14. Mr. Brass
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Du folgst in einer Linie deinem Wanderkollegen, deine Füße ein paar Schritte hinter ihm.

Du vermutest, dass er freundlich ist, als du ihn das erste Mal getroffen hast. „Unterhaltsame Truppe“, erinnerst du dich. Er war ein Redner, ein Hintergrund deiner pragmatischen Stille. Du hast von großen Komponisten und Musikern gehört, aber das Wissen dieses Mannes übersteigt sie alle. Du kannst keine Melodie nennen, ohne dass er das Lied kennt, selbst die wenigen, die du dir selbst ausgedacht hast. Aber die Merkwürdigste seiner Eigenschaften waren seine Hände, und die Töne, die er mit ihnen machte.

Am ersten Tag, wenn man ihn traf, zeigte er dir ohne Aufforderung sein Talent. Er hielt einfach seine Hände an ein imaginäres Instrument vor seinen Mund und bläst. Ein unsichtbares Instrument ohne Farbe und Form, aber machte immer die gleichen Melodien. Jedes Mal, wenn du mit ihm sprachst, hatte er ein neues Instrument, ob Tuba, Trompete oder Posaune. Wenn deine Freundschaft noch frisch war, hast du ihn nach seiner Herkunft gefragt, wie er ein Mister wurde, so wie du viele andere gefragt hast. Er sagte, dass er es nie wusste, er wachte eines Tages in diesem Leben auf. Diese frühen Erinnerungen sind eine lange Zeit her.

Du hattest ihn erst vor ein paar Stunden gefunden, doch in dieser Zeit hast du ihn dir zum Freund gemacht. Allerdings hat seine Musik bereits eine andere Stimmung. Sie war dunkler als vorher, düsterer. Es ging dir nicht aus dem Kopf, dass er die Gemeinsamkeiten bemerkte – bestimmte Dinge können gefärbt und geformt werden, aber andere nicht. Doch, du hattest dich so verändert seit den frühen Erinnerungen, er könnte doch nicht etwa… ? Der Anblick des anderen Mannes blitzt über dem Waldweg auf, auf dem du ihn mitgenommen hast. Er fragt nach Umkehr, doch zu sagst ihm, dass es nur noch etwas weiter geht.

Nach einer Biegung in den Bäumen, ah, genau da. Das Geräusch eines abgeschossenen Pfeils, ein Aufschrei von Mr. Brass. Du drehst dich um, um ihn anzuschauen, als er das Bewusstsein verliert. Er realisiert als letztes die leichte Rotfärbung deiner Augen, den letzten Hinweis, den er braucht. Aber es ist zu spät für ihn. Sein Körper wird schlaff in deinen Armen.

„Brevis”

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