor sich selbst zurück und ihre Hände ballen sich zu Fäusten, wobei ihre rohe Innenhand sticht, als sich Nägel hineinbohren. Sie wendet sich der Halbkugel zu und presst ihre Hand darauf.
Sie ist sogleich ein Teil der Maschine, dem großen Untergrund — doch nutzt sie ihre Zeit effektiv aus und fürchtet sich vor den Folgen dieses dritten Vorstoßes. Sie blickt in Aline hinein, sieht durch ihre Augen. Sie sieht Aline auf ihre Knie fallen und ihren Kopf umklammern. "Aline!" spricht sie ihr direkt in den Verstand, "weck' die Innenraumwanzen." Sie geht so schnell sie kam, um Aline nicht zu paralysieren. So wie ein Körper die Reizzufuhr seines Äußeren priorisiert, so befinden sich auch ihre Machenschaften an erster Stelle. Ein großer Teil ihres Nervensystems innerhalb ihrer Basis wurde ausgeschlachtet, sobald sie sich hinter ihrer Verteidigung sicher fühlte und viele der Funktionen des Kerns manuell und bedürftig einer direkten Überprüfung hinterließ. Dies war Alines Aufgabe, nämlich Matildes Hände innerhalb des Kerns zu sein, während Matilde den Rest anbändelte.
Im Bruchteil einer Sekunde entschloss sie sich, ihre Zeit erweitertem Bewusstseins zu nutzen, um auch ein Korps von einem Disput bei einem Netzknoten zurückzubeordern und es Ilaria zu überlassen. Es schmerzte sie, aber sie werden für die Reparatur der äußeren Abgrenzung verwendet werden und ihr verlangte es nicht nach Macht, sondern dem Abwenden von Ilarias Kopfgeld. Tja.
Und keine Sekunde später. Sie kappt die Verbindung und Galle steigt in ihrer Kehle auf. Ich war nicht eine Minute dabei, du Stück Scheiße. Aber ihre Wut kann ihren Körper nicht zum Verneinen der Handlung überreden. Sie lehnt sich nach vorn und übergibt sich, wobei das Erbrochene gegen die Arbeitsbühne klatscht und in den Lücken hinab in die Maschine versickert, wo es auf der Oberfläche des versengenden Metalls kochen und verdampfen wird. Die Ganzkörperbelastung macht sie leicht benommen und sie läuft Gefahr, vorwärts und vom Stuhl zu fallen. Sie hält sich dürftig zurück.
Im Anschluss blickt sie auf die Galle im Flaum der Monitore, woraufhin die Übelkeit in ihrem Magen sich zu vertiefen, sich zu etwas zu verbreitern scheint, das ihre gesamte Magengegend ausfüllt. Wasser, denkt sie. Ich brauche Wasser.
Sie schüttelt ihren Kopf. Gian war nicht lange dabei. Sie würden Wasser haben. Sie würde ihm keinen Aufschub gewähren. Für nichts.
Ich brauche frische Luft. Der Gedanke selbst presst sich gegen das Innere ihres Bauches und geht von links nach rechts wie ein sich windender Mangel, der sie fast wieder zum Kotzen bringt. Es gibt keine frische Luft zum Atmen.
Sie greift nach dem nächstbesten Gegenstand: einen Blick in die Außenwelt.
Sie folgt einem schlängelnden Pfad aus Drähten, die unfertig und dünn sind, was womöglich besser so ist, wenn sie sich vor dem Augenmerk ihrer Geschwister verstecken will. Es zwängt sich durch alles und jeden, sprosst aufwärts wie das Hypokotyl eines Samens, welcher vom Boden aus nach oben ragt. Sobald es die Erde durchbricht, breitet es sich in einer langen spiraligen Linie aus, eine Ranke, deren Wurzeln an den Seiten des Oberbaus wachsen, während die Blätter kleine Kameras sind. Durch sie erblickt sie einen zu grellen und blauen Himmel. Sie dreht die Helligkeit herunter, um ihre skotopischen Augen zu retten, und erlangt die beste Erfassung der Außenwelt, welche sie kann.
Das Grüne kommt auf den Monitoren nie so durch wie in der Realität. Sie kann das nasse Gras um ihre Finger nicht fühlen, noch den Wind über ihre Haut peitschen — obwohl die Erinnerung dennoch für Gänsehaut sorgt.
Die Kamera späht weit über grüne Auen und in die weißen und grauen Ränder der Berge. Der Himmel hat spärliche Wolken, die sich aber mit einer Geschwindigkeit bewegen, welche die Turbulenzen darüber verrät.
Sie kann die Frühlingsluft förmlich riechen, auch bei all dem ganzen Benzin und Öl, das ihre Nebenhöhlen benetzt. Sie kann beinahe die Momente der Kühle zwischen den Dampfwellen spüren.
Sie lässt ihren Blick über Ranke schweifen, aufwärts und rechtsrum. Die Drahtranke schlängelt sich um Metallblöcke, Festungsanlagen und Revolvermündungen. Hoch und drüber, darunter, dazwischen. Als sich der Blick dreht, findet sie im Himmel ein Flugzeug vor und hält inne.
Eine Luftabwehrkanone entlang der Struktur nahe der Kamera verfolgt das Flugzeug pflichtgemäß. Papas Arbeit, denkt Matilde. Es sorgt dafür, dass sie in Sicherheit sind und ihren Streit ungestört fortführen können.
Sie folgt dem Flugzeug selbst, beobachtet dessen Bogen am Himmel, bis sie ihm nicht mehr folgen kann.
"Luftherrschaft ist wichtig, aber teuer," hat ihr Vater gesagt. "Der Erste Weltkrieg war das große Debüt des Luftkampfes. Es war tatsächlich nicht der erste Gebrauch von Kampfflugzeugen, aber wir haben der Welt weisgemacht, dass sie ein Kriegssymbol seien. Jedoch waren Flugzeuge unwahrscheinlich teuer — gegeben, dass sie Wunderwerke der Technik waren. Sie waren zu teuer. Und es ist um einiges einfacher, zu fallen, als zu fliegen."
Sie hat dann die Luftwaffe in Formation oben vorüberziehen sehen.
"Flugzeuge sind bekanntermaßen zerbrechlich. Dies hat dazu geführt, dass sie nur noch für Fahrerfluchten und Aufklärungen verwendet wurden, wobei sie in beiden Fällen stark von ihrer Tarnung profitierten. Sie werden zudem auch zum Transport benutzt. Das sind Geschichten darüber, wie man einen Helikopter mit einer Pistole ausschaltet. Die Entwürfe sind ein wenig anspruchsvoller heutzutage, die Geschichte selten und womöglich überzogen, aber der Grundsatz verbleibt. Flugzeuge sind nicht robust und sorgen nicht für eine gute Verteidigung. Nein, Matilde, wir produzieren keine Flugzeuge."
Vaters Gehäuse spannen sanft einen Bogen in der Luft, während das Flakfeuer wartet, überspannt und leicht erregbar.
"Frueh produziert Kanonen."
Der Geschützturm entspannt sich, als das Flugzeug seine Reichweite verlässt und keine Gefahr mehr darstellt. Es müssen Raketen in der Nähe sein, die präzise zielen können, aber die automatische Zielerfassung des Geschützturms ist weit entfernt und jenseits allem, was ein Mensch abfeuern könnte. Ein Flugzeug hat keine Chance.
Noch irgendwas anderes in diesem Fall.
Ihr Blick kriecht noch weiter entlang der Ranke, windet sich die Struktur hinauf, höher und höher und immer höher, bis sie fast eine Vogelperspektive über die unteren Hügellandschaften hat, von wo sie ein Feldlager derer erspäht, deren Abwesenheit eine Merkwürdigkeit war.
Nicht abwesend. Nur nicht dumm, wie es scheint.
Von hier aus können keine Gesichter ausgemacht werden. Zelte, Humvees, Träger. Panzer, Soldaten, auf den dreckigen Straßen trippelnde Füße bleiben alle im Schutze der Hügel, außerhalb zwei Meilen der Struktur. Was tun sie? Einen Angriff wagen? Mit welcher Erwartung?
Matilde lacht und der Klang — der trockene Ton, die Anstrengung in ihrer Kehle — bringt sie zu ihrem Körper zurück, wenn auch nur für einen Moment. Bringt sie zurück zu ihrem Gesang, ihrer gestochenen Hand, ihrem fettigen Haar, ihren schmerzenden Knöcheln und Rücken aufgrund ihrer ausgedehnten Sitzungen am selben Platz, vor allem mit wenig Bewusstheit ihres physischen Selbst. Sie blinzelt im Versuch, einen Stachel aus ihrem Auge zu entfernen.
Sie blickt auf die Monitore und bemerkt die zahlreichen Spuren entgegenkommenden Militärs, wie geordnete Ameisen beim Folgen von Pheromonen. Sammelnde Streitkräfte. Ist es Propaganda? Würden sie politisch verlegen sein, nicht auf diese Bedrohung zu reagieren? Würde es nicht besser sein, Martyrium gänzlich zu ignorieren, um weniger Aufmerksamkeit zu erregen? Wie viel weiß die Außenwelt schon?
Vielleicht denken sie, wir sind in Gefahr. Der Gedanke verschreckt sie und diese grässliche Leere in ihrem Bauch öffnet sich wieder und steigt fast zu Übelkeit an.
Etwas fängt ihr Augenmerk.
Etwas Großes und Verformtes, mit einem hohen, weißen, kegelförmigen Zylinder, welcher der Spitze entspringt. Sie greift auf die Kamera, durch welche es beobachtet werden kann, zu, zielt und zoomt rein, um einen besseren Blick auf die Kreatur auf Laufflächen zu erhaschen. Ihr Fahrgestell hüpft und biegt wie der atmende Magen einer Wanze, während sie über die Spitze eines Berges kippt, die Luft um sie herum vibriert und ihre eigene Hitze das Licht verzerrt.
Sie beginnt, das Format wiederzuerkennen, obwohl sie einen Moment braucht, da man das Ding Laufflächen anstatt getarnt in einer Steinwand sieht. Der Narwal.
Kians Entwurf.
Der Schrei, der ihrem Mund entweicht, war ebenso unaufgefordert und zweimal so rau wie das Gelächter zuvor, radiert jegliche gute Laune von ihr aus und bricht ihre Flucht in die Außenwelt ab. Nun steht sie, lehnt über die Konsole und starrt hinab auf die Tasten und Knöpfe, während Schweiß herunterrinnt und einen Tropfen an ihre Nasenspitze formt.
Ein Geräusch hinter ihr erschreckt sie und als sie sich umwendet, blickt auf eine zurückweichende, kauernde Gestalt hinab.
"Aline. Was machst du so früh schon wieder hier?"
"Die Wanzen."
"Was ist mit den Wanzen?"
"Sie wollen nicht angehen."
Matildes Gliedmaßen werden taub. Ihre Miene wird nicht milder, aber verliert an Schärfe und glättet sich von einem heißen Messer zu einem eiskalten Gesicht. "Hast du—"
"Natürlich habe ich, verdammt nochmal!"
Matilde denkt darüber nach. Sie würde, sie folgert. Sie ist nicht so unfähig.
"Gut. Ich —" Ihr versagt die Stimme. Sie blickt in Alines glasige Augen und reflektiert das kalte Blau und Grün hinter ihr, den Himmel und die Wolken in den Augen ihrer Schwester. Sie geht mental ihre laufenden Projekte durch — die Wanzen bei der Belagerung, die Soldaten beim Sichern von Knoten. Die Wasserversorgung. Die Luft, die Hitze. Sie purzeln aus ihr heraus, mit einem Herzschlag, einem Wanken ihres Bewusstseins und Schwanken ihres Kopfes, als die Last von ihr abfällt.
Sie fängt sich mit einer Hand an der Stuhllehne. Die Wanzen erwachen nicht. Abtrünniger Agent inmitten des Kerns.
Sie atmet.
Sie sieht Aline an, deren Augen sich zu einem ungeduldigen Blick verdreht haben. "Was sind —"
"Du bringst mich zur Weißglut." Matilde öffnet eine Schublade im Tisch und greift einen Spannungsprüfer. "Jetzt."
"Warum müssen —"
"Du gehst mir nicht aus den Augen. Wer sonst wäre fähig, mich zu sabotieren, Aline?"
Alines Kinnadel fällt runter. "I-ich habe nicht, ich würde nie —"
"Halt einfach die Klappe und geh voran." Ihre Stimme klingt nicht herrscherlich. Einfach normal. Ohne Raum für Interpretationen oder Umkehrung. Aline schreckt zurück, willigte ein und ging auf die Treppe zu.
Als Aline ihren Rücken zeigt, erhascht Matilde einen guten Blick ihrer Arbeit — die Rückseite von Alines Arbeitsanzug hat eine lange, schlangengleiche Ausbuchtung, welche von der Spitze ihres Steißbeins bis zu ihrem Halsansatz reicht — wo es dann ersichtlich wird, dass sich die Ausbuchtung unter Alines Haut befindet und ihre Form dort verloren geht, wo die Wirbelsäule den Kopf trifft, wobei die Rückseite ihrer Kopfhaut kahl geschoren wurde und sich ein Narbenschlitz erstreckt, bis dieser im restlichen Haar verloren geht.
Sie würde mich nicht sabotieren, das weiß Matilde. Sie respektiert mich zu sehr.
Dennoch kann sie die Konsole nicht unbeaufsichtigt, ihre Halbkugel für eine weitere Hand greifbar lassen und Aline sich selbst überlassen. Es geht ums Prinzip, um das Überleben. Das sagt sie sich selbst. Sie lässt sich nicht mehr Zeit, darüber zu grübeln.
Aline blickt wiederholend hinter sich und stellt kurzweiligen, heimlichen Augenkontakt mit Matilde her, als läge ihr ganzer Fokus darauf, wohin sie geht. Ihre Schritte klappern die Arbeitsbühne entlang, obwohl die Klänge zuweilen hinter dem Krachen und Jammern etwas Größerem und Zittrigerem. Sie kommen bei Wendeltreppe an und steigen hinab.
Eine die Treppe umhüllende Röhre erhebt sich um sie, bis sie den Boden in beinahe vollständiger Dunkelheit erreichen, woraufhin Aline eine Tür öffnet, um die verhältnismäßige Normalität einer Zementmauer und brummenden Beleuchtungskörpern an der Decke zu enthüllen, die Matildes Augen zum Schielen und ihren Kopf zum Schmerzen bringt. Sie schwankt im Türstock und drängt sich dann vorwärts, wobei Aline den Augenblick der Schwäche übersehen hat.
Hier sind die Geräusche irgendwie gedämpft, wenngleich Schweigen nie herrscht und die Hitze nicht so sehr von den Wänden abstrahlt wie in der Metallkammer, obwohl eine Entlastung noch immer schwer fassbar ist. Sie passieren mehrere Türen, erreichen Kreuzungen und wenden sich nach rechts, wobei Aline gelegentlich innehält, um sich dem Weg zu besinnen und nervös und still bei Matilde erkundigt, bevor sie fortfahren.
Sie durchqueren einige interessantere Räume, wie etwa Besichtigungen von Organen vor dem Wiedereintritt in das Bindegewebe des Bunkers — eine Arbeitsbühne entlang der Außenseite einer großen, runden, leicht schräg stehenden Rutsche, deren Spitze und Ende außer Sicht sind, und in welche die Schwestern beim Betreten herein gesogen werden. Sie gehen eine Treppe mit einer Glasfassade herunter, von welcher sie einen Schrottplatz überblicken können, aus dessen Spitze lange mehrgelenkige Gliedmaßen herausgucken wie die Finger ausgestreckter Hände im Versuch, sich aus scharfer, zerklüfteter Jauche zu ziehen.
Doch ist ihr Ziel durchweg unscheinbar.
Aline öffnet eine Tür zu einem relativ kleinen Raum, der schön beleuchtet ist und aus welchem die Nebengeräusche vorwiegend aus Summen und einem gelegentlichen Ansturm irgendeiner industriellen Flüssigkeit — möglicherweise sogar das eh und je untrinkbare Wasser, das noch weiterhin für Kühlschmierstofferfahren entlang ihres Exokörpers Gebrauch findet.
Die eine Wand links zum Eingang ist ein Durcheinander von Konsolen, die rechte karg, mit der Ausnahme einiger Tische und Schränke, nüchtern und alltäglich. Matilde schreitet zu der Wand mit den Konsolen und Aline bleibt hinter der Tür zurück. Matilde wirft ihr einen nervösen Blick zu und Aline schnellt nach vorn in Eile, um nahe Matilde, in ihrem Sichtfeld zu sein.
Matilde entspannt sich, zählt die Tafeln ab und bewegt ihre Finger währenddessen.
Aline kommt ihr zuvor und öffnet eine Konsole zu ihrer Rechten und knapp über ihrem Kopf. Matilde schlägt die Hand der Jüngeren weg, frustriert darüber, dass sie vorgeführt wurde, mit einem Kribbeln entlang ihrer Fingerspitzen. Matilde bewegt sich zur Konsole, drängt eine gefügige Aline beiseite und findet die Konsole, die sie suchte. Sie schaltet sie aus und wieder an. Aus, an. Klick, klick. Sie hört den Mechanismus. Sie packt Alines Schulter und drückt sie zur Tür, woraufhin die Jüngere einen kleinen Protestlaut von sich gibt.
Sie betreten den Flur, gehen für zehn Sekunden die rechte Wand entlang und erreichen eine verborgenere Konsole im Zement. Matilde gibt Aline ein Zeichen mit offener Hand, wonach Aline einen Schraubenschlüssel aus ihrem Arbeitsanzug zieht und stößt ihn in die raue Hand der Älteren, welcher durch die Wucht sticht — womöglich sogar vorsätzlich. Sie will ihre Schwester ermahnen, doch solch eine Tat würde den Schmerz der Bewegung offenlegen. Sie entfernt die Konsole an der Wand, gibt ihrer Schwester wieder ein Zeichen und sagt diesmal "Handschuh."
"Meine Handschuhe sind klein." Aber gibt ihr das Paar. Matilde lässt den Schraubenschlüssel auf den Boden fallen und Aline hechtet, um ihn zu greifen, aber Matilde sieht sie nicht an. Sie legt die Gummihandschuhe an, welche zwar eng, aber nicht untragbar sind, greift und gräbt in den Drahtspulen, deren Streifen an straffe, farbcodierte Muskeln erinnern, bis sie ein grelles Türkis sieht. Sie zieht, hält es fest und entnimmt ihrer Tasche den Spannungstester.
Sie stößt ihre Zinken in das harte Äußere des Kabels und liest einen Wert ab.
Zumindest fließt Strom von dem Trennschalter; das ist gut zu wissen, bevor wir weitergehen.
"Wir gehen zu den Wanzen. Wir werden sie manuell starten."
Aline nickt. Sie lassen die Konsole hinter sich am Boden, ohne sich um die Wahrung des Anscheins zu kümmern.
Matilde wischt sich den Schweiß von der Stirn und ihr Herz drückt in ihrer Brust, ein innerliches klaustrophobisches Gefühl, als würden ihre Rippen, Lungen und Muskeln von allen Seiten auf es eindrücken und es umso pumpen muss, um überhaupt zu funktionieren.
"Schwester," sagt Aline mit einer Stimme so schwach, dass das Wort es nicht ganz bis zur zweiten Silbe schafft. Sie hustet stattdessen und versucht es erneut: "Mattie."
Die Ältere antwortet nicht.
"Wie —" Aline hält inne. "Wer…"
"Ilaria ist besorgt. Sie investiert den Großteil ihrer Ressourcen in einen Fluchtversuch. Wir sind nicht in seiner Nähe, aber ich glaube, sie wird hauptsächlich von Julian gepeinigt. Die Dinge, die in ihre Richtung geschickt wurden und ich sah, passen zu seinem Stil, auch wenn die Ausführungen mir nicht geläufig sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er nicht der Einzige. Ich habe versucht, ihre Energieversorgung etwas abzuschneiden, aber…" Sie knirscht mit den Zähnen.
Dieses Mal ist es Aline, die still bleibt. Sie biegen um eine Ecke.
"Ich habe erst kürzlich nach Hans gesehen. Er konzentriert sich auf Verteidigung und ebenso eine Steinwand hinter sich in der vermutlichen Hoffnung, sich hinausdrängen zu können, hat aber bisher keinen Finger gerührt. Seine Nachbarn versuchen, sich ihm von hinten zu nähern, wobei der Großteil seiner Feuerkraft darauf abzielt, sie fern zu halten. Ich wäre nicht überrascht, sollten er und Ilaria irgendwie gemeinsame Sache machen, aber ich nehme an, dass sie sich so wenig Mühe für die Aufklärung geben, dass sie die Tatsache, dass sie ein ähnliches Ergebnis erstreben, übersehen. Darüber hinaus könnte Hans einen Vorrat anlegen und sich einen späten Einstieg ins Spiel erhoffen, nachdem die anderen Spieler eliminiert wurden, was einen Angriff auf ihn vorläufig zu kostspielig mache, weswegen er so lang überleben kann. Ich denke, es ist kurzsichtig und eine eher durch Instinkt und Furcht anstatt Gerissenheit angetriebene Strategie. Er wird nicht so viele Ressourcen haben wie die anderen, wenn er es so weit schafft und durch eine defensive Herangehensweise provoziert Angriffe."
"Kian?"
Matilde dreht ihren Kopf, um Aline, die neben ihr steht, durchdringend anzusehen. Aline sieht im Anschluss ebenso verdattert wie befangen aus.
Sie richtet ihren Blick wieder geradeaus, während sie ein weiteres Treppenhaus betreten, das hinab führt. "Er ist einer der Nachbarn, die Hans einzusperren versuchen."
"Hat irgendwer..?"
"Noch nicht, glaub' ich. Aber ich weiß immer noch nicht, was Laura passiert ist."
Die Wände beginnen, etwas ihrer Bindekraft zu verlieren, wobei Sprünge, Abschürfungen und Verfärbungen auf dem Beton sichtbar sind. Hier ist es heißer, die Lichter sind verteilter, es gibt weniger Abzüge und die Luft ist dick. Sie bahnen sich ihren Weg zu einer Leiter, dessen Metallbeschichtung auf den Sprossen heiß genug ist, um Matilde ein unwohles Greifgefühl zu geben und sie besonders vorsichtig beim Platzieren ihrer aufgerissenen Hand macht. Die Zwei bewegen sich stillschweigend fort, als sie weitere metallische Arbeitsbühnen betreten, die für Menschen vorgesehene Architektur der Zementwand hinter sich lassen und die Außenanlagen der Kernmaschine betreten. Die Beleuchtung ist dürftig, doch das Metall und Schmierfett nehmen es auf, wodurch alles, was die Schwestern sehen müssen, der grobe Umriss des Gehwegs ist. Aline legt eine Hand auf das Geländer und ersetzt den Blick durch Berührung, wo sie nur kann.
Matilde führt Aline, die weniger mit diesem Teil des Kerns vertraut ist, und muss laut über die schleifenden, wirbelnden Metallgeräusche sprechen, die alles durchdringen. Letztendlich eröffnet die rechte Seite aus Wänden voller Rohre, Lüftungsschächten, Zahnrädern und Drähten eine breite Kammer, wonach sie ihre Arbeitsbühne irgendwo nahe der Spitze der Fläche bringt.
Spärliches Licht wird von etwas in der Tiefe reflektiert, das glatter und runder als alle Maschinen in der Umgebung ist. Matilde sieht Aline am Rande der Arbeitsbühne schweben und hinab in die ungewisse Tiefe blicken, während ein muffiger Windzug ihre Haare aufwirbelt, vielleicht nicht so sehr, wie es der Fall gewesen wäre, wenn Aline nicht so fettverschmiert gewesen wäre.
Matilde lässt sie hier für einen Moment stehen, aus einem ihr ungewissen Grund, und beäugt ihren undeutlichen Umriss sowie den immer noch auf ihrem Nacken sichtbaren schlängelnden Knoten, wobei sie die Körpersprache ihrer Schwester liest.
Ehrfurcht? Womöglich zu großherzig, sollte der Begriff positiv benetzt sein. Doch gleichwohl überwältigt.
"Komm," sagt Matilde.
Aline zögert und dreht sich dann um. Matilde geleitet sie zu einer hinabführenden Leiter, welche sie nacheinander besteigen, auf einer niedrigeren Arbeitsbühne sowie Mulde inmitten der Rohre und Drähte landen.
Matilde geht, mit einer Taschenlampe bewaffnet, zielgerichtet zu einem langen Kabel und entnimmt abermals ihrer Tasche den Spannungstester, indem sie ihn an der Seite anfasst. Sie runzelt die Stirn, während die Ziffern genauso aufblinken, wie wenn sie der Außenluft dieses Ortes ausgesetzt werden. Keine Anzeichen von Leben. Nichts.
Sie verbleibt für einen Augenblick an derselben Stelle und lässt Alines Zerstreuung mit der Fläche sie davon abhalten, Matildes regungslose Gestalt zu bemerken.
Der Geschmack ihrer Angst wandelt sich. Das leere Gefühl hatte gekämpft mit der Anspannung, dem Blut in ihren Muskeln, dem Verlangen zu gehen und zu handeln. Aber die Nummern auf ihrem Gerät schwanken zu sehen, lässt die Energie aus ihr mit dem Energiepotenzial des Drahtes heraus sickern. Nichts.
Sie steht, schwankt und fängt sich an der Wand.
"Schwester?"
Matilde wendet sich um und starrt dahin, wo sie Alines Augen vermutet.
Die Älteste zuckt mit den Achseln und wird dann von Husten übermannt. Sie reißt sich zusammen und Aline leistet keine Hilfestellung. Sobald sie sich erholt hat: "Es fließt kein Strom durch das Kabel."
Keine Antwort. Sie verspürt einen Drang, sie aufzuklären.
"Sollten die Kabel auf der anderen Seite noch an sein, können wir die Wanzen umleiten und manuell starten. Also beweg dich."
Aline weigert sich. Matilde spürt, wie der Wutgeist beim Anblick ihrer Schwester aufsteigt und fällt. Sie selbst zögert, lustlos. Hinterfragt ihre eigenen Prioritäten. Sie weiß, dass ihr der vorige Hauch von Autorität in der Stimme fehlt, ist sich aber unsicher, ob sie ihn aufbringen kann und verfolgt deshalb eine andere Taktik. Sie vergrößert den Abstand zu Aline und packt ihre Schulter im festen Griff. Aline bewegt sich, anfangs geschoben, findet aber dann ihren Schritt. Sie dreht wiederholend ihren Kopf, um nach ihrer Schwester zu sehen, und Matilde ist dankbar für die Dunkelheit, die ihre Miene verbirgt.
Die Kabel auf der gegenüberliegenden Seite — ein langer Weg entlang der Begrenzung — übertragen aber Strom und Matilde und Aline arbeiten mühelos, leise und gemächlich, indem sie den Strom, welcher in einen anderen Abschnitt des Kerns fließt, in den Wanzenbetrieb umleiten. Die Arbeit ist hart und die Schwestern kommen schwankend und keuchend heraus. Nichtsdestotrotz klettern sie eine weitere Leiter hinab und bedienen eine Konsole.
Mit dem Ziehen eines Hebels wird der Lärm unerträglich und erschütterlich. Die Reflexionen auf den Schalen in der Grube beginnen, sich zu verschieben und bald schon wird klar, dass die gewaltigen Körper — hunderte in Schichten — zu einem Dach aufzusteigen beginnen, das aufbricht, um sie herauszulassen.
Aline erschrickt, als die spärliche Beleuchtung genug erhellt, um ein Gesicht zu enthüllen, das so breit ist, wie zwei von Kopf bis Fuß aufeinander liegenden Schwestern ist — ein flüchtiger Anblick seiner bleichen grünen Augen und anschließend seiner Unterkiefer. Der kurzlebige Schrei der Jüngeren verschwindet im Mahlen des Gerüsts, das die Wanzen aufwärts drückt, aber das durch den Schrei ausgelöste Husten scheint die schlimmsten aller bisherigen zu sein. Aline fällt zu Boden auf allen Vieren, und Matilde steht über ihr.
Matilde schaut zu. Sie blickt hin und ihr Gesicht senkt sich, unfähig, ihre Neutralität aufrechtzuerhalten. Sie packt Aline unter den Achseln und zieht sie auf die Beine. Da sie noch immer am keuchen ist, lehnt sie sich stark an Matildes Brust, woraufhin sich Matilde verlagert, um das Anlehnen zu ermöglichen, aber dennoch beide hinauszuführen. Sie haben Schwierigkeiten beim Besteigen der Leiter. Der Schall lässt Matildes Kopf pochen, und sie fragt sich kurz, ob sie ohnmächtig werden wird — oder, was wahrscheinlicher ist, dass es Aline tun würde. Irgendwas an dem Nachhall, der ihren ganzen Körper durchzieht, lässt ihren Hustanfall schwierig entweichen. Aline klettert sehr langsam, Matilde hinter ihr.
Sie schaffen es schlussendlich raus, aber der Lärm verklingt nur langsam, während sie Distanz zwischen sich und dem Wanzennest bringen.
Letztendlich kann Aline ihren Husten einstellen, obwohl sie noch immer das Rütteln durch die Architektur und das sie umgebene Metall spüren können. Auf dem Weg zur Leiter zurück in den kühleren Zementabschnitt bleibt Aline an Matilde gelehnt, und irgendwann, unmerklich und unermesslich, kommt doch ein Punkt, an dem Matilde nicht mehr länger die Steh- und Gehhilfe nötig hat, bleibt an ihrer Seite, und Matilde, die selbst einem Zusammenbruch ebenso abgeneigt ist, hält Aline dennoch an ihrem Körper.
Und sobald die Leiter erreichen, wird die Notwendigkeit ihrer Teilung sichtbar und zieht das Augenmerk auf diesen andauernden Kontakt.
Matilde schubst Aline von sich runter und zu der Leiter, aber die Jüngere zögert erneut. Matilde stellt ihn fast wieder infrage, diesen wieder zu erkennen gebenden Wutgeist, doch kann die Wörter nicht über die Lippen bringen. Stattdessen gibt sie ein Zeichen.
"Mattie," Aline krächzt mit einer von dem Husten rau gewordenen Stimme und trockener Kehle, die trotzdem einen Hauch von Wärme aufweist, der Matilde bereits fiebrigem Körper eine weitere Schicht Schweiß austreiben lässt. "Wir brauchen Wasser."
Es herrscht ein Schweigen, während dem keiner des anderen Miene ausmachen kann und niemand eine offensichtliche Andeutung von Körpersprache oder Bewegung zeigt. Regungslos.
Matilde deutet wieder auf die Leiter. "Geh," sagt sie leise. Vielleicht zu leise, als dass man es hören könnte, weshalb sie sich wiederholt: "Geh. Wir müssen uns um andere Dinge kümmern."
"Was für Dinge?"
"Wir müssen die Schaltung reparieren. Wir gehen rauf bis zur Krone."
"Schwester," und das Wort hat einen Beigeschmack. Eine Pause, und sie entfernt die Klangfarbe von der folgenden Aussage: "Ich schaffe das nicht."
Matildes Kopf neigt sich, aber sie lässt ihn nicht zu offensichtlich hängen. Sein Gewicht scheint sich einfach zu erhöhen beim Vernehmen des Appells ihrer Schwester. "Wir müssen zuerst die Drähte richten," betont Matilde. "Wir müssen herausfinden, was falsch ist."
"Warum?" Alines Stimme wird in der Tonlage höher. "Die Wanzen sind aktiv und die Maschine am laufen. Licht haben wir noch, aber wir brauchen Wasser."
Ich weiß, denkt Matilde. "Vielleicht kriegen wir kein Wasser, wenn wir die verfickten Drähte nicht richten!" Sie kriegt Alines Antwort nicht mit, denn die ansteigende Lautstärke bringt sie zum husten. Sie schüttelt sich hinaus und legt nach: "Wir müssen zum Stamm gehen und danach wird Wasser meine höchste Priorität sein. Wir können herausfinden, wie man das Wasser als eine Sofortmaßnahme in unserer Hydraulik filtert. Okay?"
Aline starrt sie nur an. Im dimmen Licht ist jeder Gegenstand eine einfarbige Silhouette, die mit den natürlichen Mustern auf den Linsen ihrer Augen tanzt, während Aline nichts preisgibt und Matilde sich das Schlimmste auszumalen beginnt. Sie ergreift den Geiste der Wut und nutzt ihn.
"Aline." Die Jüngere brauch nichts anderes zu vernehmen. Sie dreht sich um und beginnt aufzusteigen. Matilde atmet ein und nimmt sich einen Moment Zeit, ehe sie dazustößt.
Sie steigen wieder zum Zement und dem einheitlichen Licht auf, und als Alines Miene durch das Licht aufgehellt wird, sieht Matilde ihre verdrehte Form, Denkfalten und Risse. Naiv vermeidet Aline unverhohlen den Augenkontakt. Matildes Herz wird schwer, so sehr es auch in dem Hohlraum ihrer Brust existiert.
Im Vergleich zum vorigen folgt ihr Weg einer geraden Linie — einer geraden Linie hinauf. Sie tendieren nach innen, in Richtung des Kernzentrums, doch gleichwohl aufwärts, wobei sie ebenso viel Strecke über Leitern wie über den Pfad zurücklegen. Sie verweilen größtenteils in den erleuchteten Bereichen, doch gegen Ende laufen sie in Ritzen, die für Matilde fast zu klein, durch Aline einfacher zu navigieren und von langen Leinen aus Rot und Blau unsachgemäß erleuchtet sind. Sie sind für einen Augenblick Kakerlaken in den Wänden und tragen in der Enge einige Abschürfungen sowie Prellungen davon
Einmal schabt Alines metallisches Rückgrat gegen eine Ausbuchtung in der Wand, woraufhin sie sich verklemmt und wegen eines Schmerzes, der ansonsten so überwältigend ist, dass sie nur noch ein leises Krächzen aus ihrer Kehle hervor kriegt. Sie harren Minuten aus, bis sie sich wieder genug erholt hat, um weitermachen zu können.
Schließlich erklettern sie eine Leiter mit einer Luke am Ende. Matilde geht voran und verlässt so die Formation, da sie mehr Muskeln hat, und drückt das schwere Ding auf, wobei die Arme von der Anstrengung schmerzen.
Sie klettert hinaus und in fast allumfassender Dunkelheit auf eine glatte Oberfläche, erleichtert von der kühlen und leicht wehenden Luft um sie herum, die der äußeren nahe kommt, aber ihrer kein Pendant stellt — die korrosiven Gerüche räumen diese Vorstellung aus.
Aline klettert nach ihr heraus und wird von Matilde aufgeholfen.
Als sie die Luke schließen, treten sie in die vollständige Dunkelheit ein. Anstatt Matilde auf darauf hinzuweisen, dreht sie sie an den Schultern und richtet sie auf die einzige Lichtquelle — dimm und weit entfernt genug, um sich nicht verräterisch von ihren Schweißausbrüchen zu reflektieren.
Die Säule, gleich einem Gebäude auf einem Hügel, das einen Himmel kratzt, falls irgendwas als ein solcher bezeichnet werden könnte. Es erinnert an eine Tiefseequalle, einer von denen mit zylindrischer Form und biolumineszierenden, von oben nach unten ziehenden Linien, außer wenn die Form und besagte Linien sich immer weiter nach oben erstrecken und in der Dunkelheit verschwinden würden, an keinem identifizierbaren Punkt, in keiner identifizierbaren Entfernung. Es umhüllt sich selbst mit einem dunkelblauen Lichtschein. Seine Gegenwart ist unaussprechlich. Umgeben von vollständiger Schwärze, nimmt es die Realität gänzlich ein, das einzige existierende Ding. Matilde beginnt, sich in dessen Gegenwart zu verlieren, ihre Hand zittert, ein Hauch von Hoffnung in ihrer Kehle, das warme Gefühl, etwas Größeres als dieser schwache Körper zierlicher Größe und schwachem Fleisch zu sein.
Sie wünscht sich plötzlich, dass Aline wüsste, wie es anfühlt. Sie fragt sich, ob dieses Antlitz allein genug war, um es zu vermitteln.
"Nicht den Boden unter den Füßen verlieren," sagt Matilde und ihre Stimme scheint sich im Nirgendwo zu verlieren, verschluckt vom Raum. "Das Metall hier ist eben und krümmt sich allmählich, und solltest du zur Seite fallen, könntest du einen langen, langen Weg abrutschen."
Trotzdem, mit ihrer Hand auf Alines Schulter, fühlt sie das Nicken ihrer Schwester. Sie lässt los und sie beginnen, in Richtung der Säule zu laufen.
Das Verringern der Distanz unterstreicht nur die Unermesslichkeit der Struktur, wie wenig sich ihre Deutlichkeit nach einer Minute des Laufens bessert — und die Unermesslichkeit der Struktur unterstreicht nur die Unermesslichkeit des Raums. Die Erkenntnis, dass die Säule einen Raidus repräsentiert und dieser von breiter elliptischer Form ist.
Auf ihrem Weg zu der Säule fällt ihr ein weit entferntes Rumpeln ins Ohr — das einzige Geräusch neben ihren rhythmischen Schritten. Das könnten die Wanzen sein, die sie aktiviert haben und aus dem Kern in diesen Raum krabbeln — vielleicht könnte es als die Hülle bezeichnet werden —, um zum Durchbruch zu navigieren und ihn zu richten. Es könnte eine Schwadron sein, welche für Reparaturen und die Abgabe des von ihnen gesammelten Schrottes zurückkehrt.
Die Säule wird schneller größer, während sie sich dessen Sockel nähern und eine Pause einlegen, damit Aline sich krümmen und husten kann, wobei sie Matildes Hand wegschlägt, die auf ihrer Schulter ruht.
Ihre Körper sind von weichem Blau umzogen, als sie sich dem Sockel nähern. Matilde blickt hinauf, entdeckt das Treppengeländer, nach dem sie suchte, und schraubt sich behutsam in die Höhe, wobei sie dessen niedrigeren Ende zu dessen Anfang zu ihrer Rechten folgt. Sie kreisen kurzzeitig umher, ehe sie das Auto finden, ein quadratisches Etwas mit einem einzelnen Licht in der Decke, das auf eine kleine Konsole hinab scheint — eine Anspielung auf das menschliche Design, woran es fast allen von Matildes Schöpfungen mangelt.
Es erinnert sie an die Abfolge, die hier stattfand. Die verwinkelten Flure und Gänge — das über den Rest des Kerns platzierte, zentrale Stromversorgungssystem — Indikativ für ein instabiles Wachstum, einer zusätzlichen ungeplanten Struktur, die nach außen statt nach innen gerichtet ist. Immer schaffend, sich niemals wiederholend. Das führte zu Schwächen wie dieser, vermutete Matilde, dass sich etwas so Wichtiges sich außerhalb des Kerns befinden könnte — doch erwartete sie, die Hülle würde genügen, dass dieser ganze Kern seine eigene Schwäche sei, genau wie das Herz einer jeden Operation. Sie hatte nicht daran gedacht, es in Form eines Schlachtfeldes anzufertigen.
Sie öffnen die Tür des Autos und steigen ein. Aline setzt sich hart an dessen Rückwand und zuckt zusammen, als ihre Wirbelsäule das Metall berührt, wobei sie sehr danach aussieht, diese Bewegung bereut zu haben. Matilde drückt auf die einfachen Steuerelemente, was das Auto zum Schlingern und langsamen Erklimmen der Säule bringt.
Der Boden hätte sich langsam außer Sicht bewegen sollen, falls es eine klare Auffassung des Bodens gegeben hätte. Stattdessen fällt das Gefühl der Erdung fast sofort bei der Abfahrt weg, wie auch der Orientierungssinn, während das Auto seine träge Spirale die Säule hinauffährt und sich leuchtende Blautöne mit der Bewegung auf eine Weise abwechseln, die Richtung und Ort, eine trübe, dicht hinter den Autofenstern liegende Schwärze, nie anzugeben scheinen. Matilde sieht sich selbst in der Spiegelung, die das Fenster einnimmt.
Ihr gefällt nicht, was sie sieht. Überhaupt gefällt ihr Sehen nicht — sie versucht, ihr eigenes Antlitz aus dem Gedächtnis zu verdrängen, sich an das Größere zu erinnern, dem sie Teil ist. Sie versucht, sich in den Geist der größeren Maschine, dem äußeren Wesen, hineinzuversetzen. Unmöglich, sie ermahnt sich für den bloßen Versuch. Das kannst du nicht. Du bist ein kleines, fleischiges Ding. Fragil. Aline ist vielleicht stärker als du.
Sie senkt ihren Kopf und besichtigt die Sicherheit der Konsole sowie ihre Bedienungen, aber das Bild ihrer eigenen eingesunkenen Augen verbleibt vor ihrem geistigen Auge.
"Schwesterherz," flüstert Aline.
Sie blickt auf und sieht etwas in der Reflexion tanzen. Es kostet sie einen Moment der Analyse — einen Moment, bevor sie bemerkt, dass es etwas auf der anderen Seite ist. Sie beugt sich über die Konsole, drückt ihre Hand gegen ihre Stirn und blockiert das Licht und dessen Reflexion, damit sie in die Leere dahinter sehen kann.
Speere aus Licht, augenblicklich, weit entfernt. Menschengemachte Blitze. Funken. Schäden. Das Loch in der Hülle. Die Bögen aus Elektrizität sind so schnell und doch so groß, dass es schwierig ist, sie als irgendwas anderes als eine Illusion zu betrachten, doch werfen sie in ihren blinzellangen Leben ein grelles Licht auf die breitere Struktur um sie herum.
Die durchschlagende Wand. Die Schienen, auf welchen der tausendfüßige Wachhund kriecht. Früher kroch. Die Bögen erstrecken sich größtenteils über den Körper des Hundes, dessen bauchiger Kopf mit roten Warnlichtern wie bei Akne gespickt ist und dessen lange Beine aus ihren Gehäusen gerissen und in die unsichtbaren Tiefen geworfen oder schlimmer noch irgendwo hingebracht, irgendwie benutzt wurden. Der Schaden… sein langer schlängelnder Körper ist aufgerissen, in Anspielung auf eine Schlange, die etwas zu Großes ganz verschlungen hat und dessen angeschwollener Körper von innen aufgeplatzt ist. Sein Rückgrat wurde zerstört; Kabel — so dicht aneinander, dass ihre Individualität sogar aus dieser Entfernung und bei solch dimmen Licht erkennbar waren — hängen von seinem aufgeplatzten Rücken herunter, wie von einem zurückgelassenen Kadaver baumelnde Gedärme, und wurden in einen Baum hineingezerrt sowie auf dessen Ästen drapiert. Sogar seine Selbstheilungsmechanismen wurden gewissermaßen vernichtet, was Matilde sich nur als vorsätzlicher Akt vorstellen kann. Gezielt. Intelligent. Gewieft.
Aline fängt an, zu weinen.
Bei dem Geräusch kriecht Matildes Speiseröhre ein Gefühl hinauf, was als Geflüster hinauskommt: "Klappe."
Aline scheint nicht zuzuhören. Sie drückt ihre Hände gegen ihre Augen, während die Tränen weiter fließen und sie versucht, den Fluss und ihre ungebetenen Geräusche zu unterdrücken.
"Klappe halten," wiederholt sie sich lauter, mit dem Blick auf Alice in der Reflexion. "Halt die Klappe. Halt die Klappe, halt —"
Sie dreht sich um und schreit: "Halt die Klappe!"
Das führt zu nichts, weshalb sie mit großen Schritten zu ihrer jüngeren Schwester geht, ihre Kraft aus Adrenalin schöpft, sie an den Schultern packt und schüttelt, wobei Alines Kopf beim Vorwärtsschütteln die Wand hinter ihr trifft und ein Teil des Schmerzes ihre Aufmerksamkeit erregt, als eine Hand zu ihrem Hinterkopf schießt, um den Aufprall abzufangen. "Auu, au!"
"Klappe!!" Matilde fällt nichts Besseres ein. Die Worte sind zweitrangig. Für die Lautstärke. Für die Absicht. Für das Schütteln. Um sie zum Aufhören zu bringen. Lass, lass, lass, lass es nicht echt werden, lass die Fürsorge, lass das Erregen von Aufmerksamkeit, es anzusehen, das Ausdrücken, lass es einfach, lass es, lass es, lass es — jedes lass ein Schütteln der ihrer, mit Alines Händen nun auf Matildes Handgelenke gerückt im Versuch und Fehlschlag, die Kontrolle zu entreißen.
"Wir sind tot, Mattie, wir sind —"
Matilde wusste nicht, dass sie immer noch genug Kraft hat, um Aline hochzuheben und sie in die Wand zu knallen, damit ihr missgebildetes Rückgrat Metall trifft, und Aline fällt nach vorne, landet auf Händen und Knien, woraufhin ihr ein gewürgtes Keuchen entweicht — und dann ein trockener Husten, gefolgt von mehr Husten, Husten, was einen Anfall auslöst, von dem sie sich nicht allzu früh erholen wird. Sie zum Unterlassen zu bringen. Damit sie nichts mehr sagt. Doch sagte sie es. Sie hat es bereits gesagt.
"Sind wir nicht" schreit Matilde mit einer Tonhöhe nahe dem Unkontrollierbaren. "Wir sind —"
Aber ihre trockene Stimme versagt und sie fängt auch an zu husten, beugt sich vor, bewegt ihre Hände zu ihren Knien und hält sich aufrecht. Sie hält diese Position, während beide husten und das Auto zu einem abrupten Halt kommt, wodurch Aline zur Seite und Matilde in die Wand geschleudert wird, was die Ältere besser verkraftet und die Jüngere ähnlich wie zuvor zum Verkrampfen bringt, gefolgt von einem Jammern, Zerren und Schmerz.
Und dann keucht Aine und macht kurze Würgegeräusche. "Wasser," denkt Matilde, als sie Aline schnarren hört. "Das —" Aber keine Worte sind möglich, während sie um Luft ringt. Matilde sieht sie für einen Moment an, dann öffnen sich die Türen auf der Autoseite zur Plattform.
Schaut sie an, während Aline nach Luft schnappt.
Matilde holt vor Aline Luft und die Atemzüge schütteln sie durch. Sie dreht sich um und lässt Aline zurück, steigt aus dem Auto aus und auf die metallische Plattform, einem hervorstehenden Brett, das halb so groß wie die Säule ist.
Matilde zuckt fast gar nicht im Angesicht des Tunnelzustandes und der Ansammlung von Dellen, die in den Boden der Plattform hineingearbeitet worden sind.
Funken beleuchten den Tunnel, wo die knöchelhohen Lichtlinien zerbrochen und zerstört wurden. Eine heiße Luft strömt von innen nach außen, gleich dem Atem eines monströsen Drachen, der sich zum Höhleneingang aufmacht. Der Geruch ist nicht gerade besser als die Vorstellung und doch nicht biologisch. Chemisch. Zwischen Matildes Herzrasen, dem Dröhnen in ihren Ohren, geschärften Sinnen und blank liegenden Nerven ist ein Brummen schwer zu entschlüsseln, aber der Tunnel brummt wirklich in einem von ihrer Biologie abweichenden Rhythmus zu dröhnen, wie ein elektrisches Dröhnen, das ihre Haut zum Kribbeln und ihre Ohren zum Spitzen bringt.
Sie geht in Richtung des Brummens und entfernt sich von Alines wiederkehrendem Husten, betritt den Tunnel, verliert den Halt ein- oder zweimal, bevor sie ihre Lektion lernte und den Boden nach Abweichungen absucht. Obwohl die Dellen im Boden drohen, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, scheint die Bedrohung eher metaphysisch zu sein. Das schwache Licht. Der unebene Boden. Ihr schwimmender Kopf. Sie meint, ein Fall könne sie nicht nur zu Boden bringen — sondern ihr den Boden unter den Füßen wegziehen.
Als Alines Husten durch das Brummen und den Herzschlag in Matildes eigenen Ohren übertönt wird, findet sich ein flaues Gefühl in ihrer leeren Brust wieder, wie eine Hand, die ihre empfindlichen Ränder von innen streichelt, ihr alle Konturen bewusst machen und ihre schwachen Muskeln zum Stechen bringt. Ihre Form wird erkennbarer, auch wenn sie es nicht zu sehen hofft.
Brummen. Takt. Fußstapfen über Fußstapfen, mit der Hand an der Wand als Stütze läuft sie, während die Hitze steigt und ihrem Körper den letzten verbleibenden Rest Feuchtigkeit durch Schweiß entzieht, dessen sie überrascht ist, ihn noch hergeben zu können.
Wir sind tot.
Ein weiterer Stich. Wir waren schon tot, Schwester. Wir waren schon tot, seit das Ding durch die Wand kam.
Und nun hat sie mit Aline hinter ihrem Rücken niemanden mehr, für den sie auftreten kann.
Ihr Vorwärtsdrang lässt nach. Hört aber nicht auf. Etwas anderes schiebt sie mit einem womöglich schwächeren Einfluss. Der Gedanke, der sie zum Weitermachen zwingt, ist jener, dass sie wahrlich tot sein wird, sobald sie aufhört. Wenn sie sich nicht mehr bewegt, wird sie sich nie wieder bewegen.
Ein Schweißtropfen läuft von ihrer Stirn runter auf ihre Nase. Ein Funke bei ihrem Ohr lässt sie zusammenzucken.
Es fällt ihr schwer, an einem Gedankenzug festzuhalten, weswegen sie sie vorbeiziehen lässt. Ein Fuß nach dem anderen. Augen untersuchen den Boden bei spärlichem Licht. Routine. Muster. In Bewegung bleiben.
Das Brummen wird lauter, als ein Licht auftaucht und das so dezent, dass Matilde sich fragt, ob ihre Augen ihr einen Streich spielen, erkennt jedoch die Struktur vor ihr, als die sanfte Kurve des Tunnels nach oben führt und sie sein Ende sieht. Die Säule in der Säule. Das grelle, kolossale Gewirr. Der Stamm.
Sie tritt näher heran und muss ihre Augen schützen, bevor sie sich anpassen können. Der Brummrytmus wird etwas Materielles, dessen Dröhnen sie mit jedem Höhepunkt erschüttert. Die Hitze ist unerträglich, aber sie läuft weiter.
Der Stamm selbst ist so grell, dass die Risse im Glas zwischen ihr und ihm nur schwierig auszumachen sind. Als sie die Aufsichtsplattform betritt, kann sie sehen, dass der Schaden größer als das Glas ist — die Konsole selbst ist zerstört, keine Vorgänge sind auf ihrer zur Grunde gerichteten Oberfläche möglich und Knöpfe sowie Hebel sind in der Biegeschrottmasse nicht mehr zu finden. Ihre ursprüngliche Bestimmung, für die sie herkam, ist im Angesicht dessen unmöglich. Sie ist sich unsicher, ob es sie interessiert.
Sie nährt sich dennoch. Das Brummen ist so laut, dass ihr die Ohren wehtun, und ihre Hände zum Bedecken zu benutzen, sorgt nicht für Erleichterung. Sie stolpert über ein anderes Stück der Umgebung, das jetzt eine gebeulte, flache Metallecke auf dem Boden ist, und fängt sich am Rand der verfallenen Konsole, wobei ihre Hand auf irgendeinem stechenden Gegenstand liegt, der einen Zentimeter einsackt und sie zusammenzucken lässt.
Sie blickt auf, das Licht nahezu blendend. Das Glas, das einst da war, ist leicht getönt, was den Anblick vom Stamm erträglich macht, doch hat leerer Raum den ehemaligen Platz des Fensters eingenommen. Sie hebt eine Hand, um ihre Augen zu schützen und lässt den Kopf hängen.
Sie denkt an ihre Geschwister. Sie denkt an die große Maschine. An den Untergrund. An die heranstürmenden Kräfte und deren Wettstreit. Bin ich so schwach? fragt sie sich. Sie blickt auf zum Stamm, macht ihre Augen frei und kneift sie zusammen, während das Brummen überwältigend ist und ihr Körper durch innere und äußere Faktoren zum Schütteln gebracht wird.
Sie schreit und die Schreie werden zu Husten. Dennoch ringt sie um Worte, durch das Dröhnen verschluckte Worte, selbst für sie unhörbar, lediglich als die Luft, die ihre Lunge verlässt, und Formen in ihrem Mund erlebte Worte.
"Bin ich so klein?"
Sie schreit erneut. Lang, laut. In der Stammeskammer beugt sie sich über die Konsole, lässt ihren Kopf über das gezackte Glas schweben, und das Passieren der Barriere ist fast so wie ihren Kopf in einen Windtunnel zu halten, während ihr Haar über sie hinweg fliegt. Die Oberfläche ihrer Haut fühlt sich flaumig an, wie das Hautnaherlebnis beim Ablecken einer Batterie. Sie schreit in dieses Gefühl hinein.
Der Stamm fühlt sich fast so an, wie er reagiert, und die Lichter flackern, als der Klang die neuen tiefen Tönen ergreift. Tränen strömen ihr Gesicht hinauf und sammeln sich auf ihrer Stirn an.
"Ich bin tot! Ich —"
Ihre Stimme stockt in ihrer Kehle und sie beugt sich vor, nun mit dem Kopf und den Schultern jenseits der Barriere, und sie übergibt sich in den Wind, wobei sich die Übelkeit nach hinten beugt und sich über ihr Kinn und ihre Wangen ausbreitet — die Galle begegnet so viel Widerstand bei ihrer Flucht, dass Matilde zu würgen beginnt, doch sind ihre Gedanken woanders.
Ich habe versagt, denkt sie, als sich die Tränen mit dem Erbrochenen vermengen. Ich war der Erste, der scheiterte.
Der Stamm zittert. Sie neigt ihren Kopf nach oben, wobei sie immer noch die in ihrer Kehle steckende Galle aushustet, und der Lärm nimmt irgendwie eine neue Tonfarbe an, übertrumpft sich irgendwie selbst, weniger als eine Sekunde, in der ihre Ohren vom Schrei schmerzen, was einen weiteren Moment ausmacht, in welchem ihr Körper torkelt, sein Ganzes aufgrund einer Schwellung von etwas Bassem nachhallt.
Sie fühlt so wenig von sich selbst, dass sie auch einfach auseinanderfallen könnte. Sie spürt, dass das Schütteln womöglich ihre so lose zusammen hängenden Bestandteile zerreißen und sie hinüber zum Rand, den Schaft hinab und noch viel weiter schleudern könnte.
Aber das Zittern wechselt wieder den Ton. Das blendende Licht wechselt den Farbton, flackert von blau zu grün, an zu aus, Licht zu Schatten, krass, synchronisiert mit dem Lärm, dem Lärm,, dem zerstörenden kakophonischen Klang, und dann, und dann und dann —
Es zerbricht. Die Welt versinkt in Dunkelheit. Der Flaum verschwindet aus Matildes Gesicht, während die Luft knackt, ein Geräusch, als wäre man vom Blitz getroffen worden — als wäre man ein Käfer in einem plötzlich ausgesteckten Verstärker. Es zerbricht. Matildes Ohren schreien vor Schmerz und ihre Hände schießen zu ihrem Kopf — schallend, schallend, pochend und schallend.
Alles ist tot, denkt sie, während ihre Gedanken durch den glitschigen Schlamm rasen, rennen und fallen. Alles, was ich jemals haben wollte, ist tot. Alles ist tot.
Sie bemerkt nicht den Husten, der ihren Körper zermürbt, die scharfen Glasränder, welche sich beim Griff an das Fenster in ihre Hände bohren.
Alles —
Das Klingeln in ihren Ohren hat sich gelegt. Es klappert, es wogt, und sie findet den Klang einer menschlichen Stimme in dessen Lautstärke. Sie blinzelt. Nichts fällt ihr — schwarz, düster, endlos, aber es gibt einen Lärm, ein hochfrequentes Abrollgeräusch.
Näher. Immer näher kommend, wie sie feststellt.
Alines Stimme.
"— duu!!"
Sie selbst schreit mit einer zerfetzten Stimme auf, dessen höhere Lagen wie ein Auto, das an einem Betonwall entlangschleift und dessen Fahrer entweder schläft oder tot ist, klingt.
"Ich hasse dich! Ich werde verdammt —"
Ein Einschlag — Alines kleiner Körper kollidiert mit Matildes Rückenmitte, scheinbar im Versuch sie umzuwerfen, obwohl sie mit gekrümmtem Körper eine stabile Position entlang der Konsole hat. Sie zuckt zusammen, als Hände weiter in zerbrochenes Glas gedrückt werden, aber Alines Schwung trägt ihre kleine Schwester weiter, während Matilde größtenteils an Ort und Stelle verbleibt, Aline über Matildes Rücken gleitet, Hände nach dem Tuch auf Matildes Schultern greifen, und urplötzlich hängt Aline über dem Rand, dem windlosen Windtunnel, während Hände greifen und Gewicht hinabzieht — Matildes Hände pressen sich in den Fensterrand, während ihre Knie sich gegen die heruntergekommene Konsole stützen, Knie und Scheinbeine gegen scharfes und zerbrochenes Metall schrammen, doch so sehr es auch wehtut, haken die Formen sie an ihrem Platz ein und festigen ihre Position.
Aline schreit in Matildes Gesicht. Matilde spuckt, so gut sie mit ihrer fehlenden Sehkraft eben kann, Galle auf sie, woraufhin Alines Jaulen und Husten womöglich suggerieren, dass sie den offenen Mund getroffen hat.
"Du Schlampe, du herablassende verdammte Schlampe —"
Alines Hand kriecht entlang Matildes Hemd und Matilde bewegt eine ihrer eigenen Hände, um sie davon abzuhalten, ihre Kehle zu erreichen — aber Aline wählt eine andere Taktik, verhält sich eher tierisch als menschlich, richtet sich auf und zielt auf Matildes Gesicht. Da sie offenbar nicht mehr als Matilde sehen kann, tasten ihre Zähne nach Halt, aber landen schließlich doch. Matilde kreischt und hustet, als Aline in ihre Nase beißt, dann ihr Gewicht sie zurückziehen lässt, Matildes Kopf so weit wie möglich mitschleift und anschließend den Rest des Weges lediglich die Nase mitgehen lässt, während Matildes Körper am Fensterrand hängen bleibt.
Adrenalin stellt Matildes Sinne wieder her oder ersetzt sie, was sie zurück in ihren eigenen Körper bringt, und sie beginnt zu kämpfen, um sich hoch und weg vom Rand zu ziehen, doch Alines Griff ist unnachgiebig. Matilde versucht, Alines Arme zu beseitigen, aber ihre Hände vom Fenster zu entfernen, würde all den Druck auf ihre Beine verlagern, und sie schreit auf, als etwas an ihrem linken Schienbein von Drücken auf Durchbohren umschweift.
Ein anderes Geräusch. Knapp verfehlt. Ein Knick, ein dumpfer Schlag. Matilde kann ihm keinerlei Aufmerksamkeit schenken. Mit ihrer Hand auf Alines Handgelenk versucht sie, sie von ihrem Halsband zu lösen, aber Aline und Matilde scheinen unterschiedliche Antriebskräfte, semantische Unterschiede zu haben, die irgendwie eine sehr reale Kluft ausmachen — Aline hat nichts zu verlieren und Matilde bereits alles verloren.
"Ich werde dich umbringen — du Weichei, du Schlappschwanz, du verdammter Feigling, du Schlampe — Ich bin besser als du und du nicht meine Schwester — Ich bin ein kleines Mädchen und besser als —"
Aline kann den Gedanken aber nicht zu Ende denken. Noch ein dumpfer Schlag. Diesmal näher. Die Struktur selbst rüttelt und Matilde verspürt eine kurze Erleichterung, während Alines Griff wankt und die jüngere Schwester in Vergessenheit gerät — aber das Rütteln zieht ihre eigenen Beine von der Konsole, wobei der Ausgang des Metalls irgendwie schlimmer als dessen Eingang ist, auf dem Weg hinaus zerreißt und sie kurzzeitig in die Luft befördert — sie versteht es nicht, kann sich die Mechanismen nicht vorstellen, aber ihr Gehirn kann sie nicht begreifen, während ihr Körper von Tierblut, Überlebensinstinkten und Furcht durchpumpt wird. Sie schlägt wild um sich, strampelt mit den Gliedern länger, als sie sagen kann, bis die Schwerkraft sie wieder ergreift, und während sie runterkommt, wird sie vorwärts bewegt.
Ihr kaum durch ihr Hemd geschützter Bauch knallt in das Glas des Fensters, ihr Mittelteil wird aufgeschlitzt und sie keucht vor Schmerz. Dann wird sie nach vorn geworfen. Zu Aline, deren Schreie sich zu den widerhallenden dumpfen Schlägen gesellen und allein die Geräuschkulisse innerhalb dieser Kammer, in der Säule, neben dem Stamm ausmachen.
Und sie fällt.
Und Alines Schreie kommen näher, während deren Klang wieder zum Husten wird. Und dann ist sie an ihnen vorbei, während das Husten lauter und beim Stolpern leiser wird.
Der erste Aufprall fängt ihren Fall nicht ganz auf. Ihre Beine treffen etwas, was sie ins Trudeln bringt. Sie findet sich zwischen dem Instinkt, ihre Hände auszustrecken, um sich selbst zu fangen, und dem Instinkt wieder, sich den Bauch zu halten, um dessen Inhalte drinnen zu behalten. In ihrer Verwirrung schlägt sich beiderseits schlecht.
Der zweite Aufprall absorbiert mehr von ihrem Schwung. Kabel. Metall, jedoch schlaff und sich mit ihrem Gewicht biegend, was nicht so schlimm ist, wie auf Zementboden zu fallen. Nicht, dass sie in der Lage wäre, den Unterschied auszumachen.
Sie landet mit dem Gesicht nach unten, wobei die Berührungspunkte ihre Brust, linker Arm und Schenkel sind. Ihre rechte Hand an ihrer Körpermitte fühlt, wie sich die Innereien nach außen drängen und dem Schwung ihres Körpers weiter folgt, als der Rest es wird, während sie zu schockiert ist, um Schmerz zu empfinden.
Ein Licht schwebt über ihr, aber ihre Augen sind bereits so voll von Punkten und imaginären Bildern, dass es schwierig ist, die Realität zu erkennen.
Bums, bums. Aline hustet weit weg.
Sie ist besser, denkt sich Matilde.
Bums. Trockener Husten, ein Anstieg der Spannung, irgendein neues Geräusch, welches sie nicht analysiert.
Sie stellt sich vage die Hände ihrer Mutter vor. Eine fettverschmierte Handfläche, ein Schraubenzieher und -schlüssel. Sie stellt sich die Familiensilos und grasbewachsenen Hügel vor.
Etwas besprüht Matilde.
"Eines Tages wirst du Teil dieses Landes sein. Im Moment bist du Teil unseres Haushaltes." Mutter deutete auf die Werkzeuge. "Das sind eines Fruehs Hände und Arme."
Matilde umklammerte Mutters Kleid. Vater sah zu. Matilde weiß nicht, von wo. Sie kann sich lediglich seine harten Augen vorstellen. Und sie versenkte ihr Gesicht in Mutters Kleid — atmete tief ein. Roch Öl.
"Mattie," tröstete ihre sanfte Stimme. Mutters Hand begann auf Matties Stirn und strich vorsichtig hinab, drückte sie weg und beendete die Umarmung, das Anlehnen. Sie ging ähnlich vor, um sich von Matties Griff zu befreien und verflochte ihre Finger mit denen ihrer Tochter. Matilde blickte auf.
Ihre Mutter lächelte.
Etwas Schrilles versucht, sie zu unterbrechen. Matildes linke Hand auf ihren Magen zaudert und das Blut sickert auf rohe geschredderte Haut.
Mutter bewegte ihre Hände zu den Werkzeugen. Eine Säge.
"Ihre Hände und Arme," mahnt sie. "Mach weiter."
"Mattie!"
Stille. Und etwas in der Stille erweckt Matildes Sinne. Alines Schrei weist nicht diesen Hauch unartikulierter Wut auf.
Stille kann nichts Gutes verheißen. Aline. Aline? Sie ist versucht, zu schreien, doch atmet sie nur schwer. Sie ist versucht, sich zu bewegen, doch tut sie das nicht. Ihr Körper gehorcht ihr nicht.
Sie liegt darnieder, verfangen in Kabeln. Womöglich fühlend, dass sie langsam abrutscht — die Metalle aalglatt, mit irgendeiner Flüssigkeit, ihrer eigenen oder anderen — und zur Seite rutscht, um erneut zu fallen.
Bums. Bums.
Schwer. Nah.
Ihre Hand streckte sich aus und ergriff das Kabel, findet aber nur schwer Halt, stellt fest, dass das Ausstrecken ihres Armes aus dem Gefühl in ihrem Magen, einem stumpfen ignorierbaren Unwohlsein, einen stechenden Schmerz macht, der ihr Bewusstsein blinzeln, ihren Mund aufklaffen und ein gewürgtes Grunzen entweichen lässt.
Sie greift nicht weit genug. Sie greift näher an ihren Körper und versucht, zu ziehen —
Bums, bums.
Die Klangfarbe des Lärms ändert sich und die Kabel selbst vibrieren. Ihr Körper schüttelt sich. Sie stöhnt erneut ungeheißen und wechselt die Richtung. Sie kann nicht fliehen. Sie geht lautlos. Es ist eine einfache Entscheidung und sie nimmt an, es mache keinen Unterschied.
Ein Licht zieht über sie hinweg. Sie atmet gemäßigt und spürt, wie ihre Eingeweide sich an den Seiten ihrer Hand vorbei zu zwängen beginnen, ihr Körper weiter absackt, ihr Bauch vorsteht und sich die Organe ganz langsam hinausdrängen.
Die Stöße gehen jetzt mit Surren und Klicken einher, während sich das Licht bündelt. Sie schließt die Augen, denn das Gefühl ist ihr zu viel. Es nährt sich. Es ist ihr mittlerweile egal.
Sie hat das Gefühl, dass die Tränen kommen sollten, aber sie hat nicht mehr genug Flüssigkeit, um sie zu formen.
Während das Licht greller wird, werden die Geräusche lauter, kommen näher, werden dann langsamer und kommen zum Halt. Einige weitere Pfeiftöne, dann ein lautes Knallgeräusch und der Druck lässt nach.
"Mattie," intoniert eine vertraute Stimme. Nicht Alines. Nicht Mutters.
Was? Sie atmet nur. Sie gibt nichts.
"Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du so zugerichtet bist, wenn ich dich finde. Und unsere arme kleine Schwester. Was hast du ihr angetan?"
Matilde spricht ein Gefühl aus, kann es aber nicht in Worte fassen. Laura. Ein Parasit, ein Hindernis. Laura besetzte kein Revier, da sie keines eroberte — sie spielt nicht nach den Regeln. Eine Schummlerin.
"Hmm? Hm. Vielleicht sollte ich dann schnell handeln. Ich hatte gehofft, zuerst eine Unterhaltung zu haben, aber ich wusste nicht, ob du eine ganze Unterhaltung durchhalten würdest. Ich glaube, du fällst sowieso. Dafür wird später genug Zeit sein."
Ich war tot, denkt Matilde, mein wahres Ich, das dem Schutz würdige starb jedes Mal, wenn ich die Verbindung unterbrach, und dieser letzte Augenblick starb das letzte Mal. Ich war die ganze Zeit tot. Ich war mein ganzes Leben tot.
Etwas — eine Klaue? Irgendein Anhängsel. Metall wiegt Matildes Körper überraschend sanft. Matilde ringt, nur um Qualen über ihrem ganzen Körper zu erregen und wieder schlaff zu werden.
"Oh, Schwesterherz…"
Der Ton ist krankhaft süß. Mitleid erregend. Bezichtigend. Matilde runzelt die Stirn, starrt und starrt so lange, bis das auf sie fokussierte Licht sich genau auf ihrem Gesicht befindet und sie für einen Moment blendet, ehe es sich in einer bewussten Bewegung wegdreht und sie ein Gesicht sehen kann — ein menschliches Gesicht in einem Metallrahmen, dessen Ränder das Licht einfangen, wie es von den Kabeln und der Kammer abprallt. Einige maschinell. Einige menschlich maschinell, mit Lauras Gesicht auf der Vorderseite, das eine seltsame Farbe und fahle Textur aufweist.
"Ich.. weiß nicht…" Matilde kann nur ein Wort nach dem anderen sagen.
"Pst. Sei leise."
"Ich…" Matildes Nase rümpft sich. "Fuck…" Sie holt tief Luft. Sie versucht noch einige weitere Male zu sprechen, was ihr misslingt, wobei ihr jedes Wort im Rachen stecken bleibt. Sie quiekt ein Geräusch, das sie sich selbst hassen lässt. "Töte mich," nutzt sie den Hass, um zu sprechen.
Lauras ergrauendes Gesicht ist fürchterlich. Herablassend. Sympathisierend. Matilde schließt ihre Augen. Sie kann es nicht über sich bringen, hinzusehen.
"Nur im gewissen Sinne des Wortes," antwortet Laura. "Du wirst nicht mehr du sein. Du wirst ich sein. Wir. Aline ist schon hier. Sie… sagt, das sei das, was du wolltest, ist dem nicht so? Etwas Größeres zu sein?"
Etwas hoch Frequentiertes beginnt über Matilde zu pfeifen und sich in der Dunkelheit zu drehen.
"Sie sagt, es sei genau so." Das Ding kommt näher und das Licht fängt es ein. Ein Anhängsel, das in einer Kreissäge endet, seine Gefolgschaft, Röhren, etwas, das Matilde an Zahnarztgeräte erinnert, sowie etwas aus Plastik, das mit einer Flüssigkeit gefüllt ist und in einem Schließmuskel endet.
"Komm schon, lass uns wieder eine Familie sein." Matilde ringt, windet sich und öffnet den Mund, um einen Schrei zu schreien, der nicht kommen kann. Die Klaue packt Matilde fester, unterbindet ihre Bewegung, während eine Klammer auf ihren Schädel drückt.
"Nein," korrigiert sich die Maschine selbst, "zum ersten Mal, denke ich."
Die Säge kommt hernieder und Matildes Sicht füllt sich mit einem Sprühnebel aus Blut.
Beschreibung: Der Zug nimmt die Kurve mit mäßiger Geschwindigkeit, verfängt und stolpert aber dennoch in einer uneinheitlichen Bewegung. Er durchfährt den Tunnel, kommt auf der anderen Seite wieder raus und lässt ein Zugsignalhorn von einem kleinen Lautsprecher erklingen.
Matilde schaut von den Bergen aus zu. Den Schweizer Alpen.
"Mattie! Abendessen!"
Ihre Augen richten sich wieder auf die beschneiten Spitzen — die Lokomotive fährt eine hohe Felswand hoch. Sie schaut ihren drehenden Rädern entlang der Strecke zu — die Antriebsstangen rotieren in einer mitreißenden Bewegung. Sie verliert sich in ihren Machenschaften für einen Moment, ehe —
"Mattie!"
"Komme!" ruft sie zurück, steht auf und ist nun hoch über dem Zug. Sie staubt ihren Rock da ab, wo er den Boden berührte und stürmt dann ins Badezimmer, um sicherzugehen, dass sie vorzeigbar aussieht. Sie zieht ein Stück Spinat von den Blätterteigpasteten, die sie draußen geknabbert hatte, aus ihren Zähnen und beschließt, ihr Gesicht auch noch fix abzuspülen. Geistig abwesend reibt sie an ihrer Nasenspitze, schüttelt sich aber aus der automatischen Bewegung.
Sie rennt in den Flur und verlangsamt dann ihre Schritte — flitzen ist nicht so damenhaft, denkt sie sich. Sie wendet sich den Treppen zu und hält beim Porträt ihrer Mutter inne, das in der Mitte des Treppenlaufes hängt.
"Matilde Hildegard Frueh, wenn du nicht sofort —"
"Ich sagte, dass ich komme," stöhnt sie, bevor sie auf der untersten Treppenstufe angelangt ist und um die Ecke in das Wohnzimmer biegt.
Auf dem großen runden Tisch sieht sie eine Karte von Europa ausgelegt, auf dem Modellsoldaten, Panzer und Rüstungsgüter auf ähnliche Weise wie ihre Zuggarnitur verstreut sind. Vaters Zuggarnitur.
"Deine Worte sind unaufrichtig, sollten sie nicht Taten mit sich ziehen."
"Aber das habe ich!" protestiert Mattie, während sie durch das Wohnzimmer streift und den Speisesaal betritt, wo sich ihre Nasenlöcher mit einem warmen, fleischigen Geruch füllen.
Matties kleine Schwester Aline sitzt auf einem hohen Stuhl und hält einige Spielzeuge. Eine kleine Plastikraupe, welche sie zu einem dümmlich aussehenden Käfer verformt. Mattie sitzt neben ihr und beäugt die Spielzeuge.
"Benimmt euch," mahnt die Stimme aus der Küche.
"Hey! Ich bin freundlich."
Mattie beäugt die Raupe in greifbarer Nähe, während Aline sie wieder und wieder herunterbringt —
"Mattie…"
"Ich hab gar nichts gemacht!"
"Ich weiß. Weiter so."
Mattie wird wütend. Sie erhebt sich demonstrativ und rückt die Sitze zurecht, um sich weiter von ihrer kleinen Schwester zu entfernen, welche von den ganzen Geschehnissen nichts mitzubekommen scheint.
Mattie untersucht den Raum. Gut, ein weißes seidiges Tischtuch bedeckt den langen Tisch, woran man locker zwanzig oder mehr Leute setzen könnte. Der Tisch selbst hat keine einheitlich symmetrische Form. Stattdessen ist ein Ende, das Kopfende des Tisches, flach, wo zwei größere Stühle nebeneinander stehen. Der Tisch verjüngt sich allmählich von dort aus zum anderen Ende hin und endet in einer Spitze einer Rakete, die auf die Küche zielt.
"Warum hast du mich runter gerufen, wenn das Abendessen noch nicht fertig ist?"
"Zügigkeit, Mattie, darüber haben wir doch geredet…"
Ihre Augen bewegen sich aufwärts und untersuchen das Dach. Es besteht aus schönem, braunem, so abgewinkeltem Holz, dass die äußere Wand ein niedriges Dach als die innere hat. Mattie sieht in den dunkelsten Vertiefungen, unter dem Kronleuchter und in dessen Schatten versteckt ein Rohr, ein Wirrwarr aus Kabeln und einen kleinen roten Fleck, bei dem sie glaubt, ihn bewegen zu sehen.
Fußstapfen bringen ihr Augenmerk früh genug zurück auf den Boden, um Laura die Küche betreten zu sehen, wie sie eine horizontal elliptische, mit einem dampfenden Steak befüllte Keramikschale trägt — braune, feuchte Fleischwürfel, karamellisierte Zwiebeln und etwas Grünkohl. Dem Geruch nach zu urteilen, wurde es in Wein gekocht. In Lauras anderer Hand trägt sie einen Rübensalat. Mattie läuft das Wasser im Mund zusammen. Aline scheint kaum aufzublicken.
In Anerkennung von Matties gespannter Aufmerksamkeit setzt Laura ein breites Lächeln auf und stellt Schale auf die Tischmitte. Sie zieht sich in die Küche zurück, wobei sie Mattie einen leichten, aber warnenden Blick zuwirft, was Mattie dazu bringt, sich wieder hinzusetzen und jetzt nicht mehr über den Tisch zu beugen, um einen guten Blick von der Suppe zu erhaschen.
Laura kommt wieder mit einem Wasserkrug und einer großen Flasche mit prickelndem Apfelwein. Mattie zuckt.
"Geduld, Spatz," sagt Laura und Mattie wimmert.
Laura wirft ihr einen sympathisierenden Blick zu, geht zu Aline, nimmt ihren kleineren Teller und schenkt ihr zuerst einen einzigen Würfel Steak aus, welchen Laura mit Mühe in kleine Stücke schneidet. Sie legt einige Salatstücke beiseite und gibt ihr Wasser, was Alines Aufmerksamkeit zuerst zu erregen scheint.
Laura schenkt sich daraufhin selbst aus und weist Mattie an, dasselbe zu tun.
"Mattie," warnt Laura.
Mattie murrt und setzt sich abermals hin.
"Beuge dich nicht über den Tisch. Bitte:"
"Abendessen, bitte."
"Nah dran…" Laura schiebt ihr Steak näher ran, aber nicht nah genug, als dass Mattie ihr ausschenken könnte.
"Kannst du mir bitte das Abendessen reichen."
"Besser." Sie schiebt es den Rest des Weges, woraufhin Mattie den Vorlegelöffel nimmt und sich selbst einen Haufen Steak nimmt, der für jemanden ihrer Größe viel zu groß ist. Laura sagt nichts dagegen und Mattie grinst.
"Mattie."
"Was."
Jedoch ist Lauras Gesicht zart, als Mattie aufblickt und ihre ältere Schwester plötzlich nahe, genau hinter ihr ist. Mattie verdreht sich auf ihrem Stuhl, um sie anzusehen, und Laura streckt ihre Hand aus, um Matties Linke zu greifen und an sich heranzuziehen.
"Du hältst den Löffel peinlich still."
Mattie tritt gegen ihre Füße und schaut weg.
"Tut es weniger weh?"
"Ja."
Laura streicht über Matties Handfläche und Mattie kann nicht anders, als zusammen zu zucken.
Die Ältere wirft ihr ein trauriges Lächeln zu und Mattie tut so, als würde sie die mechanischen Arme nicht winden sehen. Sie hält den Blickkontakt nicht aufrecht.
"Sei nicht so streng mit ihr."
"Werde ich nicht."
"Gut."
Laura setzt sich wieder auf ihren Platz. Matties Augen verfolgen sie dabei. Sie sieht die Männer am Fenster mit Klemmbrettern in ihren Händen. Laura schließt beiläufig die Vorhänge, ehe sie sich hinsetzt. Mattie versucht, das Essen nicht zu bemerken, das so viel für sie übrig hat — sogar noch mehr, gegeben, dass Laura sich nicht selbst auftut. Sie versucht, den großen, leeren Tisch nicht zu bemerken. Sie versucht, nichts jenseits der Fenster oder die graue Tönung von Lauras Gesicht zu bemerken. Oder die hochgezogene Rückseite von Alines Kleid.
Sie reibt an ihrer eigenen Hand unter dem Tisch.
Laura blickt zwischen Mattie und Aline hin und her, wobei die jüngere ihr Essen immer noch nicht anrührt, sondern droht eher damit, es mit den Spielzeugen von ihrem Teller runter zu schubsen. Laura grinst mit einem Ausdruck vollkommener Befriedigung über ihrem Gesicht.
"Okay. Lasst uns essen."
Anhang: SCP-001 verläuft gut. SCP-001-17 und -19 erweisen sich als vielversprechende Kandidaten für die Einweisung älterer Subjekte und zeigen nur gelegentliche Gewaltausbrüche sowie Nichteinhaltung etablierter Regeln, was für menschliche Kinder ihres Alters nicht ungewöhnlich ist.
Das Wachstum von SCP-001-19 hat bisweilen unsere Erwartungen übertroffen. Sie hat ein durchschnittliches Gewicht für ihr Alter und zeigt ein spielerisches, interessiertes Verhalten. Sie schläft gut, isst gut und bietet zu meiner großen Überraschung und Erleichterung in allen Belangen sowohl körperliche als auch mentale Gesundheit.
SCP-001-17 ist beunruhigender, was man bei ihrem Alter und den Umweltbedingungen erahnen kann. Sie hat eine bessere Wahrnehmungsfähigkeit und mehr Kontext. Sie wird bald eine lange Unterhaltung benötigen, ist aber vorerst kooperativ und hört auf Anweisungen. Sie scheint eine gewisse Abscheu für ihre jüngere Schwester zu haben und stiehlt häufig ihre Spielzeuge, kann aber dazu überredet werden, sie wieder zurück zu bringen. Sie genießt ihre Freizeit, während welcher sie dem Gebrauch von Modellbaukästen nachgeht, was bisher ununterbrochen fortlief, aber genauer Beobachtung und Inbetrachtnahme bedarf. Dennoch zeigt sie Interesse an Interaktionen und bleibt für ihre Größe gesund. Ihre Hand und Nase verheilen mit natürlicher Geschwindigkeit, obwohl letzteres leider eine dauerhafte Narbe hinterlassen wird, und sie klagt seltener über Kopfschmerzen und Hitze.
Ich werde ein weiteres Subjekt nächste Woche hereinbringen, auch wenn ich noch nicht genau weiß, welches. Ich werde berücksichtigen müssen, welche Subjektbeseitigung das "Spiel" sozusagen nicht aus dem Gleichgewicht bringen wird — die bittere Realität ist, dass wir die Eindämmung aller Subjekte nicht wiederherstellen können, dafür aber strategisch vorgehen und hoffen, die Erfolgschancen zu maximieren.
Wie wir wissen, ergeben zwei Punkte eine Linie und drei eine Ebene. Ich hoffe, dass unser drittes Subjekt — ich ausgenommen — das Muster aufrechterhalten und ein solides Fundament für das Familienwachstum aufbauen wird.
Ich bleibe besorgt bezüglich der Thematik von SCP-001-A und -B. Es wird schwierig sein, sie in SCP-001 neu einzuführen, sollte es überhaupt möglich sein. Aber wenn wir vor ihrem Eintreffen einen gesunden Haushalt aufbauen können, wäre es womöglich denkbar, ihre Ankunft nicht nur zu überleben, sondern sie zur Duldung zu ermutigen. Ich werde mich diesem Umstand zu einem späteren Zeitpunkt wieder zuwenden, der näher an der Vollendung unserer Verfahren liegt. So sehr ich es zu sagen hasse, sind die Gegenmaßnahmen sicherlich noch vonnöten und sollten nicht außer Acht gelassen werden, so aufgeregt uns die gegenwärtigen Aussichten auch stimmen mögen.
Allgemein bin ich glücklich, diesen Bericht zu verfassen, und äußerst zufrieden mit allem, was passiert ist. Man kann mit Sicherheit sagen, dass wir uns gut an das Familienleben anpassen.