Abschrift der Aufnahme der Erzählung von Florian Scherfer vom 29.05.2020 um 16:48 Uhr zu SCP-███-DE. Aufgenommen in Befragungs-Raum E20.08 in Standort-DE6.
Nun … äh … soll ich anfangen? Ist das Mikrofon…? Ja, ich soll ja über die Blume erzählen? Den Link? Den Virus? Als was haben Sie es bezeichnet? Als Anomalie? Na, dann bleibe ich bei dem Wort, vermutlich. Vielleicht. Jetzt … ja die … äh … Anomalie.
Und ich sollte ja noch erzählen, was vorher passierte. Nun, nicht viel, würde ich sagen. Zumindest glaube ich das. Bis ich das Icon auf meinem Desktop entdeckt habe, lief alles so wie immer. Zu Hause viel gemalt, wenn auch nie genug. Habe vor ein paar Monaten digitales Zeichnen entdeckt. So als Nebenverdienst. Verdiene eigentlich genug in den Nachtschichten diverser Hotels, aber ich spare schon länger auf eine Reise. Dubai Miracle Garden, einer der größten Blumengärten der Welt und … Na, das wird sie vermutlich nicht interessieren, ja also so weit alles normal. Ach ja, mein Elvis, mein Dalmatiner, hatte eine Bindehautentzündung. Hat mich ein wenig wachgehalten. Zum Glück darf ich ihn immer zu Arbeit mitnehmen, das erleichtert die ganze Geschichte etwas. War dann aber schneller vorbei als ich befürchtet hätte. Sonst fällt mir nichts ein.
Ja, dann setze ich mich an einem Morgen nach der Arbeit an meinen Computer. Dank meines Neffen habe ich damit begonnen, einen Online-Shop zu machen, wo ich Abdrucke meiner Werke verkaufe. Ist mehr Arbeit als als man vermuten möge, vor allem wenn man technisch nicht so gut ist wie meinerseits. Und das hat vielleicht auch mit zu der ganzen Sache geführt. An dem Morgen war ich aber in ungewöhnlich schlechter Laune. Einer der ankommenden Gäste war sehr unzufrieden damit, dass in der kleinen Parketage des Hotels kein Platz mehr frei war und ich ihm nicht erlaubte, auf dem Platz für Behinderte zu bleiben. Verstehen sie es nicht falsch, ich arbeite gerne mit Gästen, aber gewisse Personen gehen mir an die Nieren. Und dazu kam am besagten Morgen, als ich nach Hause gekommen bin, dass ich der Typ Mensch bin, der, wenn er Neues entdeckt, leicht in eine gute Laune kommt. Deshalb hat sich der Druck in meinem Schädel ein wenig gelöst, als ich dieses neue Icon auf dem Bildschirm entdeckte. Schon die Neugierde leitete die Entspannung ein, die Möglichkeiten. Dazu sah es noch vielversprechend seltsam aus. Es ähnelte einem geöffneten Mund, ein wenig stilisiert. Ich habe dann im Vertrauen auf die teure Virensoftware draufgeklickt, woraufhin es verschwunden ist. War etwas enttäuscht, aber auch erleichtert, weil es so aussah, als hätte der Computer 'ne Gefahr gebannt. Mit der Arbeit war es schnell vorbei. Bin mit Kopfschmerzen ins Bett gegangen.
Geweckt hat mich dann am Nachmittag nicht wie üblich mein Smartphone. In diesen Zwischenzustand zwischen Wachen und Schlafen stieg mir ein Geruch in die Nase. Diesen kann ich nur sehr schlecht beschreiben. Mir fallen nur beschreibende Worte ein, die eigentlich nicht zu einem Geruch passen. Aber lassen Sie es mich versuchen. Es roch nach…es roch irgendwie „ziehend“? Kennen Sie in Zeichentrickfilmen, wenn aus dem Kuchen der Geruch als Dampfwolke aufsteigt und sich dann in eine Hand verwandelt? Und dann diese Hand die Figur zum Kuchen zieht? Das ungefähr. Verzeihen Sie, wenn mir kein weniger lächerliches Bild dafür einfällt. Es roch auch irgendwie nach Wellenform. Schwer zu beschreiben. Und danach, dass mit dem Geruch „mehr“ kommen könnte. Einen einigermaßen einfachen Vergleich gab es eigentlich auch. Er erinnerte mich an Blumen, aber nicht nach bestimmten Blumen. Mehr nach dem Konzept von Blumen, von schönen Blumen. Das ungefähr konnte ich riechtechnisch raus interpretieren. Ich hatte es halt kaum in der Nase und wusste, dass es eine Blume sein musste, aber eben keine und doch alle. Dann bin ich endgültig aufgewacht, mit der bohrenden Frage, woher der Geruch kam. Meine erste Vermutung, dass es der Geruch meiner Blumen in meinem Malstudio ist, habe ich sofort verworfen, denn den war ich ja gewohnt. Mit dem Aufsetzen aus meinem Bett habe ich mich dann auf die Suche nach der Quelle gemacht. Es war seltsam einfach. Wenn ich dem Geruch folgte, war es so, dass, wenn ich nur wenige Zentimeter vom Weg abwich, von wo der Geruch kam, ich einfach gar nichts mehr roch. Als gäbe es eine feste „Linie“ von Geruch, die genau zu mir führte. Wieder ähnlich wie bei den Cartoon-Kuchen. Die Quelle war dann mein Computerbildschirm. Als ich diesen genau untersucht habe, habe ich nichts gefunden. Nix ausgelaufen oder so. Habe kontrolliert, ob der Geruch von irgendwo anders her aus der Gegend kommt. Habe mein Büro in einer kleinen Kammer. Alle Schubladen meines Schreibtisches habe ich geöffnet. Dann ist mir während dieser Suche brandheiß eingefallen, dass ich ja zur Arbeit musste und dementsprechend habe ich meine Wohnung verlassen. Der Geruch, also die „Linie“ davon hat mich dann bis zur Haustür verfolgt. Kam mir schon seltsam vor, aber ich war viel neugieriger darauf, woher er kam. Deshalb habe ich die viele freie Zeit auf der Schicht nicht mit dem Streamen auf meinem Tablet verbracht, was mir netterweise erlaubt wird. Nachtschichten können regelrecht tot sein. Stattdessen habe ich Recherchen im Internet gemacht. Fand aber fast nur Sachen von Brandgeruch oder dem Geruch von neuen Geräten. Ersteres kam nicht in Frage, weil es kein Brandgeruch war, zweiteres nicht, weil ich sowohl den Computer selbst, als auch den Bildschirm über besagten Neffen gebraucht im Internet gekauft habe. Ich fand beim Surfen auch, dass etwas mit den Filtern nicht stimmen könnte. Wusste nicht genau, ob mein Computer sowas hat, deshalb beschloss ich ihn morgen mal in ein Computerfachgeschäft zu bringen. Hatte da frei. Als ich nach Hause kam, war der Geruch leicht stärker. Damit der Geruch verschwindet, habe ich alle Fenster aufgemacht. Nicht, dass der Geruch unangenehm war, eher das Gegenteil. Es kam mir einfach komisch vor. Und was wäre gewesen, wenn das irgendein giftiges Gas gewesen wäre? Hat aber nicht sehr geholfen. Etwas Ungewöhnliches ist aber dann auch noch passiert, als ich mit Pinsel und Farbe vor der leeren Leinwand in meinem Studio stand. Konnte nicht einschlafen, auch wenn ich dringend hätte sollen. Musste schließlich gegen Mittag aufstehen, dass das Computer-Geschäft noch geöffnet ist. Ich male sonst immer Blumen ab, arrangiere sie immer wieder, kaufe neue Pflanzen. Florales Stillleben quasi. Mir fehlt die nötige Fantasie, mir selbst Zeug auszudenken. Aber an dem Abend kam mir tatsächlich eine eigene Idee und ich hatte sogar Lust darauf. Vor mir entstand langsam das Bild einer lila Blume, welche Art wusste ich nicht, aber ich glaubte, das würde noch klar werden. Sonst gar nicht mein künstlerisches Denken. Gehe bei sowas immer eher strukturiert vor und habe diese Künstler, die mit solchen kunstreichen „Offenbarungen“ arbeiten, immer etwas verachtet. War wohl eher auf der handwerklichen Seite der Kunst.
Gegen Mittag, beim Aufwachen, hatte der Geruch noch mehr zugenommen. Irgendwie hatte auch die Freiheit zugenommen. Und auch die Geruchslinie zwischen mir und dem Bildschirm. Bin dann zum Computer gegangen und…ja was soll ich sagen? Oben auf dem Bildschirm, über der Kamera, oben am Bildschirm sah ich eine kleine Wölbung, als wolle sich etwas daraus hervorpressen. Mehrere Minuten bin ich dann verdattert dagestanden, habe es nur angestarrt. Wie schon erwähnt, meine technischen Kenntnisse gehen nicht weit, aber für das konnte ich mir keine Erklärung vorstellen. Nicht mal ansatzweise. Den Bildschirm und den…äh… eigentlichen Computer… Entschuldigen Sie, kenne den Begriff für den Kasten nicht. Ja, habe ich gepackt. Habe beides in einen Ziehkoffer gemacht, mit genügend altem Zeitungspapier gestopft. Bin dann unverzüglich zu einem Reparaturgeschäft gleich in der Nähe gegangen. Habe das gleich noch mit einem Gassigang mit Elvis verbunden. Das Geschäft ist sehr weit weg, aber Dalmatiner brauchen ja sehr viel Auslauf, wissen Sie? Außerdem wusste ich, dass er mit in den Laden darf. Und mein Elvis…freut…freute sich immer wenn er mit Papa an neue Orte darf. Hat immer ganz große Augen bekommen, wenn er an einen neuen Ort kam und die Schnauze in einem ganz bestimmten Winkel in die Luft gehoben. Und sowohl er als auch ich sind nie dort gewesen. Aber als ich dort das Problem erklärt hatte, war der Angestellte verwirrt. Er vermutete, dass vielleicht ein Mitbewohner den Computer mit Rosenparfum oder so eingesprüht hätte. Möchte hier noch einmal bemerken, dass es für mich zwar nach Blumen roch, aber eben nach keiner bestimmten. Und auch, dass ich allein lebe. Die Wölbung wiederum schien er gar nicht zu registrieren. Er fuhr zwar auf meine Aufforderung hin mit dem Finger darüber, aber er meinte, er könne keine Ausbuchtung spüren. Hier muss ich unterstreichen, dass sich sein Finger über die Kuppe bewegte, nicht hindurch. Also hat diese wohl existiert, aber er hat sie trotzdem nicht registriert. Wie passt sowas zusammen? Wohl aus Höflichkeit versprach er aber, sich den Bildschirm und alles andere anzusehen. Ich sollte ihn morgen wieder abholen. Den Rest des Tages habe ich dann damit verbracht zu Hause ein wenig aufzuräumen und dann zu malen. Ich beendete das angefangene Gemälde. Es wurde eine Orchidee. Eines der besten Bilder, die ich bis dahin gemalt hatte. Ging mit einem frohen Gefühl ins Bett, trotz der Seltsamkeiten der letzten Tage.
Ein Gefühl, das sofort beim Aufwachen verschwunden war. Hatte sogar ein wenig schlechte Laune. Irgendetwas fehlte. Da ich meinen zweiten freien Tag hatte, ging ich nach der morgendlichen Gassitour mit Elvis wieder ins Bett, blieb da liegen und blätterte durch ein paar der Magazine, die ich mal auf einem Flohmarkt blind gekauft hatte. Man findet da nette Überraschungen. Die Entdeckungen von ein paar Magazinen, in denen es um seltsame Randthemen ging, haben meine Laune gehoben und mich damit aus dem Bett gebracht. Wichtiger noch, aber: Das Mysterium um den Bildschirm hat mir keine Ruhe gelassen, musste ja aufstehen, um darauf Antworten zu finden. Hätte Elvis beinahe vergessen mitzunehmen. Die Rückholung war eine Enttäuschung. Die hatten nichts gefunden. Haben nur empfohlen, es im Auge zu behalten und meine Virensoftware zu aktualisieren. Als ich aber zu Hause den Ziehkoffer öffnete, in dem ich das Ganze wieder mitgenommen hatte, wurde mir sofort klar, was mir gefehlt hatte. Dieser elende Geruch, der mir wie ein Fauststoß aus dem Zeitungspapier entgegenschlug. Das war aber bei weitem nicht die wirkliche Überraschung. Aus der Wölbung heraus stand jetzt etwas. Ein grüner Stiel mit Andeutung von einer Blüte. Ehe ich aber das genau untersuchen konnte, bekam ich einen Anruf von einem Freund, wegen einem Notfall … ein schwerer Notfall. Habe Elvis geschnappt und mich sofort auf den Weg gemacht. Es ist nicht wichtig, um was es bei dem Notfall ging, aber ich hatte zumindest keine Zeit mehr daran zu denken. Und am Morgen war ich so müde, dass ich quasi sofort ins Bett fiel. Irgendwie war die Anwesenheit des Geruches beruhigend.
Gut geschlafen habe ich aber trotzdem nicht, hatte ein paar verwirrende Träume, an die ich mich nicht erinnere. Ich habe seit Jahren schon im Schichtdienst gearbeitet, aber manchmal fällt die Umstellung nach freien Tagen auf Nachtarbeit doch schwer. Deshalb habe ich beim Aufwachen am Nachmittag erst mal gar nicht an die Ereignisse der letzten Tage gedacht. Wollte mich wie üblich auf die Arbeit vorbereiten. Also vor allem übliche Badesachen, Zähne putzen, Pflege meiner damals langen Haare. Oder besser, wollte es, bis mir der Geruch wieder in die Nase stieg. Bin dann quasi sofort zum Bildschirm gegangen und der grüne Stiel war gewachsen. Auf dem Bildschirm war… Eine Orchidee! Eine verdammte Orchidee. Intuitiv wollte ich sie entfernen, aber das war mir nicht möglich. Was war das? War das von diesen Computerleuten nicht bemerkt worden? War ich wahnsinnig? Wie konnte etwas im Computer wachsen? Dann atmete ich tief ein und betrachtete die … Blume … genauer. Dann habe ich gesehen, dass die Blume aus diesen winzigen … Punkten… So wie die, die man im Bildschirmen sieht, also aus der Nähe. Nur war sie halt dreidimensional. Und … und wunderschön. So wunderschön. So etwas habe ich noch nie… (scharfes Einatmen) …ich sollte nicht weiter darüber reden. Ich würde gerne darüber reden, kann … sollte nicht. Also über die Schönheit meine ich. Sie war unglaub… äh …weiter weswegen ich hier bin. In mir wurde etwas geweckt und zugleich irgendwie etwas befriedigt. Wissen Sie, als ich jung war, ging ich mit meiner Mutter zu einem Tanz, zu welchem weiß ich nicht mehr. Ist aber nicht wichtig, damals die Bewegungen, die Kostüme, die Musik waren für mich das erste Mal, dass ich etwas wie die vollkommene Einheit von Ästhetik sah. Und das, was da aus meinem Bildschirm gewachsen war, war das und doch viel meh… Nein! Ich will nicht darüber reden! Das darf ich nicht tun. Wäre es in Ordnung, wenn ich eine kurze Pause einlegen dürfte?
(Eine halbstündige Pause wurde genehmigt.)
Entschuldigen Sie das hier. Ich denke nicht gern an dieses „Gewächs“. So schwer es mir auch fällt. (räuspern). Ich fange einfach an, strukturiert. Nun, ich habe das Gewächs sehr lange angestarrt, mein Kopf versuchte verzweifelt Sinn daraus zu machen. Ich meine, ich kenne das Prinzip von Hologrammen aus ein paar SciFi-Serien. Fragte mich, ob diese Technik jetzt möglich war und seinen Weg irgendwie auf den Computer gefunden hatte. Ich habe versucht, den Computer mehrmals neu zu starten oder den Bildschirm daraus ein- und auszustecken. Das war sinnlos, das Teil blieb auf dem Bildschirm. Sogar, wenn es nicht mit dem Laufwerk verbunden war. Nicht einmal Strom war dafür nötig. Nach ich weiß nicht wie langer Zeit habe ich den Bildschirm verlassen und bin mit Elvis zur Arbeit gehetzt, habe dabei vermutlich auch eine rote Ampel überfahren. War aber trotzdem oder gerade deshalb etwas zu früh da. Habe mich noch um das Hotel herumgetrieben, bis die Spätschicht fertig war. Habe mir das Gehirn darüber zermartert, was da zu Hause bei mir geschehen war. Habe dabei auf meinem Tablet über die entsprechende Blumenart und Hologramme recherchiert. Nicht so viel rausgefunden. Oder besser: nichts Hilfreiches. Das mit der Suche nach Infos über das Gewächs war mehr aus Verzweiflung. Weil das offensichtlich keine echte Blume war. Und bezüglich Hologrammen ist es so, wenn ich das richtig verstanden habe, dass das theoretisch möglich ist, aber es nicht genügend Kristalle gibt, die rein genug sind, oder so. Eigentlich wollte ich dann am Computer am Front Office weiter recherchieren, dazu fehlte mir dann aber erst mal die Zeit. In dieser Nacht war nämlich ungewöhnlich viel los, viele Anreisen also. Es gab bei irgendeiner Uni eine internationale Veranstaltung und die Flieger kamen an diesem Tag oft zu spät, weshalb viele der Gäste erst sehr spät ankamen. So am frühen Morgen, als es ruhiger wurde, habe ich mich dabei erwischt wie ich mit dem Kuli Skizzen anfertigte. Sehr untypisch für mich, finde die richtige kreative Stimmung sonst immer nur im Studio. War überrascht und ein wenig erfreut. Auch wieder deshalb, weil ich nichts abmalte, sondern etwas aus meinem Gedächtnis erfand. Darin war ich dann so tief versunken, dass ich die Recherche vergaß. Als die Frühschicht kam bin ich regelrecht aufgeschreckt. Auf jeden Fall war ich noch sehr viel weniger weise und noch nachdenklicher nach Hause gekommen, als ich es verließ. Habe mich dort in das Studio gestellt und einfach begonnen zu malen. Nutze gerne die Morgenstunden aus. Fing mit dem Zeichnen eines Feldes von Lilien an, meine Hand und mein Geist fuhren wie von selbst, und beinahe vergaß ich dabei ins Bett zu gehen.
Ich glaube, die nächsten paar Tage fasse ich lieber kurz zusammen. Es war, als würde ich schweben. Ich war sehr inspiriert, malte in meiner freien Zeit viele, viele Bilder. Die Geschwindigkeit war dabei fast unheimlich und die Qualität sehr gut. Solange ich den Geruch aktiv wahrnahm, floss es quasi aus meinem Pinsel. Sogar bei der Arbeit lief es etwas besser. Musste nur an den Geruch denken und ich fühlte mich etwas selbstbewusster. War am Anfang dieser Zeit in einem etwas fadenscheinigen Hotel beschäftigt, dessen Gäste nicht einfach waren. Sonst habe ich die Zeit in diesem besagten Hotel gefürchtet, aber in dieser Zeit konnte ich diesen komplizierteren Gästen die Stirn bieten. Deshalb beschäfigte ich mich auch nicht mehr damit, das Ding vom Bildschirm zu entfernen. Habe aber auch niemandem davon erzählt, weil ich zu fürchten begann, ich sei wahnsinnig. Das hat sich aber dann geklärt, als ich ein paar Freunde für einen Spielabend einlud. Habe dabei bewusst den Computer genutzt, um ihnen etwas zu zeigen. Zwar fiel keinem die Pflanze auf, aber jeder nahm den Geruch – oder besser – einen Geruch wahr. Jeder meiner Freunde beschrieb einen anderen Blumengeruch, der von „irgendwoher“ kam. Sie waren darüber verwirrt, schoben es aber wohl einfach auf die Subjektivität ihrer Nasen. Ich erklärte es ihnen damit, dass ich im Studio neue Blumen aufgestellt hätte. Aber das Ganze war für mich zumindest ein Hinweis darauf, dass das Teil existierte, wenn auch nur ich es sehen konnte. Ich träumte auch regelmäßiger und immer öfter von diesen Pflanzen. Erschien mir damals aber nicht auffällig, hatte ja Einfluss, positiven, auf mich. Und es tauchte immer nur nebenbei auf. Die Sonne sah aus wie eine dieser Blüten oder eine zweiköpfige Fledermaus hat sowas in den Mäulern. Nichts so Besonderes also, also für Träume, meine ich. Für meine sonstigen Träume. Kurz gesagt: Ich sah das Ding als großen Segen an.
Was es nicht war. Oder später halt. Wann genau ich das das erste Mal festgestellt habe, weiß ich nicht mehr. Aber eines Tages wurde mir bewusst, dass meine Wohnung ein wenig unordentlicher geworden war. War vorher auch nicht unbedingt der Ordentlichste unter der Sonne. Aber irgendwann begannen Hemden auf dem Boden rumzuliegen oder das Geschirr sich höher zu stapeln. Habe mir damals keine Sorgen gemacht, meine Produktion an Gemälden war so groß, dass das nur ein kleines Opfer war. Ich vermisste es, das heißt, den Geruch, immer mehr und mehr, wenn ich ihn einmal nicht in der Nase hatte. Der Smalltalk mit den gehenden Spätschichten und der ankommenden Frühschicht wurde immer kürzer, das Aufstehen morgens immer schneller, das Zubettgehen immer später. Irgendwann fuhr ich immer schneller zur Arbeit. Und dann … wenn ich darüber nachdenke, war das hier das Auffälligste, das damals geschah: Als ich eines Nachmittags aufwachte, hatte ich Kopfschmerzen. Ließ mich deshalb krank schreiben. Davor wäre für mich ein wenig Kopfdruck kein Grund gewesen, aber ich hatte die gespannte Erwartung, dass ich einen Tag lang, einen Tag länger im Geruch der Flora bleiben konnte, bei der Schönheit.
Über die ersten Wochen hatte der Geruch von Feinheit immer mehr zugenommen, aber nie aufdringlich. Das hörte aber irgendwann auf, was anfangs auch kein Problem war. Danach setzte aber sofort ein, dass sich das Aussehen des Gewächses sich mir in immer mehr Details eröffnete und damit der Tiefe, wie gerne ich es ansah. Der Geruch war noch gut, aber das Ansehen war wichtig, war immer wichtiger gewesen. Dennoch bildete das jetzt zunehmende Äußerliche einen Ausgleich dazu, nicht immer neue Nuancen an Geruch wahrzunehmen. Auf jeden Fall: Wann immer ich nach Hause kam, aufwachte, Hausarbeiten beendete, ging ich dorthin, um es zu genießen. Irgendwann hatte ich meinen Computer in meinem Wohnschlafzimmer, wo ich mich am meisten aufhalte. Manche freie Tag genoss ich es ich einfach nur, das Unkraut anzustarren. Dabei habe ich dann auch immer öfters mich meiner Kunst hingegeben. Ich glaubte dabei immer mehr Details zu entdecken, wodurch sich mein Handwerk an der Staffelei verbesserte. Was, glaube ich, auch wahr war. Habe den Bildschirm dazu irgendwann dann auch immer zur Inspiration mit in das Studio genommen. Meine Blumen sind damals Stück für Stück eingegangen, hatte mich nicht interessiert, denn was brauchte ich die? Das Ding auf dem Bildschirm diente mir genug zu Kunst und zur Befriedigung meines ästhetischen Verlangens. Wollte überhaupt noch mehr Zeit mit den Farben verbringen. Allein mit dem, was aus dem Bildschirm ragte.
Ich tat immer mehr und mehr nur die nötigsten Dinge, das heißt, ich kochte immer kürzer, weniger, bald bestellte ich nur noch Essen. Die Spaziergänge mit Elvis nahem an Länge immer mehr ab. Waschen von Kleidung wurde nur noch zu einer reinen Notwendigkeit, um Gäste nicht zu verärgern. Mehr und mehr versuchte ich die Zeiten in kleinere Stücke zu pressen, um für größeren Raum für das Starren und Malen vor dem Bildschirm Platz zu lassen. Ich dachte sogar darüber nach, ob ich den Bildschirm mitnehmen sollte. Bald tat ich auch genau das. Irgendwann lud ich den Bildschirm in mein Auto. Keine lange angespannten Fahrten mehr nach Hause oder gefährliches Schneiden von Kurven. Vermutlich hätte ich irgendwann versucht, den Bildschirm an meinen Arbeitsplatz zu bringen. Aber an irgendeinem Wintertag kam ich tatsächlich zu spät zur Arbeit. Nicht nur wegen des Gewächses, sondern auch weil der Schneefall für unschöne Straßen gesorgt hatte. Habe aber dennoch kurz meinen Kofferraum geöffnet. Einen Zug des Geruchs, ein Blick in die Schönheit. Habe dabei einem Kollegen mit Nachrichten auf dem Smartphone kommuniziert. Erklärte ihm, ich wäre jede Sekunde da. Als ich es in meine Manteltasche zurückstecken wollte, fiel es irgendwie in den Kofferraum. Wurde mir gar nicht so schnell bewusst, eigentlich erst am Ende der Schicht, als ich vor der Fahrt noch einen Blick auf den Bildschirm werfen wollte. Das Smartphone lag direkt darauf. Ich nahm es und dachte mir nicht viel dabei.
Bis am nächsten Tag…nächsten Mittag, als mich das Handy mit einer Nachricht weckte. Was das war ist, nicht wichtig, aber ehe ich sie öffnete, entdeckte ich eine neue App: Das Symbol eines geöffneten Mundes! Sie können sich gar nicht vorstellen, welche Freude mich durchfloss. Wenn darauf auch die Blume wachsen würde, könnte ich wieder flexibler leben, mehr mit Elvis rausgehen. Das hatte ich nämlich auch immer weniger gemacht. Habe es damit kompensiert, habe die Ausrede gehabt, dass…dass wenn ich schneller mit ihm gehe… Dass Geschwindigkeit geringe Strecken ausgleicht… Aber, wenn ich es immer dabei haben könnte, dann… Wenn sie wuchs, konnte ich… Und um es kurz zu machen: Es funktionierte, mit einer ähnlichen Geschwindigkeit und Entwicklung wie auf dem Bildschirm. Es wuchs ebenfalls am oberen Rand. Die nächsten Tag verbrachte ich damit, das Smartphone auf weitere technische Geräte zu legen. Zum Teil um ausprobieren, wo es funktioniert, zum Teil weil ich es überall haben wollte. Ich legte das Smartphone auf mein Tablet, meinen Fernseher und ein paar andere Dinge. Die App erschien nach wenigen Sekunden überall dort, wo es einen Bildschirm gab, mit dem man interagieren konnte. Offensichtlich das Tablet, aber auch der Fernseher, wo ich das aufgetauchte Symbol dann im Receivermenü aussuchen konnte. Nach der Aktivierung der App begann das Gestrüpp in der gleichen Geschwindigkeit zu wachsen wie auf dem Bildschirm und dem Smartphone. Ich trug von da an das Smartphone immer in der Hand offen mit mir herum. Tat dabei so, als würde ich etwas lesen oder tippen, so ungewöhnlich wird das nicht gewirkt haben haben.
Meine Fixierung auf Kunst steigerte sich darauf noch mehr. Denn das ständig zu sehende Teil überströmte mich mit neuen Bildern und Ideen. Meine Malereien steigerten sich, sowohl an Menge als auch an Qualität. Mein Studio war inzwischen voll von Gemälden, die ich auf dem Boden in Reihen und Reihen aufgestellt hatte. Die alten Blumen und Blumenbehältnisse hatte ich schon lange weggeworfen. Alle Werke waren Variationen von der entsprechenden Blumenart, jedes einzigartig. Irgendwann gab es gerade so einen Weg zwischen Tür, der Staffelei, dem Schrank mit den Malutensilien und dem Tisch, auf den ich den Bildschirm mit dem Wuchs stellte. Ich begann die Bilder auch zu stapeln, sodass bald kein Sonnenlicht mehr durch die vielen bodentiefen Fenster fiel. Ich lagerte bald auch Gemälde in mein ehemaliges Büro aus, da, wo ursprünglich der Computer gestanden hatte. Stellte zu spät fest, dass ich dabei meine Ordner mit dem alltäglichen Bürokram zugestellt hatte. War mir aber damals egal. Ich ließ mich bei meiner Schafferei nicht stören. Elvis ging immer mehr um mich herum und ich schnauzte ihn dabei oft an, sodass er sich nicht mehr ins Studio traute. Habe deshalb auch eines seiner Lieblingsliegekissen aus demselben entfernt. Das ständige Sehen dieser diverser Versionen des Teils war also, zumindest aus praktischer Sicht, sehr förderlich und ich wollte diese Ideen quasi sofort auf die Leinwand bringen. Deshalb wurden die Runden mit Elvis bald darauf wieder kürzer und schneller. Als er begann in die Wohnung zu machen war mir das meist egal. Putzte es meist schnell weg. Nur wenn er dabei eines der Bilder zerstörte, brüllte ich ihn lauthals an. So laut, dass mich eine Nachbarin fragte, ob alles okay wäre. Weiß nicht mehr, was für eine Ausrede ich verwendet habe, war aber vermutlich keine Gute….
Eine Erleichterung war unter anderem auch, dass ich jetzt nicht mehr den Bildschirm mit mir nehmen musste. Auch, dass ich jetzt mit meinem persönlichen Tablet das Ding auch bei der Arbeit betrachten konnte. Habe mir in der vielen freien Zeit immer weniger Serien angeschaut, sondern stattdessen die Blume angestarrt. Gäste sprachen mich auf den Geruch an, redete es meist mit Parfum raus, das ich verwenden würde. Bald darauf begann ich, wenn ich nichts tun hatte, mit einem Bleistift Blumen zeichnen. Früher etwas, was mir unmöglich erschienen wäre, ich meine außerhalb des Studios. Eine neue Harmonie kam in mir auf. Ein paar schöne Wochen, vielleicht die schönsten meines Lebens.
Dann wurde ich von meiner Vorgesetzten, Frau Beckmann, eingeladen. Es gab Beschwerden darüber, dass ich während meiner Schicht zu abgelenkt wäre. Deshalb verbot sie mir ausdrücklich mein Tablet und mein Smartphone während der Schicht zu verwenden. Das mit meinen Zeichnungen hat sie wohl nicht mitbekommen, oder es hat sich niemand darüber beschwert. Als ich das erfahren habe, stieg mir heißes Blut ins Gesicht. Habe mich über ihr gefühlt. Schließlich hatte ich was mit meiner Kunst zustande gebracht. Ich verließ sie, ohne ein weiteres Wort zu dem Thema zu verlieren. Hatte für das Verbot aber die einfache Lösung: Habe einfach auf jeden Computer, an dem ich in den Hotels arbeitete, immer kurz das Smartphone gelegt. Wenig darauf hatte ich das Gewächs zur Verfügung. Passte ja, da ich meist mindestens eine Woche lang in selben Hotels arbeite. Oder auch wenn ich zu anderen Hotel zurückkehrte und sie den Bildschirm nicht gewechselt hatten. Somit war alles in Ordnung.
Bis zu dem Tag, an dem dieser gelockte, junge Mann vom Tierschutzbund kam. Die Nachbarin hatte Bescheid gegeben. Dieser … dieses Schwein hat meinen Elvis mitgenommen. Wieso habe ich dem die Türe aufgemacht? … (Räuspern) Nein, jetzt rückblickend haben er und meine Nachbarin das Richtige gemacht. Hätte vermutlich auch den Tierschutz angerufen, wenn ich einen Nachbarshund in zunehmend schlechtem Zustand gesehen hätte. Damals aber habe ich natürlich vor Zorn gewütet, getobt und geweint. Sie mussten einen Polizist holen, damit sie mich „friedlich“ halten konnten, als sie den Hund mitnahmen. Aber wissen Sie, was das Schlimmste war? Dass Elvis an der Leine zog. Als er weggeführt wurde. Mit aller Gewalt. In meine Richtung. Das ganze Treppenhaus runter. Mit einem Winseln. Das durch das ganze Treppenhaus widerhallte. Er wollte zu mir zurück. Obwohl ich ihn nicht gut behandelt hatte. Habe den restlichen Tag damit verbracht, den Bildschirm gewalttätig zu zerkleinern. Bis in die kleinsten Stückchen. Er war schuld. Das Ding auf ihm war schuld. Habe mit der Verkleinerung selbst dann nicht aufgehört, als sich das Gewächs plötzlich in nichts auflöse.
Die nächsten Tage dann waren ein tiefer Tunnelblick. Irgendwie blieb ich, glaube ich, glücklich. Vielleicht wie ein schmelzender Eisberg auf dem Meer, mich langsam zersetzend. Das Aussehen, der Geruch sorgten für die Kälte, so dass ich nicht untergehen würde. Auf der Arbeit lief es deshalb noch schlechter. Der Brief mit der Entlassung, der kam, berührte mich kaum. Würde ja dann noch bis zum endgültigen Verlassen des Berufes noch drei Monate Kündigungsfrist haben. Dann Arbeitslosengeld. Für immer Zeit mit der Kälte. Das, was mich oben hielt.
Und dabei wäre es wohl geblieben. Das erschien mir das Paradies zu sein. Ein ewiges Wiegen in Ästhetik.
Bis…bis…
An meinem vorvorletzten Arbeitstag hatte ich das Gefühl, wie immer stärker in den vergangenen Tagen geworden war: Dass meine gute Stimmung nur mit den Gewächsen zusammenhing an an sehr, sehr dünne Fäden gebunden war. Muss an dem Tag furchtbar ausgesehen haben. Erinnere mich noch daran, wie mir meine Kleidung an mir herunterhing wie Säcke. Meine rechte Hand hatte das Smartphone im festgefahrenen Griff, meine linke fuhr mit einem unsichtbaren Pinsel Linien vor, die ich dann zu Papier bringen wollte. Um meinen Körpergeruch machte ich mir damals auch längst keine Sorgen mehr, glaubte, dass der Geruch der Pflanzen meinen Gestank übertönte. Hatte mir auch meine langen Haare abrasiert. Man hatte sich über mein fettiges Haare beschwert. Das war einfacher, als es minutenlang zu waschen oder zum Friseur zu gehen. Das Abrasierte würde zu unordentlich aussehen, hatte man mir gesagt. Egal, würde sowieso bald hier weg sein.
Ich trat durch den Personaleingang im Untergeschoss, fürchtete schon die Minute von dem Zeitpunkt, an dem ich mein Smartphone in mein Fach legen musste, bis ich erst wieder bei der Rezeption das Ding sehen würde. Widerwillig legte ich es hinein, zuletzt, nachdem ich meinen Autoschlüssel und mein Geldbeutel hineingetan hatte. Machte die Tür des Faches sehr langsam zu, um jeden Moment auszunutzen. Bin dann…gerannt…mangels eines besseren Wortes. Rennen konnte ich kaum noch. Bewegte mich kaum noch, hatte auch kaum noch Ausdauer. Aber selbst, wenn ich gerannt wäre, hätte sich der Weg deshalb auch nicht kürzer angefühlt. Jede Sekunde, ohne dass ich auf das Teil starren konnte, fühlte sich an, als würde ich durch zähes Wasser laufen. Den unschönen und nach Öl stinkenden Personalgang runter. Die Tür war immer schwer zu öffnen, weil es auch eine Feuerschutztür war. Schlimmer noch mit einem Ziel vor Augen. Einen Gang mit Gästezimmern runter. Auf den leicht locker sitzenden Knopf des Aufzuges gedrückt. Wieder. Und immer wieder. Weil er wirklich nie rechtzeitig kam, niemals schnell genug. War zu kraftlos für die Treppen, würde noch länger dauern. Dann endlich dieser kleine pfeifende Klingelton, der anzeigte, dass einer der beiden da war. Habe mich durch die sich öffnende Tür geschoben, wollte keine Zeit verlieren. Das Öffnen der Tür war auch zu träge. Wieso konnte man keine Lifts bauen, die schnell aufgingen? Im Aufzug sofort auf den „Tür-Schließen“-Knopf gedrückt. Bringt eigentlich nie was. Die Tür geht immer komplett davor auf. Mit einem Schneckentempo. Dann zwar auch wieder gleich zu, aber noch langsamer. In dieser Zeit habe ich zehnmal auf den „Tür-Schließen“-Knopf gedrückt und zwanzigmal auf „EG“. Die Auffahrt. Die quälend lange Auffahrt. Dachte oft, er sei stehen geblieben. Wartete darauf, dass er sich endlich öffnete und ich den Blick auf das Front Office bekam, Blick auf den Computer, Blick auf das Ding. Auf dem Schreibtisch wartend mit seiner kalten, lustvollen Umarmung. Ich verfluchte die Rezeptionistin, die da war. Der Bildschirm war leicht verstellt, sodass ich die Pflanze nicht hinter dem Sichtschutz sehen konnte. Ich spürte in mir Wut hochkochen. Als sie mich mit den Worten begrüßte:
„Florian, ist dir gestern auch dieses Mund-Icon aufgefallen? Die IT bekommt es nicht weg.“
Sofort fiel mein gesamtes Innere in meine Gedärme. Andere konnten es sehen? Konnten andere es auch anklicken? Schweiß rann über mein Nase. Sollte das heißen, dass bei anderen… Ich hatte es auf einigen anderen Computern… In anderen Hotels… Andere würden es anklicken und… Mein Kopf rauschte. Ich hörte nichts. Meine Hände griffen nach dem Bildschirm. Zogen ihn über den Schreibtisch. Er fiel zu Boden. Ich zerschmetterte ihn unter meinen Füßen. Zum Treppenhaus. Zu meinem Fach. Nahm nur meinen Autoschlüssel heraus.
Mir erschloss es sich sofort. Dadurch, dass ich diese verfluchte, beschissene, vermaledeite Orchidee auf den anderen Geräten habe wachsen lassen, habe ich für andere diesen geöffneten Mund zugänglich gemacht! Ich gebe zu, dass war vielleicht eine zu schnelle Logik, aber ich musste meinem Bauchgefühl vertrauen.
Ich weiß nicht, bei wie vielen Hotels ich dann danach noch die Bildschirme zerstört habe. Weiß nicht, wann mich die Polizei erwischte. Ich hoffe aber, dass ich für jeden anderen es vermieden habe, auf das verfluchte Teil zu klicken…
Herr Scherfer zeigte deutliche Anzeichen von großer Erschöpfung. Er wurde daraufhin in eine Standardeindämmungszelle für Humanoide in Standort-DE6 untergebracht, damit man ihn später weiter dazu befragen konnte. Es soll außerdem noch erst beobachtet werden, ob er selbst anomalen Schaden genommen hat. Die Cover-Geschichte "Suchtklinik" wird dabei genutzt.