Ich muss das hier niederschreiben, weil ich hin und wieder Dinge vergesse und ich glaube was ich heute gehört habe ist wichtig. Nicht für mich; für mich, oder all die anderen die momentan auf dieser Erde leben, ist es zu spät etwas zu verändern, aber irgendjemand, irgendwo, wird eventuell etwas aus dem hier machen können oder es wenigstens hilfreich finden, oder was auch immer. Sobald ich fertig bin werde ich es in einem Rohr versiegeln, mit Wachs überziehen und es in die Schlucht werfen. Vielleicht wird das hier irgendjemand irgendwann lesen und versuchen alles zusammenzusetzen, falls es ihnen erlaubt ist.
Ich würde wirklich gerne von Anfang an erzählen, ich bin mir aber nicht mehr sicher wann die Welt anfing unterzugehen. Es hätte vor Jahren in kleinen Stücken passieren können oder auch alles auf einmal. Alles war so düster, wegen der Klimaerwärmung, den kälteren Meeren, zu wenig Treibstoff und zu vielen Menschen hätte das Ganze für Jahre im Verborgenen bleiben können, bevor es an die Öffentlichkeit kam. Was anderen und mir am ehesten in Erinnerung blieb, war der Untergang der Disney Magic. Erst dann, glaube ich, begannen die Leute zu verstehen, dass die Dinge vielleicht doch schlimmer standen als vermutet.
Die Disney Magic war ein großes Kreuzfahrtschiff, eine dieser Passagierschiffe, die zwischen Inseln und so Zeugs herumfahren. Eines Tages berichteten die Medien, wie sie plötzlich bei ihrer Rückkehr in den Hafen ohne Grund sank. Das seltsame an der Sache war, dass es für lange Zeit kein Videomaterial dazu gab. Nur einige Standbilder als sie noch intakt dahin schwamm, aber keine von ihrem tatsächlichen Untergang. Aber dann erschien irgendwie ein Video davon und die Nachrichten fingen an es auszustrahlen. Ich habe die Vermutung, dass diese es vor Ausstrahlung nicht überprüften.
Das Schiff schipperte herum, solide und schnell, kleine Boote um sich hüpfend, es sah aus wie der Traum eines jeden Urlaubsliebhabers, als es plötzlich stehen blieb. Und damit meine ich einen völligen Stillstand, als wäre es gegen einen Berg gekracht. Man konnte taumelnde Menschen an Deck und einige Dinge von Seiten des Schiffes fallen sehen, ein einziges großes Chaos. Für einige Sekunden ist alles still, dann war da plötzlich dieser Schaum hinter dem Schiff. Die meisten Menschen nahmen an, dass es sich dabei um den Motor handelte, den man versuchte wieder in Gang zu bringen… dann tauchte der Arm auf.
Ich bin mir nicht ganz sicher ob es überhaupt ein Arm war, aber es war eine Art Gliedmaße und sie war mindestens einige hundert Fuß lang. Sie ergriff die Seite des Bootes und… riss sie einfach auf, als wäre sie ein einfacher Mantel und man konnte alle Menschen in seinem Inneren sehen, die schrien und davon liefen… es war schrecklich. Dann sah man etwas hinauf kriechen, eine große, stachelige Gestalt die gegen den Spalt drückte, sich hinein zwang… dann gab es eine Explosion auf seinem Rücken und die Kamera schwang nach oben um einige vorbei fliegende Jets zu zeigen… dann endete es.
Ich erinnere mich einfach dagesessen zu haben, fassungslos, den Fernseher anstarrend, nur halb realisierend, dass der Präsident den Notstand ausrief. Ich glaube es war zwei oder drei Tage später als das Fernsehen komplett unter die staatliche Kontrolle fiel, es könnte aber auch eine Woche gewesen sein, ich bin mir nicht sicher. Das Internet wurde später übernommen, aber bald war alles das man noch hören, lesen oder sehen konnte „bleiben Sie ruhig, alles ist unter Kontrolle“. Das sonderbare war jedoch, dass sich das Leben für einige Zeit nicht wirklich veränderte. Rechnungen trafen immer noch ein, man musste immer noch zur Arbeit oder Schule gehen und all das. Nun gab es nur sehr viele ängstliche Gesichter und schräge Gespräche mehr.
Ziemlich bald wurde uns von Evakuierungen ganzer Städte, Plagen, Unruhen, Terroranschlägen oder anderen Alpträumen berichtet. Mein Bruder im Süden erzählte, aufgrund eines riesigen Waldbrandes evakuiert worden zu sein. Das Seltsame daran war, er sagte, dass sich das Feuer komisch ausbreitete… es schien als würde es direkt auf Tankstellen oder Gebüsch abzielen und sich nicht gleichmäßig ausbreiten. Anschließend schwor er etwas gesehen zu haben, das wie ein zwanzig Fuß großer Mann aus Feuer aussah, der herumlief und alles fraß das sich in seinem Weg befand. Der Anruf wurde sofort nachdem er das gesagt hatte beendet. Seitdem habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen.
Die Dinge wurden von Tag zu Tag schlechter. Menschen wurden weiterhin evakuiert und es gab keine wirklich verlässliche Möglichkeit mehr miteinander zu kommunizieren, deswegen war es schwer zu sagen wie schlimm die Lage tatsächlich war. Noch immer war Mundpropaganda stark vertreten, und sie war unheimlich. Verrücktes Zeugs, ernsthaft, Geschichten über Zombies im Norden, Mordekstasen im Westen, ein Ort in der Nähe des Meeres dessen Boden lebendig war und Menschen fraß, ein Kult der die Wiederkehr des Herrn predigte und Menschen tötete um diesen zu bestechen… Ich begann mich mehr und mehr von den Menschen zurückzuziehen, nur um etwas ignorant sein zu können. Rückblickend hat mir das wahrscheinlich das Leben gerettet.
Eines Tages wachte ich schließlich auf und an meinem Fenster war Blut. Es war auf der Außenseite und von draußen war die Hölle los… Schreie, Klirren, Schüsse und ein Geruch, der an verbrannte Kabel erinnerte. Ich habe mich versteckt. Ich schäme mich nicht das zuzugeben, ich habe meine Mitmenschen im Stich gelassen und mich eine ganze Woche in meinem Haus versteckt, noch lange nachdem der Lärm bereits aufgehört hatte. Am fünften Tag fielen Strom und Heizung gemeinsam mit dem fließenden Wasser aus. Als mir nun endgültig die Vorräte ausgingen, wagte ich es einen Fuß vor die Tür zu setzten und sah, dass die gesamte westliche Seite der Welt verschwunden war.
Nun, ich weiß nicht mit Sicherheit ob sie wirklich verschwunden ist, aber da ist ein Abgrund der 40 Fuß nach meinem Haus beginnt und von dem ich den Boden nicht sehen kann. Da ich die andere Seite der Schlucht auch nicht sehen kann, existiert dieser Teil der Welt nicht mehr für mich. Die Vorstadt in der ich lebte glich einem Kriegsgebiet, Blut und kaputte Dinge waren überall verstreut, Häuser waren eingestürzt… aber es waren keine Leichen zu sehen, was ich noch immer seltsam finde. Ich schnappte mir einige Lebensmittel und andere Dinge aus ein paar Häusern und kehrte nach Hause zurück.
Das mache ich nun schon eine ganze Weile. Ich bin mir aber wirklich nicht sicher wie lange. Könnten Jahren sein, oder ein paar Monate, es ist schwer zu sagen. Manchmal verweilt die Sonne für eine Zeit, die sich wie Tage anfühlt, an einem Punkt… und zu anderen Zeiten ziehen Wolken auf und man kann keine 2 Fuß weit mehr sehen. Da sind auch… Dinger, die herum schleichen. Ich renne schon beim kleinsten Geräusch, aber ich glaube sie sind ungefähr Mann-groß und scheinen eine Vorliebe für Metall zu haben. Auch andere kleine Dinger krabbeln in den Trümmern herum, also meide ich diese. Einmal kroch eine Assel von der Größe einer Katze aus den Trümmern, sah mich an und schrie in perfektem Englisch „STOP!“. Ich habe mich danach für Tage versteckt.
Dann gibt es noch diese großen Luftschiff-Dinger die manchmal herum schweben. Sie besitzen kleine Käferfüße an ihrer Unterseite und sehen ein klein wenig wie mit Augen übersäte Maden aus. Wenn sie landen, fressen sie alles, die meiste Zeit aber bleiben sie hoch oben in der Luft. Eines dieser Dinger war gerade davon geflogen als ich den verletzten Typen fand. Er war ganz zerrissen und sah wie einer aus einem S.W.A.T. Team aus, die man manchmal im Fernsehen sieht, aber sein Kampfanzug oder was auch immer war total zerfetzt. Ich habe ihn zu mir nach Hause gebracht und dann redeten wir.
Er erzählte mir, dass er diese Luftschiff-Dinger gejagt hatte aber angegriffen wurde. Was es war, das ihn angegriffen hatte, wollte er mir nicht sagen, aber er sah aus als stünde er kurz vor seinem Ende. Ich fütterte ihn mit Dosenbohnen und Wasser, das schien ihn etwas zu stärken. Er fragte wer ich sei, ob es mir gut ginge und all so ein Zeugs. Als ich ihm erzählte, dass er die erste Person sei, die ich seit dem Verschwinden des westlichen Teils gesehen hatte, reagierte er etwas geschockt. Er berichtete mir, dass der Teil nicht weg war, er wurde einfach nur verlegt, die Bedeutung von all dem wollte er mir aber nicht erklären. Ich half ihm wieder auf die Beine zu kommen und fragte ihn wer er sei, doch diese Frage wollte er mir nicht beantworten. Schließlich beschloss er es mir doch zu erzählen, er meinte seine Anordnungen wären sowieso nichts mehr wert, da könne er mir auch genauso gut davon erzählen.
Er erzählte in einer Foundation oder so zu arbeiten, die eine Mischung aus Gefängnis und Forschungszentrum sei. Berichtete einer der Agenten zu sein die herum reisten und versuchten seltsame Dinge zu finden und sie davon abzuhalten, Menschen zu verletzen. Ich antwortete nur, dass er bis jetzt einen wirklich miserablen Job machte und er lachte nur. Er erzählte von einem Vorfall und dass ein Haufen von diesen Dingern zur selben Zeit entkommen sei und dass dies dafür sorgte, dass diese Foundation die Kontrolle verlor. Er sagte, das führte zu einem „GH-0 ‚Totes Treibhaus‘-Szenario”.
Ich fragte ihn, was das zu bedeuten hatte und er sah mich eine Zeit lang an, bevor er fortfuhr. Er berichtete, dass dies eine Situation sei, in der alle Menschen auf der Erde sterben würden, aber die Welt selbst dabei völlig intakt bleibt und weiterhin Leben ermöglichen kann. Ich fragte, was das denn bringen würde, wenn alle tot wären, und er lächelte nur auf eine komische Art. Ich fragte weiter ob andere auf der Erde noch am Leben waren und er antwortete ja, aber sorgfältig verteilt und eingedämmt. Nach dieser Antwort saß ich einfach nur so da und musste die ganze Sache erst mal etwas verdauen, währenddessen begann sich der Mann zu strecken und seine Wunden zu überprüfen. Er begann bereits seine Schuhe anzuziehen, als ich fragte, wie es denn nun weitergehen würde.
Auf meine Frage antwortete er, sie müssen die Dinge „neu aufsetzen“. Sagte, sie hätten die Technologie um beinahe alles wiederherzustellen und dass es eigentlich ziemlich einfach sei, Menschen zu erschaffen. Er sagte, sie würden die Dinge aufräumen und eindämmen, die zerstörten Städte wieder aufbauen und sie wieder bevölkern. Es würde eine lange, lange Zeit dauern, aber sie würden die Dinge früher oder später wieder so hinbekommen, wie sie zuvor waren. Er erzählte sogar, dass sie Erinnerungen und andere Dinge wiederherstellen könnten. Ich saß nur da, irgendwie schockiert und beobachtete wie er sich anzog, als wäre es das normalste auf dieser Welt. Ich sagte ihm, er sei völlig wahnsinnig, dass es niemals möglich wäre die Menschen vergessen zu lassen, das alles zu vertuschen. Er hielt inne, sah mich an und sagte: „Wieso nicht? Es wurde doch schon so gemacht“.
Ich bin mir nicht sicher ob der Mann verrückt war oder nicht, aber ich glaube er war nicht verrückt. Während er ging, sagte er etwas davon, mein Haus unter Wasser zu setzen. Bitte, lasst nicht zu, dass sie mich auslöschen. Lasst nicht zu, dass sie uns verstecken. Versucht mehr zu finden, ich bin mir sicher es muss mehr Menschen geben, die versucht haben etwas zurückzulassen. Lasst die Welt nicht vergebens untergehen. Erinnert euch an uns.